Waldviertler Hopfenernte
Die "weibliche Seite" des Bieres
Die diesjährige Waldviertler Hopfenernte steht ganz im Zeichen der "weiblichen Seele" des Bieres.
REGION. Bier – ein Getränk für Männer, gebraut von Männern. Klingt plausibel, ist aber nur bedingt richtig. Denn es ist historisch belegt, dass die ersten Bierbrauer und -trinker Frauen waren. Schon im alten Ägypten und bis ins 15. Jahrhundert waren es größtenteils Frauen, die für das Bierbrauen – sowohl für private als auch für kommerzielle Zwecke – verantwortlich waren. Brauen war eine Haushaltstätigkeit wie Kochen und Backen. Im Mittelalter gehörte der Braukessel sogar zur Mitgift, und statt der heutigen Kaffeekränzchen gab es "Bierkränzchen". Durch geschäftstüchtige Mönche wurde das Bier nach und nach kommerzialisiert und das Brauen gelangte in Männerhand.
Vor einigen Jahren begannen Frauen, sich wieder mehr für die Kunst des Bierbrauens zu interessieren. Eine von ihnen ist die 25-jährige Karin Thaller, die die Lehre zur Braugesellin abgeschlossen hat und aktuell auf ihre Meisterprüfung hinarbeitet – als eine von zehn Frauen in ganz Österreich. Gemeinsam mit Waldviertler Hopfenbauern führte sie Journalistinnen durch die diesjährige Hopfenernte für die Privatbrauerei Zwettl, zu deren Unternehmensverbund auch die Bierwerkstatt Weitra gehört.
Eine Dolde – ein Seidel
Schon die "Seele des Bieres" – nämlich der Hopfen – ist weiblich, denn für die Herstellung werden die weiblichen Hopfenteile, die sogenannten "Dolden" oder "Blüten", verwendet. Nur sie haben die gelben Drüsen mit dem begehrten Bitterstoff Lupulin. Aktuell findet im Waldviertel, das sich als eine von nur drei Regionen in ganz Österreich für den Hopfenanbau eignet, die Hopfenernte statt. Die fünf Partner-Landwirtefamilien der Privatbrauerei Zwettl ernten in elf Hopfengärten auf rund 14 Hektar.
Dabei sind viele Hände gefragt: Bei der Ernte werden die Hopfenranken maschinell von den Klettergerüsten gezogen und anschließend von Hand in eine Spezialmaschine eingespannt, wo die Dolden von den Ranken abgezupft werden. Nachdem der Hopfen getrocknet wurde, lagert er einige Wochen auf den speziellen Dachböden der Hopfendarren, bevor er zu Ballen gepresst, von Hand in Säcke vernäht und zu Pellets verarbeitet wird. Rund 23.000 Kilogramm Hopfen werden im Waldviertel geerntet – eine Hopfendolde ergibt ein Seidel Bier.
Regionalität hatte schon immer einen großen Stellenwert. "Wir verwenden immer schon Brauzutaten aus der Region", weiß Karl Schwarz, der die Brauerei Zwettl in der fünften Generation führt. Die Revitalisierung des Hopfenanbaus im Waldviertel fand auf Initiative von Karl Schwarz sen. statt.
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