„Weit hast es gebracht“ – Kein Schlüssel, kein Arbeitsplatz: Wie LR Blachfellner vor 10 Jahren in Politik kam

Haben Sie in den letzten zehn Jahren genug Zeit gehabt, um alle Ihre politischen Vorstellungen umzusetzen?
WALTER BLACHFELLNER: „Genug Zeit um alles umzusetzen, hat man nie. Auf der einen Seite, weil ständig neue Entwicklungen auch neue Ziele mit sich bringen, auf der anderen Seite ist politisch in einer Demokratie nicht alles umsetzbar – das ist aber schon gut so.“

Von den vier SPÖ-Regierungsmitgliedern sind Sie derjenige, der am ruhigsten dahinarbeitet. Sie stechen nicht hervor – weder werden Sie besonders kritisiert noch überragend gelobt.
WALTER BLACHFELLNER: „Es gibt unterschiedliche Arbeitsstile: Zuerst präsentieren und dann arbeiten – das wird auch von vielen Beratern bevorzugt. Damit ist man viel in den Medien, hat aber die Schwierigkeit, dass die Umsetzung vielleicht nicht klappt. Oder man arbeitet zuerst und präsentiert dann, was für Medien nicht mehr so interessant ist, weil es dann auch keine Konfrontationen gibt. Ich bevorzuge normalerweise die sachliche Arbeit, also die zweite Möglichkeit. Im Vorjahr hatte ich im Wohnbauressort aber schon ein wochenlanges Match mit ÖVP und FPÖ, da ging es darum, ob wir mehr Eigentumswohnungen zu Lasten von Mietwohnungen fördern. Da gab es nicht nur Leute, die applaudiert haben.“

Denkt man nach zehn Jahren in politischer Spitzenfunktion darüber nach, wie lange man idealerweise Spitzenpolitik betreibt?
WALTER BLACHFELLNER: „Selbstverständlich. Jeder Mensch hat für sich einmal eine Lebensplanung gemacht. Zur Frage, wie lange kann und will ich das tun, gibt es drei Zugänge: erstens den persönlichen, der auch mit der Gesundheit und damit zu tun hat, ob mir der Beruf noch Freude macht; zweitens: solange ich etwas erreichen kann, solange ich neue Ideen und Kraft habe, sie umzusetzen und drittens: Wie sehen es die Menschen, wollen die noch, dass ich meinen Job mache? Das sind die Entscheidungsgrundlagen. Wenn Sie mich fragen: Ich habe noch genug Ideen für den Wohnbau, den Umweltbereich, die Raumordnung und meine anderen Ressorts.“

Oft ist von der Politikverdrossenheit der Bevölkerung die Rede. Aber mir scheint, es gibt auch unter den Politikern eine Verdrossenheit – der Job hat einen Imagewandel erfahren, als Politiker ist man heute mehr Prügelknabe als Respektsperson.
WALTER BLACHFELLNER: „In der öffentlichen Meinung – ohne direkte Konfrontation mit dem Bürger – wird sehr viel über Politiker geschimpft. Bei persönlichen Terminen und Auftritten hält sich das sehr in Grenzen, und das muss man unterscheiden. Aber natürlich tut das weh, wenn in Medien oder Umfragen Negatives dabei ist. Es gibt auch Anlassfälle, die einem selbst wehtun – wenn Expolitiker mehr in Gerichtsnachrichten vorkommen als mit anderen Themen.“

Kommen wir zu einem aktuellen Thema: Steht der Termin mit den deutschen Nachbarn zum Thema Atomkraftwerke schon? Eine Studie der Bundesländer NÖ, OÖ und Salzburg hatte ja Mängel bei Brunsbüttel, Isar 1, Krümmel und Philippsburg zu Tage gefördert, die auch durch Nachrüstungsmaßnahmen nicht behoben werden können.
WALTER BLACHFELLNER: „Der wird wahrscheinlich im Mai stattfinden. Der bayerische Umweltminister Markus Söder und ich sind übereingekommen, dass die österreichische Expertengruppe eingeladen wird, um diesen Schwachstellenbericht durchzudiskutieren.“

Wie können Sie, wie kann Österreich für eine endgültige Stilllegung deutscher Atomkraftwerke Druck machen?
WALTER BLACHFELLNER: „Das habe ich vorhin gemeint: Es gibt Leute, die gehen zuerst in die Medien, und solche, die zuerst arbeiten und dann präsentieren. Ich habe in der Atomsache schon in der Vergangenheit viel getan, den auch von uns in Auftrag gegebenen Schwachstellenbericht habe ich im November der EU und der bay-erischen Regierung präsentiert – nicht wissend, dass uns jetzt die japanische Atomkatastrophe beschäftigen würde. Und jetzt arbeite ich weiter daran.“

Als EURATOM-Mitglied kann Österreich dort mitstimmen. Wenn aber der österreichische Vertreter beim Einstimmigkeitsprinzip auf sein Veto verzichtet, bringt das nichts.
WALTER BLACHFELLNER: „Da braucht man halt den Mut und Schneid, einmal die Vetokarte zu ziehen – im Interesse der Bevölkerung. Wenn wir aus EURATOM austreten, ist deswegen ja nicht die Atomkraft weg. Wir sollten den anderen viel mehr erklären, warum wir keine Atomkraftwerke entlang unserer Grenzen wollen und warum wir weltweit eine Energiewende brauchen.“

Wie war eigentlich Ihr erster Arbeitstag als Landesrat?
WALTER BLACHFELLNER: „Am Vortag war mein letzter Arbeitstag bei der Post, ich habe dort am 24. April 2001 um 17 Uhr meinen Schlüssel abgegeben und bin am nächsten Tag 9 Uhr im Landtag angelobt worden. Danach bin ich auf die Straße gegangen und habe mir gedacht: ‚Weit hast es gebracht: Jetzt hast keinen Arbeitsplatz, kein Büro und keinen Schlüssel.‘ Und am Tag danach bin ich in die Regierung gewählt worden, das ist als Quereinsteiger am Anfang spannend, weil man nicht weiß, bei welcher Tür man ein- und ausgeht.“

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