Leserbrief
Lobau bis Gmünd: Mobilitätsplanung statt Straßenbau
Leserbrief von Christian Oberlechner, Mobilitäts- und Verkehrssprecher Grüne Bezirk Gmünd
"In einer Sache sind NÖ-Verkehrslandesrat Schleritzko und Wien-BM Ludwig sich einig: Straßenbau. Es muss weiter gehen wie bisher. Die gewaltsame Auflösung der politischen Versammlung (#lobaubleibt) gegen die Straßenbaupläne der Stadt Wien hat Vorbildwirkung und die NÖ-Politik freut sich sicher über Rückenwind aus Wien. Für die Klimabewegung war es ein schwarzer Tag. Für die Wissenschaft ein Schlag ins Gesicht.
Was sagt die Wissenschaft? Die Mobilität wird sich ändern. Entweder weil die Folgen der ungebremsten Erderhitzung so dramatisch werden, dass diese Zukunft sehr viel weniger individuelle Mobilität zulässt, weil wir mit existenziellen Überlebensfragen beschäftigt sind. Oder wir gestalten diese Veränderungen jetzt mit, indem wir mittels Mobilitätswende die Erderwärmung bremsen und für schwierige Zeiten vorsorgen.
Was muss sich ändern? Vor allem muss sich die Herangehensweise an die Mobilitätsplanung grundsätzlich ändern. Bisher wurde das so gemacht, dass die Zunahme an Autoverkehr auf den bestehenden Straßen berechnet wurde, und dann zusätzliche Straßen als Lösung geplant wurden. Die Bauindustrie und Autoindustrie konnten sich auf permanente Aufträge freuen. Mit dieser Idee von Verkehrsplanung wurde und wird noch immer – und das ist wissenschaftlicher Fakt – mehr Verkehr verursacht. Mehr Straßen bedeuten mehr Verkehr, bedeuten mehr CO2. Eine Teufelsspirale ohne Ende.
Statt also immer einen Schritt hinten nach zu sein, müssen wir uns in Zukunft zuerst ein Ziel setzen (z.B. die Reduzierung des Autoverkehrs, Erhaltung der Mobilität) und dann unsere nächsten Schritte planen, um dieses Ziel zu erreichen. Keine Firma würde überleben, wenn sie nicht diesem Prinzip folgen würde. Am Ende dieser viel effizienteren und dem gemeinsamen Ziel der CO2-Reduktion Rechnung tragenden Investitionen steht eine über den Individualverkehr hinausgehende Mobilität für alle, günstig, gesund und vor allem zukunftstauglich. Wir brauchen vor allem am Land den massiven und smarten Ausbau der öffentlichen Verkehrsträger, den Ausbau der „letzten Meile“ (z.B. zum Bahnhof), Radmobilität für den Alltag und auch den Ausbau der Infrastruktur für E-Mobilität. Heute haben wir die Mittel und die Zeit dazu noch. Das wird nicht immer so bleiben.
Die Zeit drängt: Wir müssen die gesetzten und überlebensnotwendigen Klimaziele auch in Bezug auf die Mobilitätsentwicklung jetzt sofort umzusetzen. Statt Energie in den Widerstand gegen Alternativen zu verschwenden, müssen wissenschaftliche Erkenntnisse umgesetzt werden. Dazu braucht es für das Waldviertel, wie schon lange gefordert, den Vollausbau der FJ-Bahn auf 72 Minuten und Reaktivierung und Bau von Regionalbahnen als Kernstück dieser Mobilitätswende. Und vor allem mutige Politiker*innen, die sich den Bürger*innen und nicht den Konzernen verpflichtet fühlen. Wir wissen, dass die NÖ-Politik mit Steuergeldern Straßen bauen kann. Jetzt muss sie beweisen, dass sie auch eine Klimakrise bewältigen kann."
Christian Oberlechner
Mobilitätssprecher Grüne Bezirk Gmünd
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