Der deutsche Lobbyismus und die europäische Sicherheit
In Brüssel haben die dreiseitigen Verhandlungen zwischen der Europäischen Union, Russland und der Ukraine am 21. Januar stattgefunden. Dort wurden die Probleme des Transits russischen Gases nach 2019 besprochen. Diese Verhandlungen hatten mehr einen Beratungscharakter. Man erwartete sich von ihnen "keinen Durchbruch" oder kein konkretes Ergebnis. Die Verhandlungsseiten haben nur die Auffassung der Probleme und die möglichen Lösungswege verlautet.
Das nächste Treffen ist für Mai eingeplant. Man braucht zu erinnern, dass die Präsidentschaftswahlen im März in der Ukraine stattfinden werden und ihre Ergebnisse im Unterschied zu den Wahlen in Russland unvorhersehbar sind. Das bringt auch eine bestimmte Korrektur zum Verhandlungsprozess an. Zugleich wurde auf dem Treffen eine äußerst umstrittene und gleichzeitig wichtige für Europa Frage aufgerollt - die Fortführung des Baues der Gasleitung Nord Stream-2.
Nach dem Plan soll die Gasleitung durch die Ostsee die Möglichkeiten der schon existierenden Pipeline Nord Stream verbreiten. Die Gasleitung Nord Stream-2 mit ihrer Kapazität 55 Milliarden Kubikmeter pro Jahr soll russisches Gas direkt nach Deutschland transportieren.
Jedoch hat das Projekt in vielen Ländern den erbitterten Widerstand hervorgerufen. Strengstens gegen den Bau ist die Ukraine, die sich fürchtet, die Transitmöglichkeit des russischen Gases zu verlieren (nach Schätzungen des ukrainischen Unternehmens Naftogaz verliert die Ukraine 3 Mrd. Dollar pro Jahr im Fall der Absage Russlands an den Gastransit durch das ukrainische Territorium). Polen, Lettland, Litauen und Estland meinen, dass die neue Gasleitung die Abhängigkeit der EU vom russischen Gas vergrößern wird. Die ähnliche Meinung teilt auch der US-Präsident Donald Tramp, der die Interessen des eigenen Landes schützt, indem er versucht, die amerikanischen Flüssiggaslieferungen nach Europa wesentlich zu vergrößern. Vergessen wir nicht: "Macht Amerika wieder großartig" ("Make America Great Again").
Dabei gibt es in Europa auch die eifrigen Verteidiger des Projektes. An seiner Finanzierung nehmen fünf europäische Unternehmen teil: ENGIE (Frankreich), OMV (Österreich), Royal Dutch Shell (Holland-Britannien), Uniper (Deutschland) und Wintershall (Deutschland) im Umfang von 50 % des Gesamtwertes, der auf 9.5 Mrd. Euro taxiert wird. Das heißt, der Beitrag jedes der Unternehmen bildet bis zu 950 Mio. Euro und niemand will seine Einlagen verlieren. Am ersten Platz des Lobbyismus des Projektes steht Deutschland. Es ist nicht zu verwundern, weil das deutsche Unternehmen Nord Stream-2 AG Eigentümer und Operator der Pipeline ist, und ein einziger Aktionär ist die russische Gazprom.
Auffallend ist es aber, dass nicht nur die bekannten Lobbyisten der russischen Interessen (solche wie ehemaliger Kanzler Gerhard Schröder), sondern auch die Mitglieder jetziger Regierung in Deutschland das Projekt schützen. Vor kurzem hat der Bundesminister für Wirtschaft und Energie Deutschlands Peter Altmaier aufgerufen, den Bau der Gasleitung nicht zu stören, vollends dass es keine Rechtsgründe für das Verbot des Baues gibt. Es gibt die Teilwahrheit in den Worten von Altmaier: die Gasleitung wird vom Konsortium der privaten Unternehmen gebaut und von ihm in Betrieb genommen werden. Diese Unternehmen planen, die Gasleitung für die Bedürfnisbefriedigung des europäischen Marktes zu verwenden. Dieselbe Haltung nimmt auch der Außenminister Deutschlands Heiko Maas ein, indem er erklärt, dass die Sanktionen seitens der USA die Realisierung des Projektes nicht beeinflussen können. Selbst wenn die europäischen Unternehmen das Projekt verlassen, wird Russland die Gasleitung aus eigenen Mitteln beenden.
Der politische Bestandteil des Projektes wurde im Frühling 2018 sogar von Angela Merkel öffentlich zugegeben, obwohl es früher nur um den Handelscharakter ging. Es war eigentlich Anhaltspunkt, seit dem die deutschen Politiker unmittelbar nach europäischen Kollegen begannen, über die Notwendigkeit der Erhaltung der bedeutenden Umfänge des Gastransits durch das ukrainische Gasleitungsnetz zu sagen.
Im Kreml hat man doch seinen eigenen Blick auf das Problem. Das bedeutet doch nicht ein Debakel, wie polnischer Ministerpräsident Mateusz Morawiecki erklärte. Seinen Worten zufolge wird der Bauabschluss Russland erlauben, "in Marschkolonnen in Kiew einzuziehen". Obwohl man anerkennen muss, dass seine Worte den gesunden Menschenverstand haben... Seiner Logik zufolge macht die Umorientierung der wesentlichen Erdgastransportströme das ukrainische Gasleitungsnetz unnötig. Das Ergebnis ist offenbar - Kreml wird von niemandem angehalten werden, wenn er totale Kriegsoperation in der Ukraine beginnt.
Heute ist Topthema aber etwas anders. Eurostats Angaben nach war Anteil des russischen Gases auf dem europäischen Markt in der ersten Hälfte 2018 am größten. Er betrug etwa 40 %. Laut den Angaben von 2017 betrug das Gesamtvolumen des russischen Gases über 162 Mrd. Kubikmeter, und die ähnliche Tendenz blieb im Jahre 2018 bestehen. Der Hauptkonsument des russischen Gases ist Deutschland, es kauft 48.4 Mrd. Kubikmeter ein.
Wie verlautet, bildet die Projektbelastung von Nord Stream-2 55 Mrd. Kubikmeter. Wird die Auslastung nicht voll (etwa 70-80 %) sein, werden die Bedürfnisse des deutschen Marktes dennoch vollständig überdeckt sein. Es ist eine offene Frage - was wird die EU mit solchen Gasumfängen machen? Vorausgesetzt, dass die Belastung im ukrainischen Gasleitungsnetz auf der Höhe der Hälfte des jetzigen Umfanges bestehen bleibt, so werden die Lieferungen des russischen Gases in die EU mit dem Start der neuen Gasleitung mindestens um das Eineinhalbfache (1,5) steigen.
Deutschland durchkreuzt somit die EU-Pläne für die Diversifikation der Quellen des Energieträgerimportes, obwohl gerade Deutschland dies deklarierte und dazu in den letzten Jahren rief.
Russland setzt fort, den Energiemarkt Europas zu monopolisieren, was sich auf die EU-Energiesicherheit sehr nachteilig auswirken wird. Es herrscht auch die Meinung, dass die neue Gasleitung die Ökologie der Ostsee negativ beeinflussen wird. Es ist doch sichtbar, wenn es sich um das große Geld handelt, beunruhigt es niemanden.
Von Tag zu Tag nähern die Rohrleger den Moment, wenn die europäischen Politiker schon mit der Antwort auf die Frage nicht zögern können: was es wichtiger ist - der Wirtschaftsvorteil im Austausch gegen einige Zugeständnisse dem Kreml oder die Suche nach den mehr adäquaten Partnern? Die Hauptsache ist, dass es zu spät nicht wäre.
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