Ernst Aigner über das Grüßen
2023 – du bist anders

Ernst Aigner | Foto: Volker Weihbold
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Grüß Gott! Guten Tag! Ex-Religionslehrer und Kabarettist Ernst Aigner* heißt das neue Jahr willkommen.

Zum Elternhaus meiner Kindheit gehörte eine liebenswürdige, fromme Tante, die uns fünf Kindern wie eine zweite Mutter war. Eine begnadete Geschichtenerzählerin, der ich viel verdanke. Ihre Geduld war legendär, doch eines regte sie auf: die Begrüßung des Bäckermeisters, der samstags mit einem Riesenkorb duftender Backwaren unsere Stube betrat. Er gehörte zur Minderheit jener Ortsbewohner, die am Sonntag nicht zur Kirche gingen, und er grüßte mit „Guten Tag".

Das ist doch kein Gruß

„Guten Tag, Guten Tag“, äffte ihn meine Tante später nach. „Das ist doch kein Gruß!“ Wobei sie näselnd das „A“ in die Länge zog und eine Grimasse schnitt. Mich amüsierte schon als Kind die Idee, dieses [ta:g] als Dialektversion von „Teig“ aufzufassen, was aus dem Munde eines Bäckers ja irgendwie Sinn ergibt. Diese Erinnerung tauchte wieder auf, als es vor ein paar Wochen zur Grüß-Gott-Debatte kam: Ein Roter stichelte in Richtung eines Schwarzen, in Wien sage man nicht „Grüß Gott“, sondern „Guten Tag“. Diverse Aufregungsmedien bliesen das Ganze zum „Affront“ und zum „Eklat“ auf, bis ein joviales „Grüß Gott“ des roten Wiener Bürgermeisters bei einem Fernsehinterview deren Hoffnung auf einen Konflikt beendete. Und das ist gut so. Jeder soll grüßen dürfen, wie es ihm gefällt. Auf das Einteilen von Menschen in „die Unsrigen“ und „die Anderen“ schon beim Grüßen können wir gerne verzichten.

"Gerne, wenn ich ihn treffe"

Trotzdem: Grüßen ist wichtig. Von klein auf lernten wir, alle Leute, die uns begegnen, zu grüßen. Mit „Grüß Gott“ natürlich. Dass das aber in großen Städten nicht gilt, weil man da ständig grüßen müsste, erklärte uns die Lehrerin in der Volksschule. Klar, dass wir in der nächsten Pause „Besuch in Linz“ spielten und vor lauter Grüß-Gott-Sagen aus dem Lachen nicht mehr herauskamen. Übrigens ist die Bedeutung von „Grüß Gott“ in seiner heutigen Form gar nicht leicht zu verstehen. Es klingt ja wie eine Aufforderung, die mit „Okay, werd’s ihm ausrichten“ oder mit „Gerne, wenn ich ihn treffe“ zu beantworten wäre. Es ist aber keine Aufforderung, sondern hat ursprünglich gelautet: „Es grüße dich Gott“ – im Sinne von „Es segne dich Gott“. Und schon macht das Ganze Sinn. Für die vielen netten Religionsallergiker, die ich kenne, sage ich dazu, dass man den Gruß leicht in profanes Deutsch übersetzen kann: „Das Leben möge es gut mit dir meinen!“. Das sollte für alle passen.

Gemeinsam packen wir’s

Doch nun zu dir, neues Jahr! Wir haben dich wirklich freundlich begrüßt, Korken und Feuerwerke knallen lassen wie immer, obwohl uns 2020, 2021 und 2022 schwer enttäuscht haben. Kaum glaubte man, schlechter kann es nicht mehr werden, kam neues Unheil dazu. Damit muss jetzt Schluss sein, hörst du, 2023? Du bist anders, du schaust drauf, dass endlich was weitergeht in Sachen Frieden, Gerechtigkeit und Klimaschutz. Damit wir dir am Ende nicht wieder „Schleich dich!“ nachrufen müssen, sondern „Auf Wiedersehen, bleibe doch, du bist so schön!“ Wir machen mit, versprochen! Gemeinsam packen wir das!
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*Ernst Aigner aus Freistadt, geboren am 30. Juni 1955 in Reichenau im Mühlkreis, ist einem breiten Publikum als kongenialer Kabarettpartner von Günther Lainer aus Linz bekannt. In seinem beruflichen Leben unterrichtete er am Gymnasium Freistadt die Fächer Religion und Geschichte. Er ist Vater des Physikers Florian Aigner, der im ORF regelmäßig die Welt erklärt.

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