PORTRÄT
48-Jährige aus Sandl beweist: Für eine Lehre ist es nie zu spät!
Theresa Morawetz absolvierte vorigen Dezember mit 48 Jahren die Lehrabschlussprüfung zur Bürokauffrau – mit gutem Erfolg!
SANDL. „Eigentlich wollte ich ja, als ich klein war, immer Mechanikerin werden. Wir waren drei Mädels zuhause und ich war immer der Bua“, erzählt Morawetz. Damals gab es noch keinen Girls-Day, an dem Mädchen in Männerberufe hineinschnuppern konnten. Und mit dem Ehrgeiz, einen Beruf zu erlernen, war es damals auch nicht so weit her, erinnert sie sich. Irgendwie ist sie dann als Hilfsarbeiterin in der Lebensmittelbranche gelandet. Nach den Kindern arbeitete sie fünf Jahre lang als Zeitungsausträgerin. In den Jahren darauf absolvierte Morawetz diverse Kurse und jobbte als Putzfrau und Haushaltshilfe. Nach drei Bandscheibenvorfällen landete sie im Herbst 2017 als arbeitssuchend beim Arbeitsmarktservice Freistadt. Von dort ging es weiter zum Beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrum (BBRZ). Das BBRZ begleitet Menschen, die aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können, zurück ins Berufsleben. Dort ist sie gerade noch in das Programm „Aufstieg 3“ hineingerutscht. Kurz vor Beginn, im Dezember 2017, musste Morawetz den nächsten gesundheitlichen Rückschlag hinnehmen: Sie erlitt einen Herzinfarkt.
Erster Schultag nach 33 Jahren
Nach der Reha wurde die Lehre zur Bürokauffrau mit Schwerpunkt Buchhaltung angeboten. „Das ist meine Chance“, dachte sie und stellte sich dem Aufnahmetest. „Ich war meganervös! Schlussrechnen und so Zeugs hab ich ja schon ewig nicht mehr gemacht.“ Sie bestand den Test. Der 2. Juli 2018 sollte der erste Schultag nach 33 Jahren werden. Ab da ging es täglich ins BBRZ nach Linz, um mit zwölf Kolleginnen und Kollegen die Schulbank zu drücken. Am 18. Dezember 2019 war der große Tag der Lehrabschlussprüfung. Alle kamen durch. „Ich hab sogar einen guten Erfolg geschafft. Ich bin echt stolz darauf, dass ich es geschafft habe.“
Vom Praktikum zur Fixanstellung
Noch viel wichtiger als der gute Erfolg war aber das Pflichtpraktikum. Im März fragte Theresa Morawetz bei der Firma Autoteile Kralik in Freistadt an, ob sie das einmonatige Praktikum in der Firma für Autozubehör absolvieren könnte. Aus einem Monat wurden neun Monate mit jeweils zwei Tagen pro Woche bis zur Prüfungsvorbereitung im November. Im August erhielt sie von Firmenchef Andreas Kralik dann das OK, dass sie bleiben kann. Seit Beginn dieses Jahres ist sie fix angestellt und von Büroarbeiten bis hin zu Auslieferungsfahrten für ein umfang- und abwechslungsreiches Arbeitsfeld zuständig. „10.000 Autoteile und ich kannte grad mal eine Bremsscheibe und einen Bremsbelag“, scherzt sie. „Es taugt mir voll, dort zu arbeiten!“ Und ganz zum Schluss legt die 48-Jährige allen Jugendlichen ans Herz: "Bitte lernt einen Beruf!"
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