PORTRÄT
"Ich kam als Sonja auf die Welt"

- Simon Jobst (l.) mit seinem Vater Manfred.
- Foto: Privat
- hochgeladen von Roland Wolf
FREISTADT. "Es war ein langer Weg und jeder Meter davon hat sich gelohnt", sagt Simon Jobst. In den vergangenen fünf Jahren verbrachte der Freistädter viel Zeit im Operationssaal.
"Ich kam als Sonja auf die Welt", erzählt der 28-Jährige. Im Kopf war Simon aber immer schon ein Junge. "Ich hab nur ein einziges Mal in meinem Leben ein Kleid getragen und zwar bei der Erstkommunion. Sonst haben mich meine Eltern immer so gelassen wie ich war." Und trotzdem: "Das Schwierigste an meiner Entscheidung, eine Geschlechtsangleichung machen zu lassen, war es, meiner Familie und meinen Freunden davon zu erzählen." Jahrelang hat Simon sein Unwohlsein für sich behalten. "Ich habe mit niemandem darüber geredet, wie ich mich fühlte." Dank eines Fernsehbeitrages eines Gleichgesinnten, entschied Simon mit 22 Jahren dann aber doch, sein Geheimnis zu lüften und es anzupacken.
Von Familie unterstützt
"Meine Eltern und meine Zwillingsschwester Anja haben gut darauf reagiert und mich in der schwierigen Zeit der Operationen unterstützt." Der erste Eingriff war eine Brust- und Gebärmutterentfernung im Jahr 2014 im Allgemeinen Krankenhaus Linz. "Ich habe meine Brüste immer als Strafe empfunden. Nach der Entfernung fiel mir nicht nur ein Stein vom Herzen, sondern ein ganzer Fels", sagt der gebürtige Neumarkter.
"Verzögerung war hart"
Danach folgte eine zweijährige OP-Pause aufgrund von langen Wartezeiten im Krankenhaus. "Die Verzögerung bis zum nächsten Eingriff war extrem hart für mich. Ich wollte vollständig sein." Knapp zwei Jahre später ließ Simon fünf weitere Operationen über sich ergehen. Diesmal in der Chirurgischen Klinik München-Bogenhausen, die auf geschlechtsangleichende Eingriffe spezialisiert ist.
Endlich angekommen
2018 war die Angleichung abgeschlossen. "Nach so vielen Jahren passen mein Körper und mein Geist endlich zusammen. Ich fühle mich wohl und würde alles wieder ganz genauso machen."
ZUR SACHE
Schätzungen zufolge leben in Österreich 600 Männer und 300 Frauen, die sich als Angehörige des anderen Geschlechts empfinden. Eine erste Anlaufstelle für Betroffene ist der Verein für Jugend-, Familien- und Sexualberatung "Bily" in Linz.
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