Tag der Gebärdensprache
Als Dolmetscherin die Zeichen richtig deuten
Am 23. September ist Internationaler Tag der Gebärdensprache. Er soll die Sprache der Leisen laut werden lassen. Die BezirksRundSchau hat die Gebärdendolmetscherin Carina Pachner zum Interview gebeten.
GRIESKIRCHEN. "Taubstumm sagt man nicht mehr", klärt die Grieskirchnerin Carina Pachner auf. Die 33-Jährige ist Gebärdendolmetscherin und damit oft Bindeglied zwischen hörender und nicht hörender Welt. Die meisten Gehörlosen sind jedenfalls nicht stumm, sondern sehr wohl in der Lage, eine Stimme hervorzubringen. Somit sei der veraltete Begriff nicht nur diskriminierend, sondern auch falsch. Die Sprache Gehörloser ist zwar leise, dafür aber so ausdrucksstark wie kaum eine andere. Auch darauf soll der Internationale Tag der Gebärdensprache aufmerksam machen.
Es war ein logischer Schritt
"Die Gebärdensprache ist unglaublich körperbetont, es kommt viel mehr Mimik zum Einsatz, und die Menschen sind vom Blickkontakt abhängig.
Gehörlose sind einander während einer Unterhaltung viel zugewandter und kommunizieren fokussierter"
, so Pachner. Das habe sie schon in jungen Jahren begeistert, und als die ausgebildete Logopädin dann im Berufsalltag öfter mit hörbeeinträchtigten Menschen zu tun hatte, war das Erlernen der Gebärdensprache für sie so etwas wie ein logischer nächster Schritt. 2018 schloss Pachner die dreijährige Ausbildung zur Gebärdendolmetscherin erfolgreich ab und arbeitet seither – wie die meisten in dieser Branche – als selbstständige Übersetzerin.
Mentale Stärke ist gefragt
Zum Erlernen dieses Berufs braucht es vor allem Interesse an einer neuen Sprache. Immerhin umfasst die österreichische Gebärdensprache fast 20.000 Wörter und hat zudem unterschiedliche regionale Dialekte. So werden zum Beispiel Wochentage in Oberösterreich anders als in Wien gezeigt. Essenziell ist auch ein wenig Talent für das schnelle und koordinierte Ausführen der Gebärden sowie ein gewisses Maß an mentaler Stärke. Neben typischen Einsätzen wie beispielsweise dem Übersetzen bei Behördengängen, Vorträgen oder in Schulen zählen etwa auch Termine beim Arzt oder sehr sensible Gespräche bei einem Psychotherapeuten zu Pachners Aufgabengebieten.
"Wenn zum Beispiel jemand eine schlimme Diagnose bekommt oder in einem Therapiegespräch sehr persönliche Dinge erzählt, kann man auch als Profi kurzzeitig an seine Belastungsgrenzen kommen."
Große Verantwortung
Man dürfe hinterher schon seine Anteilnahme zum Ausdruck bringen. Während solcher Situationen müsse man aber Berufliches und eigene Emotionen strikt voneinander trennen. Zudem gelte eine strenge Verschwiegenheitspflicht. In manchen Situationen braucht es trotzdem mehr als das klassische Übersetzen. So habe sie schon einmal ein "Beinahe-Kündigungsgespräch" gedolmetscht. "Da stand echt ein Arbeitsplatz auf dem Spiel", erinnert sich Pachner. In solchen Momenten habe man eine große Verantwortung und muss vielleicht auch darauf hinweisen, wie etwas beim Gegenüber ankommen könnte, um etwaigen folgenschweren Missverständnissen vorzubeugen. Oberstes Gebot bleibe dennoch, Professionalität zu wahren. In Bereiche, in denen man das Gefühl hat, dieses Gebot nicht einhalten zu können, sollte man nicht gehen. Bei Pachner sind das etwa Begräbnisse. Eine Geburt würde sie hingegen gerne einmal als Dolmetscherin begleiten.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.