„Die Energiewende ist kein Ökofundi-Thema“
Interview mit Christiane Brunner, Spitzenkandidatin der Grünen Burgenland zur Nationalratswahl.
Haben Sie schon mit dem Gedanken beschäftigt, dass die Grünen nach dieser Wahl nicht mehr im Nationalrat vertreten sein könnten?
CHRISTIANE BRUNNER: Wir haben in der Vergangenheit schon oft gesehen, dass Umfragen nicht immer der Realität entsprechen. Natürlich war es in den letzten Wochen nicht ganz leicht für uns. Wir nehmen aber derzeit eine sehr positive Stimmung wahr.
Wie oft werden Sie auf Peter Pilz angesprochen?
Immer wieder mal. Wenn man aber den Leuten erklärt, wie es wirklich gelaufen ist, ist das Thema schnell erledigt.
„Spätestens nach diesem Sommer ist in den Köpfen angekommen, dass die Klimakrise auch bei uns stattfindet.“
Stimmt der Eindruck, dass ein Hauptthema der Grünen – nämlich der Klimawandel - im Wahlkampf eine untergeordnete Rolle spielt?
Ich stimme zu, dass das Thema bei den Diskussionen, und auch in der Medienlandschaft unterrepräsentiert ist und nicht den Stellenwert hat, den es haben müsste. Es ist ist die zentrale Herausforderungen des Jahrhunderts.
Kann man mit diesem Thema Wähler für sich gewinnen?
Spätestens nach diesem Sommer ist in den Köpfen angekommen, dass die Klimakrise auch bei uns stattfindet. Es gab Hitzerekorde und durch die Trockenheit massive Schäden in der Landwirtschaft. Die Leute merken schon, dass da etwas passiert und dass wir dagegen etwas tun müssen. Und wir Grünen sind die einzigen, die dieses Thema besetzen.
„Österreich hat gegenüber 1990 kein einziges Gramm CO₂ eingespart.“
Ist Österreich im Bereich des Umweltschutzes noch eine Vorbild-Nation?
Natürlich ist in Österreich vieles besser organisiert als in anderen Ländern – etwa in den Bereichen Mülltrennung, oder Abfallwirtschaft. Auch beim Anteil erneuerbarer Energie liegen wir höher als in anderen Ländern. Umso mehr ist es schade, dass Österreich zum Klimaschutz-Schlusslicht geworden ist.
Können Sie dazu Beispiel nennen?
Österreich hat gegenüber 1990 kein einziges Gramm CO₂ eingespart, während der CO₂-Ausstoß EU-weit um 24 Prozent reduziert wurde. Die Bundesregierung hat keine einzige Klimaschutzmaßnahme gesetzt. Das ist nicht nur klimapolitisch, sondern auch wirtschaftlich verantwortungslos.
Aber es wurde doch erst kürzlich das Ökostromgesetz novelliert.
Ja, aber nur weil die Grünen maßgeblich daran beteiligt waren. Ich habe diese Ökostromnovelle für die Grünen verhandelt und bin auf das Ergebnis stolz. Es ist uns gelungen, 1,5 Milliarden Euro an Investitionen in der österreichischen Wirtschaft auszulösen und 5.000 Arbeitskräfte damit zu schaffen. Allein im Burgenland bedeutet das 600 Millionen Euro an Investitionen.
„Im Burgenland wird es notwendig sein, den öffentlichen Verkehr zu verbessern.“
Ist Burgenland – vor allem mit der Windenergie – ein Umweltmusterland?
Ich finde die Windenergie toll. Unsere früherer Grünen-Chefin Grete Krojer hat mir erzählt, dass sie bei ihrer ersten Rede im Landtag ein Windrad in der Hand gehalten hat und dafür ausgelacht wurde. Wir Grünen freuen uns immer, wenn andere unsere Ideen übernehmen.
Was im Burgenland aber fehlt, ist der öffentliche Verkehr. Ich bin aus dem Südburgenland und wenn sich Familien zwei Autos leisten müssen, ist das nicht nur ein Problem für die Umwelt, sondern auch sozial unverantwortlich. Im Burgenland wird es deshalb notwendig sein, den öffentlichen Verkehr zu verbessern.
Was muss die Politik tun, damit der Umstieg auf Elektroautos leichter fällt?
Wenn wir eine Bundesregierung haben, die Diesel steuerlich begünstigt und sich weigert, faire CO₂-Preise zu schaffen, braucht man sich nicht zu wundern, wenn sich die Menschen Dieselfahrzeuge kaufen. Wenn man die Steuerprivilegien für Diesel streicht, dann rechnen sich Elektroautos allemal. Und natürlich ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur notwendig.
Was für ein Auto fahren Sie?
Einen E-Golf.
Und Ihre Erfahrungen?
Ich möchte halbwegs gut von Jennersdorf nach Wien kommen – das funktioniert gut. Wenn ich allerdings rasch nach Wien muss, fehlen die schnellen Ladestationen.
„Immer mehr Unternehmen setzen auf die Klimaschutzkarte.“
Sie sehen in der Energiewende auch große wirtschaftliche Chancen?
Wenn in zehn Jahren nur mehr chinesische Autos mit amerikanischer Software bei uns fahren, werden wir uns fragen, warum das kein Thema im Nationalratswahlkampf war.
Die Energiewende ist nicht nur ein Ökofundi-, sondern ein knallhartes Wirtschaftsthema. Immer mehr Unternehmen setzen auf die Klimaschutzkarte. Und die machen es nicht, weil sie ihr ökologisches Gewissen entdeckt haben, sondern weil es einfach der Markt der Zukunft ist.
Bei welcher Partei sehen sie am ehesten Übereinstimmung mit dem Umweltprogramm der Grünen?
Bei keiner. Das ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal der Grünen. Wir Grünen würden nicht Ölkesseln fördern, sondern Menschen helfen, klimafreundlich zu wohnen. Auch die thermische Sanierung, die von der Regierung massiv gekürzt wurde, wollen wir wieder aufstocken.
Welche Themen sind Ihnen noch wichtig?
Neben dem Klimawandel, die Bildung und die Digitalisierung. Das sind die Herausforderungen der Zukunft.
Ihr Wahlziel?
Ulrike Lunacek hat bekräftigt, dass wir zweistellig bleiben wollen. Und dafür werden wir rennen.
Kommentar von Chefredakteur Christian Uchann
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