Vielen Wirten droht die letzte Sperrstunde
Hohe Personalkosten und bürokratische Hürden zählen zu den Gründen für das "Wirtesterben".
BEZIRKE (fui). Am Montag, 30. April wird im Gasthaus Lugmayr in Grieskirchen die letzte Sperrstunde schlagen. "Der Abschied fällt mir schwer, schließlich bin ich schon seit 40 Jahren hier", erklärt der Wirt Günther Lugmayr. Eigentlich wollten er und seine Frau den 1978 gegründeten Familienbetrieb bis zur Pension weiterführen. Doch die schwere Erkrankung seiner Frau macht den beiden einen Strich durch die Rechnung. Die Entscheidung wäre nicht leicht gefallen, denn das Herz hänge an Gasthaus und Gästen, meint der Wirt: "Wir treten die Flucht nach vorne an. Eine Nachfolge findet sich nicht – keiner will das Gasthaus übernehmen." Da sich kein Pächter findet, bräuchte Lugmayr mindestens zwei Angestellte. Diese seien aber nicht leistbar und schwer zu finden.
Dazu kommen bürokratische Hürden, die es den Wirten zunehmend schwierig machen. "Die Registrierkasse ist dabei wirklich das geringste Übel, aber die ganzen schriftlichen Dokumentationen sind unheimlich zeitraubend. Das ist frustrierend, denn unser Kerngeschäft ist das Wohl der Gäste", so Lugmayr.
"Ohne Familienbetrieb geht gar nichts", meint Hubert Hellmayr, der den 1777 gegründeten "Hiaslwirt" in Eferding in 13. Generation führt. "Obwohl es bei uns sehr gut läuft, ist Fremdpersonal ein Luxus. Als Wirt macht man so ziemlich alles selbst, denn anders wäre der Betrieb nicht zu führen", so Hellmayr.
"Die Kommunikationszentrale"
"Eine Kirche, eine Schule, eine Gemeinde und einen Wirt – das braucht jede Gemeinde", erklärt Peter Oberlehner, Bürgermeister von Pötting. Nachdem der einzige Wirt in der 550-Seelen-Gemeinde zugesperrt hatte, kaufte die Gemeinde das Gasthaus und verpachtet es seit Juli 2010. "Der Wirt ist die Kommunikationszentrale einer Gemeinde. Da kommen von der Feuerwehr bis zu den Sportlern alle zusammen – das ist wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt", so der Bürgermeister. Zwar habe die Gemeinde "sehr viel Arbeit" mit dem Gasthaus, aber das sei es wert, meint Oberlehner.
"Unsere Gäste haben uns massiv unterstützt und immer wieder dazu ermutigt, weiterzumachen. Dafür bin ich wirklich dankbar. Aber es geht nicht mehr", schließt Lugmayr ab.
Die Zukunft heißt Selbstbedienung
Kommentar von Florian Uibner
Was sind die Gründe für das oft zitierte "Wirtesterben"? Die bürokratischen Hürden? Der Fachkräftemangel? Oder haben sich die Gäste und deren Ernährungsgewohnheiten verändert? Es sind viele Faktoren, die hier zusammenspielen. Die Bürokratie ist ein Hemmnis für Wirte, der Fachkräftemangel ist eklatant und das Vor- und Zurückrudern der heimischen Politik, wie etwa beim Rauchverbot in Lokalen, macht es den Wirten ebenfalls nicht leicht. Vielleicht ist auch die Bereitschaft vieler gesunken, für Qualität beim Essen den angemessenen Preis zu bezahlen – während Fast Food boomt, verhungern die Wirte. Bleibt noch das rätselhafte Verhalten mancher Gäste, die sich lieber im vermeintlich hippen Systembetrieb eines Franchise-Nehmers selbst bedienen und dafür genauso viel wie in einem Lokal mit ordentlicher Bewirtung bezahlen.
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