Tausche eine Stunde Bügeln gegen Mopedreparatur

- Rainer Tüchlberger will eine Nachbarschaftshilfe-Börse organisieren. Dann kann er zum Beispiel Erdäpfel gegen Gartenarbeit tauschen.
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Hartkirchner rufen eine Börse für Nachbarschaftshilfe ins Leben
HARTKIRCHEN (mak). Rainer Tüchlberger ist in der Erwachsenenbildung für die katholische Kirche tätig. Daneben bewirtschaftet er einen großen Obst- und Gemüsegarten. Dort erntet er oft mehr, als er für den Eigenbedarf benötigt. Den Überschuss möchte er seinen Mitbürgern anbieten. Allerdings nicht gegen Geld. Ihm schwebt Zeit als neue Währung vor. Den Äpfeln aus seinem Garten, die er selbst nicht verbraucht, gibt er einen bestimmten Zeitwert. Diesen Wert kann er zum Beispiel gegen Mithilfe bei der Gartenarbeit tauschen.
Tüchlberger möchte in Hartkirchen und Umgebung eine Gruppe gründen in der Talente, Leistungen und Waren ohne Geld auf Zeitbasis getauscht werden. „So können wir die regionale Gemeinschaft stärken. Nachbarschaftshilfe bedeutet mehr Lebensqualität, ohne dass man dafür Geld in die Hand nehmen muss“, sagt er. Das Prinzip ist ganz einfach. Leute, die bei dieser Zeitbank oder Tauschbörse mitmachen möchten, bieten Tätigkeiten an, die sie gut können und die sie vor allem gerne machen. Das reicht vom Babysitten über Einkäufe für die ältere Nachbarin erledigen bis zur Hilfe beim Installieren eines neuen Computerprogramms oder kleinere Reparaturarbeiten im Haus. Eine Stunde Gitarrenunterricht kann zum Beispiel gegen eine Stunde Hilfe bei der Arbeitnehmerveranlagung getauscht werden. Über die Dienste, die im Netzwerk angeboten werden, informieren eine Vereinszeitung, die Website und regelmäßige Treffen. Ganz wichtig dabei ist, dass jede Leistung gleich viel wert ist. Eine Stunde ist eine Stunde. „Es sind so viele Talente da. Wenn wir uns in der Region vernetzen, profitiert jeder davon“, ist Tüchlberger überzeugt.
Schon neun Gruppen mit 850 Mitgliedern in Oberösterreich
In Oberösterreich gibt es derzeit neun solcher Regionalgruppen mit insgesamt rund 850 Mitgliedern. Viele beteiligen sich mangels Vertrauens in das Finanzsystem an diesen Zeitbanken. „Geld gibt mir nur ganz begrenzt Sicherheit. Besser ist es, in ein gutes Netzwerk eingebunden zu sein“, sagt Rainer Tüchlberger.
Initiiert wurden die Tauschgruppen in Oberösterreich vom Rieder Tobias Plettenbacher, der sich seit 2005 intensiv mit dem Thema Geld beschäftigt. Er hat vor einigen Jahren seinen Beruf als Landschaftsökologe an den Nagel gehängt, das Buch „Neue sGeld – neue Welt“ verfasst und widmet sich nun ganz dem Verein „Timesozial“. „Eine friedvolle, lebenswerte Welt wird meiner Meinung nach nur bei einer Änderung unseres Geld- und Gesellschaftssystems möglich sein“, sagt er. Ihm schweben weitere Modelle, die auch die Wirtschaft mit ins Boot holen sollen. In Vorarlberg gibt es bereits solche Netzwerke.
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