"Verwirrung ist groß"
Der deutsche Fiskus bittet Grenzgänger zur Kasse – rund 150.000 Menschen in Österreich sind davon betroffen.
BEZIRK (lenz). Immer mehr Beziehern einer deutschen Rente flattert er ins Haus: der Steuervorauszahlungsbescheid mit Zahlungsaufforderung des Finanzamtes Neubrandenburg. Grund: Mit der Änderung des deutschen Steuergesetzes 2005 müssen Bezieher einer deutschen Rente, auch wenn sie im Ausland wohnen, dafür Einkommenssteuer zahlen. Rückwirkend fordert der deutsche Fiskus daher die in den vergangenen sieben Jahren entgangenen Steuereinnahmen ein. "Teilweise werden dann Nachzahlungen für mehrere Jahre auf einmal eingefordert. Wir haben sogar einen Fall mit 12.000 Euro", berichtet Rosemarie Esterbauer vom Grenzgängerverband. Dieser hat sich in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit deutschen Steuerberatern auch auf die Beratung und Hilfestellung von Betroffenen spezialisiert. "Wichtig ist, auf den Steuerbescheid zu reagieren. Viele bezahlen die Forderung aus Angst und glauben, wenn der Bescheid vom Finanzamt kommt, wird er schon stimmen. Aber das ist nicht immer so", weiß Esterbauer
Denn alle Bescheide basieren auf der Grundlage, dass im Ausland lebende Personen der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Dabei können aber keine Absetzbeträge geltend gemacht werden – die maximale Steuerabgabe, rund ein "Jahreszwölftel", fällt an. Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Österreich sieht aber Ausnahmen vor. Unter bestimmten Voraussetzungen (mehr dazu weiter unten) kann die unbeschränkte Steuerpflicht beantragt werden. "Deshalb sollten die Betroffenen selbst tätig werden und von ihrem Recht auf Einspruch Gebrauch machen", rät Esterbauer. Innerhalb einer achtwöchigen Frist kann gegen den Steuerbescheid Einspruch erhoben werden. "Einfach beim Wohnsitz-Finanzamt eine EU/EWR-Bescheinigung für die Jahre ab Rentenantritt bestätigen lassen. Diese dann mit einem Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht an das Finanzamt Neubrandenburg schicken", erklärt die Expertin. Wird dieser vom Finanzamt Neubrandenburg bestätigt, verringert sich womöglich die Steuerschuld. "Teilweise ist es sogar möglich, dass die Leute gar keine Steuern mehr zahlen müssen", weiß Esterbauer. Eine Prüfung sowie der Gang zu einem deutschen Steuerberater oder einem österreichischen Steuerberater mit deutscher Zulassung, lohne sich also in jedem Fall.
Weitere Infos gibt es beim Grenzgänger-Bundesverband Österreich in Braunau, Laabstraße 6 - 8 oder telefonisch unter 07722/84128 (Bürozeiten: Dienstag und Donnerstag, jeweils von 8 bis 12 Uhr).
Voraussetzungen für die unbeschränkte Steuerpflicht
Unter bestimmten Voraussetzungen können Bezieher einer deutschen Rente, auch wenn sie im Ausland wohnen, der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen. Dabei können Absetzbeträge geltend gemacht werden, wodurch sich die Steuerschuld verringern kann. Wenn 90 Prozent des gesamten Einkommens aus Deutschland bezogen wird oder das zu versteuernde Bruttoeinkommen in Österreich einen gewissen Betrag nicht übeschreitet (für 2005 zum Beispiel 12.200 Euro), kann die unbeschränkte Steuerpflicht beantragt werden.
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