„Welt steht nun auf dem Kopf!“

Heiner Flassbeck im WOCHE-Wirtschaftsgespräch an der Universität
  • Heiner Flassbeck im WOCHE-Wirtschaftsgespräch an der Universität
  • hochgeladen von Vanessa Pichler

Wirtschaftsforscher Heiner Flassbeck (59) war Staatssekretär im deutschen Finanzministerium. Seit zehn Jahren ist er für die Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen tätig und leitet seit 2003 die Division für Globalisierung und Entwicklungsstrategien. Als Gast an der Alpen-Adria-Universität sprach er bei der Vorlesungsreihe „Wissen schafft Kultur“ über aktuelle Fragen der Wirtschaftspolitik. Im WOCHE-Interview erklärt er, warum die Politik versagt hat.

WOCHE: Seit Ausbruch der Krise spricht man von Änderungen der Wirtschaft. Wie sehen diese aus Ihrer Sicht aus?
Heiner Flassbeck: Bei den G20 gibt es ein großes Thema: Wie schaffen wir es, die Weltwirtschaft balancierter hinzubekommen? Wie können Länder, die hohe Überschüsse haben, ihre Überschüsse und Länder mit hohen Defiziten ihre Defizite reduzieren? Vor zehn Jahren hat kein Mensch in solchen Kategorien gedacht. Das ist Anerkennung dessen, dass die Länder eng miteinander verbunden sind. Das ist ermutigend. Auf der anderen Seite haben wir aber viel Beharrungsvermögen im herkömmlichen Denken; wir haben 30 Jahre Neoliberalismus hinter uns. Es ist nicht so einfach in eine neue Welt zu springen. Wir haben in den Finanzmärkten das gleiche Denken, wie es vor der Krise herrschte. Die Politik bejubelt hohe Bankgewinne, obwohl sie auf den gleichen Blasen beruhen wie vorher. Wir haben eine Mischung aus neuen Erkenntnissen und dem Festhalten an alten Strukturen.

Ist die Zeit des Neoliberalismus vorbei?
Nein. Er kämpft ums Überleben. Natürlich haben Leute wie ich heute mehr Einfluss und ein breiteres Publikum. Man sieht es an den krampfhaften Bemühungen, die Staatsdefizite zurückzufahren, dass das alte Denken doch noch da ist und dass man nicht begriffen hat, dass man vorsichtig damit umgehen muss. Finanzminister wollen auf „Teufel komm raus“ sparen, weil die Märkte es uns sagen – die gleichen Märkte, die die Defizite verursacht haben. Und die gleichen Märkte, die aus Jux und Tollerei die Krise verursacht haben. Jetzt haben die Finanzminister Angst, dass die Märkte kein Geld mehr geben – das ist die Welt auf dem Kopf.

Gibt es kein Spargebot?
Man kann dann sparen, wenn andere bereit sind, sich zu verschulden. Wenn private Investoren investieren und die Konsumenten Geld ausgeben, um die Investitionen anzuregen, kann die Politik sich zurückziehen. Aber dafür ist es viel zu früh. Wir haben weltweit eine extrem labile Konjunktur; überall besteht die Gefahr, dass wir in Deflation zurückfallen und in Rezession. Und in der Situation große Sparklausuren abzuhalten ist grundfalsch - egal für welches Land. Vor allem ist es falsch für Länder, die außenwirtschaftliche Überschüsse haben, und da zählt Österreich dazu, genauso Deutschland und die Schweiz. Das finde ich bedenklich, dass gerade die drei Länder, die international eine wichtigere Rolle spielen könnten, tun, was ihnen die Märkte diktieren.

Was ist die Lösung?
Eine bessere internationale Abstimmung. In den G20 gibt immerhin den Versuch, sich zu koordinieren und sich nicht gegenseitig hinunterzukonkurrieren. Es funktioniert aber noch nicht sehr gut, weil Europa, das hier Botschaften haben sollte, selbst gegen die Wand gefahren ist mit seiner eigenen Koordinierung. Deshalb kann Europa nicht überzeugend auftreten und sagen, wie man es macht.

Europa will konkurrenzfähiger werden …
Das ist Quatsch! Der Wettkampf der Nationen; man muss andere hinunterkonkurrieren. Die Welt wächst dadurch, dass man Produktivitätszuwächse hat und diese an die eigenen Leute verteilt. Also: Die eigenen Leute konsumieren ihre Produktivitätszuwächse. Dadurch wird man stark. Das macht übrigens China sehr konsequent; dort steigen die Löhne tatsächlich. Das macht China stark, nicht nur, weil es im Export Erfolge hat. Wer nur im Export Erfolge hat, macht andere zu Schuldnern. Das müsste man in Europa jetzt eigentlich begriffen haben, da die Schuldner in den Bach gefallen sind. Die Überschussländer wollen jetzt noch mehr exportieren. Die Frage, was mit den Schuldnern passiert, stellt niemand. Irgendwer muss das Zeug ja kaufen. Export ist auch eine Blase. Das zeigt, dass die Politik sehr schwerfällig ist im Lernen.

Teil 2 des Interviews lesen Sie in der nächsten Ausgabe.

Autor: Gerd Leitner

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