Wenn das Trinken zu einer Krankheit wird
Erst Genuss, dann oft Missbrauch, und nicht selten wird der Alkoholkonsum letztlich zur echten Krankheit.
BEZIRK (raa). Der Einstieg ist oft schleichend, über Jahre, und endet viel zu oft in einer menschlichen Tragödie. "Selbst das 'gesunde' Achterl Wein ist mit Vorsicht zu genießen", weiß Pauline Stürzenbaum von der Alkoholberatung des Landes Oberösterreich in Grieskirchen. "Niemand wird plötzlich süchtig – vielmehr entwickelt sich die Abhängigkeit nach und nach." Eine Alkoholerkrankung besteht nicht erst dann, wenn "Alkohol täglich und schon morgens 'gebraucht' wird" – darin sind sich Experten einig. "Ein Zeichen ist auch, wenn weitergetrunken wird, obwohl schon Probleme in Familie, Job oder ein Entzug des Führerscheins auftreten, also bereits soziale oder körperliche Folgeschäden drohen", so Stürzenbaum.
Laut dem Bundesministerium für Gesundheit gelten rund 350.000 Menschen in Österreich als alkoholkrank. Knapp 735.000 konsumieren Alkohol in einem gesundheitsschädlichen Ausmaß, so das "Handbuch Alkohol – Österreich". In der Alkoholberatung in Grieskirchen hat die Zahl der Beratungen in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. "Viele, die kommen, sind im Leben schon irgendwo ange-eckt. Die Mehrheit kommt mit dem Wunsch, ihr Trinkverhalten zu verändern", weiß Stürzenbaum aus ihrer täglichen Arbeit. "Allerdings werden einige wegen einer behördlichen Auflage geschickt oder auf Anweisung vom Arbeitgeber." Ab einem Verkehrsdelikt mit über 1,6 Promille kommt von der Bezirkshauptmannschaft die Empfehlung, sich in der Alkoholberatungsstelle zu melden.
Gefährdet ist nahezu jeder
Probleme mit Alkohol ziehen sich quer durch alle Alters- und Berufsschichten. Die Klientel in den Alkoholberatungsstellen ist bunt gemischt. "Die Mehrheit steht mitten im Leben. Viele haben auch schon viel verloren. Bei ebenso vielen geraten das Leben und der Alltag langsam aus den Fugen", so die für Suchterkrankungen ausgebildete Stürzenbaum. Oft stehen der Job oder die Partnerschaft bereits auf der Kippe. Der erhobene Zeigefinger ist bei Alkoholkranken sicher fehl am Platz. "Man muss dahinter schauen. Was sind die Hintergründe, was ist die Funktion des Alkohols für den jeweils Betroffenen?" Alltagsprobleme, Schlafstörungen, Ängste oder Alleinsein – Gründe zum Trinken finden sich viele. Und genau darin liegt die Gefahr. "Entspannungs- und Entlastungstrinken kann sehr schnell in eine Abhängigkeit kippen."
Jede Sucht hat ihre Ursachen
In der Beratungsstelle beleuchtet man die Hintergründe sehr genau, um eben diese Faktoren letztlich als Gründe für den Konsum zu hinterfragen. "Es gibt immer Alternativen zum Trinken und Bewältigungsstrategien zum 'Runterkommen'."
"Ein, zwei Bier, dann fühle ich mich relaxt", hört man oft. "Das Problem ist, wenn das regelmäßig passiert, gewöhnt sich der Körper daran und verlangt nach immer mehr", erklärt Stürzenbaum.
Der Weg in die Krankheit geschieht nur allzu leicht und schleichend. Die Entwöhnung ist mitunter mühsam und langwierig. Der körperliche Entzug kann lebensbedrohlich sein und sollte unter ärztlicher Aufsicht, am besten in einem Krankenhaus, durchgeführt werden. "Eine folgende stationäre Entwöhnungstherapie bewirkt oft gute Stabilität in der Alkoholabstinenz und liefert das 'Werkzeug' für den Alltag. Unbedingt folgen sollte die Nachsorge anhand von Einzelgesprächen oder Gruppenbesuchen in Haag am Hausruck und Grieskirchen", betont Stürzenbaum. Eine Gruppe der Anonymen Alkoholiker trifft sich in Gallspach. Die Alkoholberatung in Grieskirchen ist unter der Nummer 0664/60072-89560 erreichbar. In Eferding kann man sich unter der Telefonnummer 0664/60072-89559 für ein Beratungsgespräch anmelden.
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