Soldaten im Stresstest: Erst nach Pausen kann man Fitness ausspielen
FREISTADT. Ein Pilot-Projekt in der Tilly-Kaserne sollte zeigen, wie Soldaten mit Belastungen
umgehen. Wie reagieren sie in unvorhergesehenen Situationen, bei Krisen, in Einsätzen? Das wäre aber wichtig zu wissen, um auch die Ausbildung entsprechend anpassen zu können. „Daher freuten wir uns, dass wir in der Tilly-Kaserne als Pilotversuch ein Forschungs-Projekt absolvieren durften“, so Offizier-Stellvertreter Reinhard Atteneder: „Für mich als Personalvertreter sind diese Erkenntnisse ganz wichtig. Wir leben ja immer im Ungewissen."
Dieses Forschungsprojekt des aus Kärnten stammenden bekannten Stressforschers und Universitätsprofessors Sepp Porta wurde im Auftrag des Verteidigungs-Ministeriums durchgeführt.
Professor Porta stellte anhand von Blutwerten fest, wie der Körper auf Belastungen reagiert. Die Ergebnisse führten, so der Professor, teilweise zu überraschenden Befunden. Alleine das Warten auf die kaum spürbare Entnahme eines Blutstropfens aus der Fingerkuppe erhöhte nach 40 Minuten Wartezeit adrenalinbedingt den Blutzucker so, dass es durchaus milden diabetischen Werten entspricht. Gleichzeitig fiel der zum Energietransport notwendige Mineralstoff Magnesium drastisch ab. Ein anschließender 2400-Meter-Lauf führte zu weiterem Magnesiumabfall. Sepp Porta: Eine, auch moderate, psychische Erregung beraubt also denselben Stoffwechsel, der anschließend durch den Lauf strapaziert wird, schon von vorn herein einiger Reserven, die dann bei der körperlichen Anstrengung fehlen." Weiters interessant: Zusatzbelastungen verbleiben also lange im „Stressgedächtnis“ des Körpers und können noch nach geraumer Zeit nachgewiesen werden. Wochenlange Ausbildung führt einerseits zu einer gewissen Erschöpfung, andererseits aber auch zu mehr Fitness, die unmittelbar nach der Ausbildung durch Belastungssymptome verdeckt wird. Es bedarf also einer Pause, um die erworbene Fitness richtig ausspielen zu können.
Die Lehren daraus? Unnötige psychische und physische Belastungen sollten tunlichst vermieden werden, um dann, wenn es wirklich nötig ist, bessere Leistungen vollbringen zu können. Dazu gehört auch die Gewährung von Pausen, wann immer es der Dienst zulässt, um die Belastungs-Kompensationsfähigkeit des Körpers voll ausspielen zu können. Alle diese Erkenntnisse, die beim Heer gewonnen wurden kommen natürlich auch dem zivilen Gebrauch zugute.
Hauptmann Hannes Poschinger von der Tilly-Kaserne: „Wesentliche Erkenntnisse werden in Zukunft in die Ausbildung und Planung einbezogen, um zukünftige Offiziers- und Unteroffiziersanwärter noch gezielter für bevorstehende Situationen vorzubereiten:“
Dazu Hauptmann Sebastian Suchentrunk, Kommandant-Stellvertreter der Lehrkompanie: „Ein wesentlicher Befund dieser Untersuchung besagt auch, dass Wartezeiten die Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen. Diese Erkenntnis wirkt sich konkret auf den künftigen Tagesablauf der Soldaten in Freistadt aus, indem bewusst Wartezeiten reduziert, beziehungsweise dort wo es möglich ist, vermieden werden.“
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