Arbeiterkammer zieht Bilanz
Die Arbeiterkammer Grieskirchen hat es täglich mit den zunehmenden Ängsten der Arbeitnehmer zu tun.
GRIESKIRCHEN (raa). Das Jahr 2016 war auch in Oberösterreich von traurigen Rekorden geprägt. "Die Arbeitslosigkeit stieg weiter und die Arbeitsunzufriedenheit rutschte zwischenzeitlich auf ein nie dagewesenes Tief und der Zukunftsoptimismus der Arbeitnehmer brach dramatisch ein", so der stellvertretende Arbeiterkammer-Direktor Oberösterreichs, Franz Molterer. "Gerade die Großindustrie in Oberösterreich stellt immer wieder den Wirtschaftsstandort und die Wettbewerbsfähigkeit in Frage, dabei jagt bei diesen Unternehmen ein Rekordgewinn den anderen", so Molterer weiter. "Das 'krankjammern' ist bei den Arbeitnehmern angekommen."
Fast 5000 Anfragen in Grieskirchen
"Vor allem die telefonische Rechtsberatung hat sich bestens bewährt: dem Großteil der 3.400 Anrufer wurde sofort geholfen", berichtet die AK-Bezirksstellenleiterin Elisabeth Marschalek. Doch bei vielen Arbeitsrechtsproblemen ist mit der Beratung nicht getan. Immer wieder musste die Arbeiterkammer bei den Arbeitgebern intervenieren. 87 Prozent der Rechtsfälle betrafen Firmen, die keinen keinen Betriebsrat haben. "Ein starker Betriebsrat wirkt wie ein Bollwerk gegen Arbeitsrechtsverstöße, in dem er bereits im Betrieb über die Einhaltung des Arbeitsrechts wacht", so Marschalek. Nicht einmal zehn Prozent aller oberösterreichischen Betriebe, die eine solche Arbeitgebervertretung haben dürften, haben einen Betriebsrat. "Dabei sind die Betriebe, mit denen mit Betriebsrat alles klappt, die erfolgreichsten, während die anderen oft mit Problemen, bis hin zur Insolvenz, zu kämpfen haben", beschreibt Molterer seine Erfahrung.
Rund 2,4 Millionen Euro erstritten
Durch außergerichtliche Interventionen brachte die AK Grieskirchen im Vorjahr 72.034 Euro an vorenthaltenem Entgelt ein. Durch Rechtsvertretung vor dem Arbeits- und Sozialgericht wurden 97.892 Euro erkämpft", so die Bezirksstellenleiterin. Hauptgründe hierfür sind vorenthaltenes Entgelt, Differenzen um die Endabrechung bei der Beendigung von Dienstverhältnissen sowie ungerechtfertigte Entlassungen.
In Sozialrechtsangelegenheiten erstritt die AK mehr als 1,2 Millionen Euro. Dabei ging es in erster Linie um Pensionsansprüche und Pflegegeld. Über eine Million wurde für die Mitarbeiter, die von Insolvenz der Betriebe betroffen waren, durchgesetzt.
Problem der Leiharbeit
"Besonders häufig kamen verunsicherte Arbeitnehmer aus dem Bereich Leiharbeit in die Beratung, da sich in dieser Branche die Arbeitgeber besonders häufig vor der Entgeltfortzahlung im Krankenstand drücken", so Marschalek. Viele Betriebe melden den Beschäftigten schon am ersten Tag ihres Krankenstandes einfach ab und verssuchen, die Mitarbeiter zur Selbstkündigung zu drängen. Meist verzichten die betroffenen Beschäftigten auf eine Intervention, weil ihnen die Leiharbeitsfirma eine Wiedereinstellung nach Beendigung des Krankenstandes zugesagt hat.
Für einen Arbeiter 14.000 Euro erkämpft
Mehr als dreineinhalb Monate beschäftigte ein Malereibetrieb einen Mann als Arbeiter – und schickte ihn als Außendienstmitarbeiter auf Messen. Dafür hätte er als Angestellter entlohnt werden müssen. Dann kündigte dem Mann auch noch fristwidrig. Unterm Stich erkämpfte die AK für den Mann rund 14.000 Euro.
Flexibilisierung der Arbeitszeit
Nicht verstehen kann Molterer die immerwährende Diskussion der Arbeitgeber um eine Erweiterung der Arbeitszeitflexibilität. "Die ist rechtlich ohnehin kaum eine Frage und möglich. Offen bleibt die Frage der Überstundenentlohnung. Zudem wird diese Debatte teilweise unseriös geführt und wir müssen aufpassen, nicht in das Eck der Verhinderer gedrängt zu werden", so Molterer. "Für eine Flexibilisierung braucht es nur eine Betriebsvereinbarung", so der Vize-AK-Chef. "Eine solche kann aber nur in Betrieben mit einem Betriebsrat vereinbart werden."
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