Seestadt
Bilanz zur Ausstellung "Was hat die Verfassung mit mir zu tun?"
Die Ausstellung zum Thema Demokratie und Verfassung in der Seestadt war ein Erfolg – so lautet das erste Zwischenfazit. Es knüpft an zentrale Problemstellungen unserer Zeit an.
WIEN/DONAUSTADT. "Was hat die Verfassung mit mir zu tun?" - so lautet der Titel einer Ausstellung an den Ufern jenes Sees, der der Seestadt ihren Namen verleiht. Zu zeigen, warum das Verhältnis von Demokratie und Verfassung zum täglichen Leben der Menschen in den Bezirken ausgeprägter ist, als viele ahnen, ist das Ziel des Projekts.
Seit Sommer vergangenen Jahres ist das Projekt im Gange, installiert wurde es von der Seestädter Entwicklungsgesellschaft "Wien 3420" in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Wien. Doch die Zeit der Ausstellung neigt sich in der Donaustadt dem Ende zu – man wird zu neuen Ufern aufbrechen.
Greifbare Demokratie
Allerdings bedeutet dies auch, dass es an der Zeit ist, ein erstes Resümee zu ziehen. Gesagt, getan – denn genau deshalb versammelten sich eine illustre Runde im Jugendzentrum Seestadt in der Barbara-Prammer-Allee 16.
Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos), Barbara Staudinger, die Direktorin des Jüdischen Museums, Demokratieforscherin Tamara Ehs und Gerhard Schuster, CEO der "Wien 3420 Aspern Development AG", teilten ihre Eindrücke aus den vergangenen Monaten und blickten auf die Zukunft.
"Ich finde es gut, wenn das Thema Verfassung aufgearbeitet wird. Und dabei auch für junge Menschen nahbar dargestellt wird. Demokratie muss greifbar sein – Wählen zu gehen, ist etwa ein Privileg, dass leider nur sehr wenige Menschen auf der Erde historisch gehabt haben", so Vizebürgermeister Wiederkehr.
40 Prozent in der Seestadt nicht wahlberechtigt
„Wir haben den Anspruch, einen Stadtteil zu entwickeln, der verbindet, konstruktiv in die Zukunft geht und seine Bewohnerinnen und Bewohner auf vielen Ebenen zum Mittun animiert. Die im Austausch mit Seestädter Institutionen und jungen Menschen entstandene Ausstellung ist uns also nicht nur ein gesellschaftspolitisches Anliegen, sondern auch beispielhaft für unsere Arbeit", so "Wien 3420"-CEO Schuster.
Auch ein im Grätzl, aber generell in Wien damit zusammenhängendes Problem, wurde angesprochen. In der Seestadt waren mehr als 40 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner bei der Bundespräsidentenwahl 2022 nicht wahlberechtigt. „Angesichts dieses Widerspruchs sahen wir die Auseinandersetzung des Jüdischen Museums Wien mit der Person Hans Kelsen und der Verfassung als Steilvorlage für ein gemeinsames Kunstprojekt im Dienste der Demokratiebildung“, erklärt Schuster.
Bald in mehreren Bezirken?
Das unterstreicht auch die Demokratieforscherin Tamara Ehs, die Städte und Gemeinden beim Ausbau deliberativer Demokratie berät:
„Unsere Studien belegen, dass Jugendliche außerschulische Bildungsangebote wie Erstwählerworkshops und unkonventionelle Vermittlungsangebote besonders schätzen. Außerdem geben sie in Umfragen an, dass sie gern noch mehr über ihre Rechte als Bürger lernen wollen. Allerdings ist ihnen auch leidvoll bewusst, dass sie demographisch und rechtlich im Nachteil sind: Parteien orientieren sich an den Über-50-Jährigen; im Vergleich zur Gesamtbevölkerung gibt es unter den Jungen überdurchschnittlich viele Nicht-Wahlberechtigte. Das liegt auch am strengen Staatsbürgerschaftsrecht, das selbst viele hier Geborenen ausschließt.“
Noch bis zum 6. März haben alle Interessierten die Möglichkeit, die Ausstellung in der Seestadt noch selbst zu sehen. Jene Teile der öffentlichen Ausstellung, die nicht mehr verwendet werden können, sollen recycelt und zu praktischen Tragetaschen in verschiedenen Größen verarbeitet werden.
Aufgrund des großen Interesses plant das Jüdische Museum Wien, die Ausstellung an weiteren Standorten in Wien zu zeigen. „Mit dieser Ausstellung rücken wir unsere Verfassung ins öffentliche Bewusstsein. Das Wissen um die Grundfesten unseres Staates fördert und erleichtert unser demokratisches Miteinander. Mit dieser Ausstellung bringen wir diese Themen in den öffentlichen Raum, zu den Menschen in allen Bezirken und machen so Inhalte politischer Bildung im Vorübergehen erfahrbar", so Museumsdirektorin Staudinger abschließend.
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