Flachgautunnel
Zwei Bauern wehren sich gegen ÖBB

Zwei Bauern kämpfen weiter gegen die Deponierungspläne des Tunnelaushubes.  | Foto: ÖBB Grafik
  • Zwei Bauern kämpfen weiter gegen die Deponierungspläne des Tunnelaushubes.
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Zwei vom Bau des Flachgautunnels betroffene Anrainer verfassten einen offenen Brief an die zuständige Ministerin Eleonore Gewessler.

KÖSTENDORF. Zwei stark betroffene Anrainer wollen den Bau des Flachgautunnels in dieser Variante nicht hinnehmen und reagieren mit einem offenen Brief auf den erfüllten UVP-Verbesserungsauftrag der ÖBB. Die ÖBB erklärt ihr Vorgehen und verweist auf die Unabhängigkeit der Experten.

Offener Brief an Frau Bundesministerin Leonore Gewessler

Sehr geehrte Frau Mag. Gewessler!

Wir, die betroffenen Landwirte des geplanten Eisenbahnprojekts Köstendorf – Salzburg, speziell der Deponie Karlsreith, sehen uns veranlasst, einige Dinge zurechtzurücken.Ein wesentlicher Grund dafür ist die den Bürgern von Köstendorf zugesandte Informationsbroschüre der ÖBB „Amtliche Mitteilung - UVP-Verbesserungsauftrag erfüllt“.
In dieser Mitteilung wurde eine Darstellung der Deponie gewählt, die nicht der Realität entspricht und von uns so nicht hingenommen werden kann. Außerdem müssen wir wieder einmal, einem Informationsblatt entnehmen, wie die Planungen vor unserer Haustüre voranschreiten und vor allem, wie sie nach Realisierung aussehen werden.
Demnach würde die Köstendorfer Landesstraße über die ganze Länge unserer Bauernhöfe umverlegt, was in jeder Hinsicht bedenklich wäre. Außerdem wurde in der Visualisierung die Deponie extrem verharmlost. Die Böschungen mit 20 – 30 Meter Höhe wurden so verzerrt, dass sie in der Abbildung auf dem Titelblatt kaum erkennbar sind. Dem Betrachter wird eine Idylle vorgegaukelt, die so nie gegeben sein wird.
Die Bevölkerung von Köstendorf, wurden die letzten Jahre durch die ÖBB Planungen schon genug gegeneinander aufgehetzt.
Die ÖBB nennen als Ziel, die Deponie so rasch wie möglich wieder zu rekultivieren. Sie verschweigen jedoch, dass eine landwirtschaftliche Nutzung frühestens in 50 Jahren möglich sein wird und der dafür abgeholzte Wald frühestens in 100 Jahren seine jetzige Funktion wieder erfüllen kann. Ein Wald ist auf der abgebildeten Deponiefläche ohnedies nicht mehr erkennbar, nur mehr einzelne Büsche. 10 ha Wald sind einfach verschwunden! Also, sollen wir jetzt 50 Jahre aussetzen und dann wieder weitertun?
Fakt ist, dass die ÖBB das kontaminierte Tunnelausbruchsmaterial (ca. 2,5 Mio m³) mitten in die Landschaft auf billigste Weise entsorgen will. Durch die exponierte Lage wird die Deponie weitum sichtbar sein, was eine massive Landschaftsveränderung darstellt und sich nicht - wie in der Abbildung dargestellt - natürlich in das Gelände einfügt. In der Abbildung nicht erkennbar ist weiters, dass die Deponie angrenzend zum Natura 2000 Gebiet im Einzugsgebiet zum Wallersee errichtet wird. Spätestens im Fall eines Hochwassers ist eine ökologische Katastrophe unausweichlich. Der Wasserhaushalt wird in diesem Gebiet für alle Zeit verändert.
Aus den Abbildungen ist außerdem nicht erkennbar, dass Siedlungen und Gehöfte massiv von der Lärm- und Staubbelastung dieser Deponie betroffen sein werden. Besonders bei der Abbildung im Blattinneren, hat man den Eindruck, dass die Deponie in einem dünn besiedelten Gebiet errichtet wird, was absolut nicht der Fall ist.
Auch der Text dieser Informationsbroschüre entspricht nicht den Tatsachen. Hier wurde verharmlost und wesentliche Fakten einfach weggelassen. Der Text wurde so abgefasst, dass ein Außenstehender das Ausmaß der mit der Deponie einhergehenden Beeinträchtigungen für Mensch und Natur nicht erkennen, ja nicht einmal erahnen kann.
Im Text wurde zB. nicht erwähnt, dass für die Deponie 44 ha wertvolle landwirtschaftliche Flächen in eine Baustoffrestmassenhalde umgewandelt werden, das alles mit Altlasten für Generationen.
Es ist nicht zu lesen, dass die Deponieabwässer in die Fischach eingeleitet werden. Und natürlich wird nicht darauf hingewiesen, dass von den 20 betroffenen Landwirten ca. 7 Landwirte ihre Existenz verlieren.Wir haben jetzt schon keine Planungssicherheit mehr.
Wenn man für diese Baustelle 200-250 Hektar Grünland bzw. Wald vernichtet, kann sich jeder vorstellen was nach 18 Jahren Bauzeit hier los ist. Für mich kommt das einer Bauernvertreibung gleich!
Die ersten Hausbesitzer verkaufen jetzt schon ihre Häuser zu Schleuderpreisen.Es wird erwähnt, dass Material für die Dammerrichtung mittels „entsprechender Transportfahrten“ angeliefert werden muss (ca. 1 Mio m³), jedoch wird verschwiegen, dass dafür zigtausende Lkw-Fahrten auf den ohnehin schon mehr als ausgelasteten Straßen Salzburg – Eugendorf – Seekirchen vorgesehen sind, mit Belastungen bis zur Landeshauptstadt.
Von einem grossen Teil dieser geplanten Deponiefläche wird das Oberflächenwasser in einen kleineren Bach abgeleitet,der wiederum durch das angrenzende Natura 2000 Gebiet fliesst.Das angrenzend zur geplanten Deponie entlang dieses Baches die letzten geschützten Grubenlaufkäfer sind, ist jetzt nicht ganz neu.Wenn das Wasser wegbleibt, das wäre bei dieser Planung aber auch bei der Zwischendeponieplanung der Fall, wären die Käfer innerhalb kurzer Zeit weg.Dies würde in mehrerlei Hinsicht ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich bzw. gegen das Land Salzburg seitens der EU führen.
Die Letztentscheidung in der Planung liegt bei der ÖBB! Dies ist ein Zitat aus vorliegender Informationsbroschüre. Und es heißt auch, die ÖBB wollen den Dialog aufrecht erhalten. Doch in all den Jahren haben wir noch nie den Eindruck gehabt, dass es der ÖBB um Dialog in Augenhöhe geht. All unsere Vorschläge wurden abgeschmettert. Und wie soll Dialog funktionieren, wenn wir, die betroffenen Bauern, im vergangenen Jahr zu keiner Gesprächsrunde eingeladen wurden. Es gab einige Veranstaltungen im Gemeindeamt. Aber erstens waren diese für alle Köstendorfer und zweitens um 16 Uhr. Um diese Uhrzeit hat kein Bauer Zeit.Die ÖBB haben 1 bis 2 unserer schriftlichen Anfragen soweit es der Planungstand zulässt, beantwortet.
Auch beim Lenkungsausschuss waren wir nicht dabei. Wir wurden zwei Tage vor Beginn von unserem Bürgermeister wieder ausgeladen, um eigene Interessen durchzubringen. Bei diesem Lenkungsausschuss, der durch das Land Salzburg ins Leben gerufen wurde, sollte die beste Variante (Deponie oder Bahnverfuhr) gefunden werden. Unser Eindruck ist, für die ÖBB war alles von vorneherein klar. Sie hatten die Deponie Karlsreith im Auge und davon haben sie sich nicht mehr abbringen lassen. Wenn die Naturschutzbehörde im Vorfeld schon grünes Licht für die Deponie gibt, kann sich jeder den Wert der „naturschutzrechtlichen“ Verhandlung im Anschluss an die UVP ausrechnen. Und wenn die Naturschutzlandesrätin von Salzburg nach mehrmaligem Urgieren auf unser Schreiben antwortet, ich könne ja meine Bedenken in Wien deponieren, so tue ich dies hiermit. Unser Herr Landeshauptmann hat sich zwei Jahre nach Projekteinreichung erstmals im Dezember nach Köstendorf bemüht, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Auch zu diesem Treffen wurden Betroffene von der Gemeinde nicht eingeladen.
Es ist für uns nicht einzusehen, dass wir viel Geld in die Hand nehmen müssen, um Rechtsanwälte und Gutachten zu bezahlen, nur damit wir auf Fehlplanungen hinweisen können, die bei diesem Projekt offensichtlich sind. Das wäre eigentlich die Aufgabe der sogenannten Experten im Land und der Politik.
Wir haben den Eindruck, die ÖBB will hier mit aller Gewalt drüberfahren und alles vernichten was unsere Vorfahren sorgsam bewirtschaftet und erhalten haben.Das alles mit freundlicher Unterstützung der Salzburger Politik und leider auch unserer Gemeinde. Eine Zusammenarbeit mit all den handelten Personen können wir uns nicht mehr vorstellen.
Ich ersuche Sie höflich Frau Bundesminister, der Sie sicherlich einen viel vernünftigeren Zugang überall haben, um Unterstützung.

Mit freundlichen Grüssen

Franz Hutticher, betroffener Bauer, email: franzhut@a1.net
Johann Goiginger, betroffener Bauer
Diese Kritik wird unterstützt von der BI verträglicher Bahntunnel

ÖBB hält dagegen

Der viergleisige Ausbau der Weststrecke zwischen Köstendorf und Salzburg schafft größere Kapazitäten und damit die Voraussetzungen für ein besseres Angebot im nationalen und internationalen Personen- und Güterverkehr, kürzere Fahrzeiten und einen leistungsfähigeren Nahverkehr im Salzburger Flachgau. Das derzeit laufende Behördenverfahren des BMK ist die objektive Instanz, in der unabhängige Sachverständige das Vorhaben auf seine Umweltverträglichkeit prüfen. Stellungnahmen von Anrainerinnen und Anrainern müssen dabei miteinbezogen werden. In Summe weist das Vorhaben nach Fertigstellung 25 ha an versiegelten und teilweise versiegelten Flächen z. B. für die Bahntrasse in der offenen Streckenführung, Tunnelportale und Rettungsplätze, Begleitstraßen, Gewässerschutzanlagen, etc. auf. In der genannten Visualisierung sind sämtliche Häuser abgebildet, die auch in der Realität vorhanden sind. Wir haben uns bei der Erstellung der Broschüre für diese Perspektive entschieden, weil der sogenannte Deponiekörper so sehr gut aus der Abbildung ersichtlich wird. Die Verlegung der Köstendorfer Landesstraße ist für die Errichtung der geplanten Deponie erforderlich. Die abgebildeten Visualisierungen verdeutlichen den neuen Verlauf der Straße. Für die Beurteilung dient das laufende UVP-Verfahren.

Das Team Projektinformation der ÖBB-Infrastruktur AG

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