Bezirk Bruck: Immer mehr gehen krank zur Arbeit
BEZIRK. Überall wird geschnieft und gehustet, die Grippesaison scheint auch Bruck erreicht zu haben. Dieser Eindruck wird allerdings von den offiziellen Krankmeldungen nicht bestätigt - im Vergleich zu früheren Grippewellen ist die Zahl der Krankenstände eher gering. Kränkeln wir also doch nicht so viele, oder trauen sich bloß immer weniger Arbeitnehmer, ihre Verkühlungen im Krankenstand auszukurieren? Wir haben Experten im Bezirk dazu befragt.
"Bitte nicht krankschreiben"
Der Brucker Allgemeinmediziner Dr. Gernot Wehsner bestätigt: "Es kommen genug kranke Leute zu mir, die mir jedoch sagen: 'Schreiben Sie mich nicht krank, ich verliere sonst meinen Job'. Aus Angst, oder auch aus Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber, wollen viele nicht in den Krankenstand gehen." Das Problem sei vor allem in den letzten 2-3 Jahren größer geworden, der Druck am Arbeitsmarkt ist spürbar. Die Folge laut Wehsner: "Dort wo man auch mit Vitaminen und Bettruhe behandeln könnte, wird jetzt viel zu scharf geschossen." Da der Arzt aber niemanden gegen seinen Willen krank schreiben kann, sichert er sich zumindest selbst ab: "Ich vermerke es in meiner Kartei, wenn jemand auch gegen meine Empfehlung nicht krankgeschrieben werden möchte"
Angst vor Kündigung
Auch bei der Arbeiterkammer ist das Problem wohlbekannt. Christian Bauer, Bezirksstellenleiter der AKNÖ in Hainburg, weiß auch, dass Arbeitgeber hier zudem auch gerne zu "kreativen" Lösungen greifen: "Vor Operationen oder ähnlichen Langzeitkrankenständen schlagen manche Unternehmen eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor, mit dem Versprechen, den Arbeitnehmer danach wieder einzustellen." Da hierauf jedoch kein rechtlicher Anspruch besteht, appelliert die AK dringend, dass sich Angestellte die mit einem solchen Angebot konfrontiert sind, beraten lassen ehe sie irgendetwas unterschreiben.
Problem Arbeitsmarkt
Für das in den letzten Jahren stärker gewordene Phänomen, Krankheiten aus Angst vor Jobverlust am Arbeitsplatz auszukurieren, möchte Bauer aber gar nicht so sehr einzelne Unternehmen, sondern vielmehr die immer angespanntere Situation am Arbeitsmarkt verantwortlich machen. Immerhin: "Von besonders schlimmen Fällen hören wir vor allem aus anderen AK-Niederlassungen. Bei uns, im noch eher ländlichen Raum, ist der Zusammenhalt zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer gottlob noch stärker."
Zur Sache
Im Bezirk Bruck gab es bei der NGKK von Oktober 2013 bis September 2014 13.654 Krankenstände (bei 24.096 Versichterten). Im Folgejahr, bis September 2015, waren es 24.399 Versicherte und 13.147 Krankenstände.
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