Mutter erschossen
Täter war zum Tatzeitpunkt unzurechnungsfähig

Verteidiger Andreas Mauhart (r.) wies als Tatmotiv darauf hin, dass die Mutter von dem „Scheusal paranoide Schizophrenie“ getötet wurde, nicht durch die Hand des „sanften Riesen“, der bei allen im Ort beliebt war und stets zu Hilfe eilte, wenn Not am Mann war.  | Foto: FOTOKERSCHI.AT/MADER
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  • Verteidiger Andreas Mauhart (r.) wies als Tatmotiv darauf hin, dass die Mutter von dem „Scheusal paranoide Schizophrenie“ getötet wurde, nicht durch die Hand des „sanften Riesen“, der bei allen im Ort beliebt war und stets zu Hilfe eilte, wenn Not am Mann war.
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  • hochgeladen von Marlene Mitterbauer

Weil er seine Mutter am 25. April dieses Jahres mit zwei Schüssen in den Hals-Kehlkopfbereich getötet haben soll, musste sich ein Mann aus dem Bezirk Linz-Land am 22. Oktober vor dem Landesgericht Steyr verantworten. Da er aber zum Tatzeitpunkt unzurechnungsfähig war, wurde er bedingt eingewiesen.

REGION ENNS. Die acht Geschworenen bejahten einstimmig das Anlassdelikt des Verbrechens wegen Mordes, sahen ihn allerdings zum Tatzeitpunkt als unzurechnungsfähig an. Deshalb muss der Landwirt, der seit 2006 an paranoider Schizophrenie leidet, nicht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, sondern darf unter Aufsicht eines Bewährungshelfers und einer regelmäßigen medikamentösen Behandlung wieder nach Hause.

Was damals geschah

Am 25. April kurz nach Mitternacht ging bei der Polizeizentrale ein Notruf ein. „Ich habe meine Mutter getötet“, sagte der Anrufer emotionslos zu einem Beamten. Auf die Frage, Wieso, antwortete er „Sie quälte mich jahrelang und brachte mir keine Liebe entgegen.“
Rund eine halbe Stunde zuvor lag der Angeklagte in seinem Bett. „Plötzlich habe ich auf meinem Nachttisch mein eigenes Totenbild gesehen und mir eingebildet, meine Mutter will mich umbringen.“ Er wollte ihr zuvorkommen und begab sich daraufhin zu seinem Waffenschrank, wo er ein Kleinkalibergewehr entnahm, seiner Mutter sagte, er würde sie jetzt töten, und die Frau zu Boden stieß. Dann schoss er ihr zweimal in den Hals. Danach ging der Mann in die Küche, legte das Gewehr auf die Anrichte und rief die Polizei. Die Beamten trafen ihn unbewaffnet vor dem Haus an, er ließ sich widerstandslos festnehmen.

„Gott“ gab ihm Eingebungen

Im Laufe der Verhandlung stellte sich heraus, dass der Angeklagte bereits seit 2006 an paranoider Schizophrenie leide und deswegen auch in Behandlung war. Er bekam Medikamente, die er mal mehr, mal weniger nahm. Seine Wahnvorstellungen haben sich in den letzten Monaten vor der Tat gehäuft, immer wieder gab „Gott“ ihm Eingebungen. Ein Tag vor der Tat wollte der Angeklagte nach Kalifornien reisen, um mit „Google“ zu reden, da diese ein Datencenter neben seinem Grund errichten wollen. Auf dem Weg zum Flughafen habe er dann Gottes Stimme aus dem Radio sprechen hören, die ihm vorschrieb, das Auto auszuräumen und sich seiner Kleidung zu entledigen. Als der Autotank schließlich leer war, zog er sich aus und lief nackt auf der Autobahn weiter, bis ihn Polizisten aufgriffen und dem Amtsarzt vorführten.
Dieser sah in dem Mann keine Gefahr und schickte ihn wieder nach Hause. Einige Stunden später tötet der Mann seine Mutter.

„Tut mir leid, was ich getan habe“

Der Angeklagte bekannte sich zur Tat und zeigte sich geständig: „Es tut mir leid, was ich getan habe. Ich war damals nicht ich selbst“, und deutete damit auf seine psychische Erkrankung hin, „deren Krankheitsschübe besonders durch Stresssituationen verstärkt werden können“, erklärte die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner. In so einer Stresssituation habe sich vor der Tat auch der Angeklagte befunden, weil ihn eben seit Monaten die angekündigte Betriebsansiedelung von Google beschäftigte. Dass seine Medikamente zu niedrig dosiert waren, verstärkte seinen Wahn zusehends. „Er war zum Zeitpunkt der Tat nicht zurechnungsfähig“, so Kastner, woraufhin Staatsanwalt Helmuth Laimer einen Antrag auf Einweisung gestellt hatte.

„Scheusal paranoide Schizophrenie“

Dass seine Mutter ihm ständig Vorwürfe gemacht hätte und ihn unter Druck setzte, weil er ledig war, bestritt der Angeklagte vor Gericht. Ein Zeuge sagte allerdings aus, dass die Mutter sehr wohl eine herrische Art an den Tag legte und dem Sohn ständig Befehle erteilte. „Ich will das Ansehen meiner Mutter erhalten“, erklärte er Richter Wolf-Dieter Graf. Verteidiger Andreas Mauhart wies als Tatmotiv darauf hin, dass die Mutter von dem „Scheusal paranoide Schizophrenie“ getötet wurde, nicht durch die Hand des „sanften Riesen“, der bei allen im Ort beliebt war und stets zu Hilfe eilte, wenn Not am Mann war. Staatsanwalt Laimer war zwar erstaunt, dass der Angeklagte trotz seiner Krankheit „sein Leben so gut meistern konnte“, wies aber dennoch auf die Gefahr hin, dass solche psychotischen Schübe nicht vorhersehbar wären und der Angeklagte eine Gefahr darstelle. Daher fordere er die Einweisung in eine Anstalt.

Gericht entschied: Bedingte Einweisung

„Dieser Wahn zum Tatzeitpunkt fügt sich nahtlos in das Krankheitsbild ein, der Angeklagte war nicht er selbst. Die Einweisung in eine Anstalt kann durch andere Wege ersetzt werden, wie etwa durch regelmäßige Facharztkontrollen und einer regelmäßigen Dauermedikation durch eine Depotspritze“, so die psychiatrische Sachverständige. Das Gericht entschied eine Behandlung außerhalb der Anstalt sowie eine Bestellung von Bewährungshilfe. Der Staatsanwalt nahm sich Bedenkzeit, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.

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