"Blut und Tränen-Jahr"
Schwierige Zeit für die Gmünder Industrie
Wie geht's der Gmünder Industrie? Diese Frage stand im Zentrum einer Podiumsdiskussion mit Vertretern der Firmen Leyrer + Graf, Eaton und Elk. Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter saßen gemeinsam am Tisch und schilderten ihre Perspektive.
SCHREMS. Vor dem Hintergrund, dass die letzten Monate für die Gmünder Industrie nicht leicht waren, lud die Firma Eaton zur Diskussion in ihrem Werk in Schrems. Gesprochen wurde über die derzeitige wirtschaftliche Situation und wie es die nächsten Monate weitergeht.
Neue Herausforderungen
"2023 war schwierig, aber nicht so schlecht", antwortete Stefan Graf, CEO von Leyrer + Graf, auf die Frage, wie das letzte Jahr für sein Unternehmen verlief. Die Bauindustrie habe die vorangegangenen Coronajahre besser überstehen können als andere Branchen. "Wir hatten keine Kurzarbeit und keine Schließungen, ganz im Gegenteil - es wurde sogar ein kräftiger Investitionsschub ausgelöst, der bis jetzt nachhallte", so der Baumeister.
Üblicherweise spüre die Bauindustrie Auswirkungen von Krisen aber erst ein oder zwei Jahre später als andere Bereiche. Der Druck habe aufgrund der Inflation und Baukostensteigerung zugenommen und da sei man nun "richtig drin". Auf der Baustelle sei es bis in den Spätherbst sehr gut gelaufen, dann folgte der Einbruch speziell im Hochbau. "Wir sind aber in der glücklichen Lage, dass, wenn es im Hochbau einmal nicht so läuft, auf eine andere Sparte wechseln zu können", erläutert Betriebsratsvorsitzender Karl Votova.
Trotzdem sei es momentan eine schwierige Zeit. Man müsse sich ganz neuen Herausforderungen stellen und sei gefordert, neue Wege zu gehen. "Ich bin jetzt seit elf Jahren in der Geschäftsführung und so hart wie jetzt war es noch nie", sagt Graf. Dementsprechend werden auch die nächsten Monate interessant. Trotzdem wird positiv nach vorne geschaut, denn jede Krise biete auch eine Chance für Weiterentwicklung. Nach jedem Tief komme wieder ein Hoch. Oder in Stefan Grafs Worten:
"Dieses Jahr ist ein Blut und Tränen-Jahr, das nächste wird nur ein Tränen-Jahr und dann wird's hoffentlich wieder normal."
Hausbau nimmt wieder Fahrt auf
In der Fertighaus-Industrie und so auch bei Elk in Schrems habe es zwei Jahre lang ein "extremes Vakuum" gegeben, die Menschen hätten nicht gebaut, berichtet Prokurist Markus Schandl. Das vergangene Jahr wolle man lieber abhaken. Die Verkaufszahlen von Einfamilienhäusern gehen aber wieder stark hinauf, auch das Interesse an B2B-Projekten steige deutlich. Viele, vor allem junge Menschen, wollen sich den Traum vom Eigenheim erfüllen, wozu sich jetzt eine gute Gelegenheit biete. Vom Vorkrisen-Niveau sei man aber noch deutlich entfernt.
"Vor zwei Jahren wurden im Dreischichtbetrieb 1.100 Einfamilienhäuser gebaut, heuer werden es 550 im Einschichtbetrieb",
so Schandl. Betriebsratsvorsitzender Christian Zemann berichtete davon, in den letzten Jahren viele gute Mitarbeiter verloren zu haben. Es gehe aber wieder bergauf und es wird auch in den Standort investiert: In Schrems ist die Errichtung eines rund zwei Hektar großen neuen Fertigungswerks für 2.000 Häuser geplant.
Felder ausgeweitet
Markus Rametsteiner, Manager der Eaton-Werke Schrems und Suchdol nad Lužnicí, bezeichnet die letzten Monate als spannend.
"Auch wir bekamen die rückläufigen Zahlen in der Bauindustrie zu spüren, konnten dies aber mit unserem diversifizierten Branchenumfeld und neuen Feldern wie Erneuerbare Energie und E-Mobilität kompensieren",
erläutert Rametsteiner. Auch Eaton habe in der Pandemie vor einem außergewöhnlich hohen, zusätzlichen Bedarf gestanden, die Produktionsanlagen wurden "bis aufs Letzte ausgereizt", sagt Betriebsratsvorsitzender Werner Müller. Eine Zeit lang sei man auf dem hohen Level stagniert, jetzt könne man von einer Art Normalisierung sprechen, die derzeit passiert. So wurde die Produktion in den letzten Monaten wieder ein Stück weit zurückgefahren. Die Auslastung beim Maschinenbau sei aber noch immer enorm. Dementsprechend musste in manchen Abteilungen das Schichtmodell geändert werden.
Um vorbereitet für zukünftige Herausforderungen zu sein, wird am Standort Schrems in Kapazitätserweiterungen investiert, die im nächsten Jahr abgeschlossen sein werden. Ein zentrales Thema ist auch Digitale Transformation. Mitte 2024 wird ein Lernzentrum eröffnet, wo den Mitarbeitern neue Industrie 4.0 Technologien nähergebracht werden.
Weniger Bürokratie
Von der Politik würden sich die Unternehmen grundsätzlich vor allem bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft wünschen, um für wettbewerbsfähige Marktbedingungen zu sorgen. Auch das immer mehr werdende Übermaß an Bürokratie und Reglementierungen mache das Wirtschaften schwer.
Es gäbe aber eine gute Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern im Bezirk Gmünd. Allgemein müsse sich das Waldviertel in Europa nicht verstecken: Man habe viele großartige Betriebe, Mitarbeiter, die anpacken, und einzigartige regionale Produkte, auf die man stolz sein könne.
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