Neugründung
Tipps für den Schritt in die Selbstständigkeit

CanLab Art Projects von Daniel Rappitsch bietet Graffiti-Kunst als Teamevent-Erlebnis. | Foto: Christian Pecksteiner
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  • CanLab Art Projects von Daniel Rappitsch bietet Graffiti-Kunst als Teamevent-Erlebnis.
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Von Jänner bis Juni wurden in den Bezirken Eferding und Grieskirchen 200 neue Unternehmen gegründet und 14 bestehende neu übernommen. Wir haben bei Jungunternehmern aus verschiedenen Branchen Tipps eingeholt für alle, die vor dem Schritt in die Selbständigkeit stehen.

BEZIRKE GRIESKIRCHEN/EFERDING. Die Wirtschaftsregion Eferding-Grieskirchen boomt. Insgesamt 156 neue Unternehmen wurden laut Auskunft der Wirtschaftskammer (WKO) im ersten Halbjahr im Bezirk Grieskirchen registriert, im Bezirk Eferding waren es 58. „Die Branchen mit den meisten Gründungen waren im ersten Halbjahr Gewerbe und Handwerk mit 106 und der Handel mit 60 Unternehmen“, informieren die WKO-Bezirksstellenobmänner Tobias Luger (Eferding) und Günther Baschinger (Grieskirchen). Um erfolgreich zu gründen braucht es laut Sandra Mitter, Vorsitzende der Jungen Wirtschaft (JW) Eferding, vor allem viel Information: „Der Schritt in die Selbständigkeit ist fast immer ein Sprung ins eiskalte Wasser und mit vielen Stolperfallen verbunden. Sich vorab gut zu informieren ist das Um und Auf.“ Sie selbst hat gemeinsam mit Mutter und Tante mimimiandfriends.at gegründet. „Ich frage mich lieber jetzt, was daraus werden kann, als in zehn Jahren, was daraus hätte werden können“, so Mitter. Daniel Rappitsch aus Hartkirchen hat ebenfalls den Sprung in die Selbständigkeit gewagt.

Graffitis als Geschäftsbasis

Der talentierte Graffiti-Sprayer verlor zu Beginn der Pandemie seinen Job. Auf der Suche nach einer Alternative gründete er seine eigene Firma „CanLab Art Projects“. Das Geschäftsmodell: Graffiti-Kunst als Teamevent. „Teamevents zu Zeiten von Corona – auch im Nachhinein betrachtet eigentlich ein verrückter Plan“, so Rappitsch. Die Outdoor-Veranstaltungen des Hartkirchners sind durch Masken, Handschuhe und Abstand allerdings coronatauglich. Sowohl die Pandemie als auch sein fehlendes wirtschaftliches Know-how bezeichnet der Kreative als größte Hürden. „Das Rundherum ist immens und ich habe das – ehrlich gesagt – auch unterschätzt. Zum Glück, weil ich nicht weiß, ob ich mich sonst in die Selbstständigkeit gestürzt hätte.“ Als größte Hilfe nennt er seinen endlosen Optimismus und seine Ehefrau. Allen, die vor dem Schritt in die Selbständigkeit stehen, rät er: „Wer es nicht probiert, weiß nicht, ob es gut geht. Man sollte auf das eigene Bauchgefühl hören und nicht darauf, was andere sagen. Wenn man von seiner eigenen Idee überzeugt ist und der Partner, die Partnerin mit an Board ist, kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Und wenn einmal etwas schief geht, man schlecht kalkuliert und dadurch auch einmal Geld in den Sand setzt: Das gehört dazu und aus solchen Fehlern lerne ich immer wieder.“

Netzwerke als Starthilfe

Der Gaspoltshofener Florian Oberndorfer bietet mit seinem Ein-Personen-Unternehmen (EPU) „flobit“ IT-Services und Consulting an. Er nennt die Ungewissheit als größte Hürde beim Sprung ins Unternehmertum. „Am Anfang stehen einfach viele Fragezeichen. Bei manchen Themen gibt es Unterstützung, über anderes muss man sich einfach drüber wagen“, so Oberndorfer. Der IT-Spezialist hat viele Jahre mit dem Gedanken an eine Selbstständigkeit gespielt. „Als die Entscheidung gefallen ist, war das Gründerservice der Wirtschaftskammer (WKO) eine enorme Hilfe. Es unterstützt mit vielen Leistungen und nimmt den Schrecken vor den vielen formellen Hürden, wie zum Beispiel der Erlangung eine Gewerbeberechtigung.“ Für ihn war immer der Austausch wichtig. „Gerade als EPU ist ein kleines oder auch größeres Netzwerk eine sehr große Hilfe. Auch die Junge Wirtschaft leistet hier sehr wichtige Vernetzungsarbeit“, stellt der Gaspoltshofener fest. Sein Rat: „Nichts überstürzen, einen Plan haben, auf bestehende Unterstützungsangebote zurückgreifen und dann: machen. Mir persönlich war auch wichtig, einen Plan B zu haben.“

Gründerservice nutzen

„Die gewerbliche Neugründung war kein Problem, da unsere WIrtschaftskammer mich toll beraten und unterstützt hat“, sagt auch der Peuerbacher Ronald Hofer. Für „Rony’s Schnapsladen“ war die richtige Kalkulation der Produkte, die im eigenen Hofladen verkauft und an regionale (Bio-)Läden geliefert werden, im Fokus. Spezielle Sorten sind sein Markenzeichen und Produkte wie der sizilianische Bio Blutorangen Brand sein USP. In den Gründer-Workshops der WKO geben Spezialisten Tipps zur professionellen Erstellung eines Unternehmenskonzeptes, zur richtigen Markteinschätzung, zur Mindestumsatz-Berechnung und zu Fragen der Finanzierung und Förderung. Der nächste Gründer-Workshop findet am 26. August in Grieskirchen statt. „Vorab beantwortet die Website des Gründerservice www.gruenderservice.at bereits viele Fragen zu Gründung, Förderung und Gewerberecht“, so Mitter. Im Bezirk Eferding findet alle zwei Monate ein Jungunternehmer-Stammtisch im Stiftshof Aschach/Donau statt. „Eine tolle Möglichkeit, sich mit anderen Unternehmern auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. Natürlich sind auch Unternehmer aus anderen Bezirken willkommen“, lädt Mitter ein. Der nächste Stammtisch findet am 13. September um 19 Uhr statt. Anmeldungen über WKO eServices-Website online.wkooe.at in der Rubrik Veranstaltungen.

Alles, was recht ist

Als häufigste Haftungs- und Schuldenfalle für Jungunternehmer nennt Rechtsanwalt Stefan Holter, geschäftsführender Gesellschafter der Holter-Wildfellner Rechtsanwälte, die mangelnde Unterscheidung zwischen Umsatz und Gewinn: „Als Dienstnehmer kann man mit dem Einkommen, das am Konto landet, persönlich kalkulieren. Viele Unternehmer lassen sich von den vermeintlich hohen Umsatzeingängen am Geschäftskonto blenden und überschätzen damit ihre finanziellen Möglichkeiten.“ Der erfahrene Rechtsanwalt empfiehlt bei der Unternehmensgründung eine detaillierte Rechtsberatung zum Thema Gewerberecht, Betriebsanlagenrecht, Mietrecht und so weiter. „Aber auch Auswirkungen auf das Partnerschafts- und Eherecht sind zu berücksichtigen“, so Stefan Holter. Vorbereitungsgeschäfte – wie etwa der Abschluss eines Mietvertrags für das Geschäftslokal – unterliegen noch den Schutzbestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes. „Nach dem Markteintritt des Unternehmens gelten die strengen Regeln des Unternehmensgesetzbuches“, klärt Holter auf.

EPU, GmbH, GesBR oder OG?

Solange das zu versteuernde Einkommen im Jahr etwa 100.000 Euro nicht übersteigt, ist aufgrund der steuerlichen und auch sozialversicherungsrechtlichen Möglichkeiten das Ein- Personen-Unternehmen (EPU) zu bevorzugen. „Nachteil ist das Haftungsrisiko, da man als Unternehmer auch mit seinem Privatvermögen unbeschränkt für berufsbedingte Schäden haftet“, so Stefan Holter. Der Abschluss einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung und grundbuchrechtliche Absicherungen können das persönliche Risiko reduzieren.

Das persönliche Haftungsrisiko wird durch Gründung einer Gesellschaft mit begrenzter Haftung (GmbH) minimiert. Es gibt auch die Möglichkeit der Gründung einer Ein-Personen-GmbH. „Zur privilegierten Gründung ist lediglich eine sofortige Bareinzahlung von 5.000 erforderlich. Nach zehn Jahren muss das Stammkapital allerdings auf 35.000 erhöht werden, wovon jedenfalls die Hälfte einzuzahlen ist. Für den Rest haftet man allerdings weiterhin persönlich, aber nicht über diesen Betrag hinaus“, erklärt Hofer. Die formelle Gründung mit Anwalt und Notar sowie Eintrag ins Firmenbuch ist notwendig. Es ergeben sich in der Folge höhere Kosten, etwa für die Bilanzierung.

Will man mit Kolleginnen oder Kollegen zusammen ein Unternehmen gründen, gibt es am Anfang die Möglichkeit, eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht (GesBR) zu gründen ohne Eintrag ins Firmenbuch. „Bei größerem Umfang wäre mit ähnlichen Rechten und Pflichten eine Offene Gesellschaft (OG) angezeigt, die auch im Firmenbuch aufscheint. Da die Gestaltung in beiden Fällen relativ frei ist, empfiehlt sich die Ausarbeitung eines detaillierten Gesellschaftsvertrages“, rät Stefan Holter.

Gründer-Workshops der WKO Grieskirchen

26. August  9 - 12 Uhr
15. September 14 - 17 Uhr
21. Oktober  9 - 12 Uhr
17. November 14 - 17 Uhr
16. Dezember 9 - 12 Uhr

Anmeldungen unter Tel. 05/90 909-5350 oder per E-Mail an grieskirchen@wkooe.at. Die Teilnahme ist kostenlos. Es werden auch Online-Gründer-Workshops angeboten. Gründungsexperten bereiten sowohl in den Workshops als auch via Webinar mit Einblicken in Themen wie Gewerberecht, Rechtsformen, Steuern, soziale Absicherung, Markt/Marketing, Finanzierung/Förderung , Businessplan und Gründungsschritte auf die Selbstständigkeit vor. Weitere Gründerveranstaltungen unter www.gruenderservice.at in der Rubrik „Veranstaltungen“.

Premiere: Lange Nacht der Start-ups

Das Gründerservice der WKOÖ reagiert auf das aktive Gründungsgeschehen mit einem erweiterten Leistungsangebot. So werden etwa im Rahmen des Förderprogramms „Gründer-Coaching“ 50 Prozent der Kosten für einen externen Unternehmensberater von WKO und Land OÖ übernommen. Individuelles Know-how bringt auch der Gründerguide. Dieser ist kostenlos auf gruenderservice.at zu finden.  „In den nächsten Monaten werden wir in Kooperation mit der Jungen Wirtschaft auch unser Angebot an Veranstaltungen wieder neu starten", so Peter Polgar, Leiter des Gründerservice der WKOÖ. Konkret wird am 30. September um 16.30 Uhr zur ‚Langen Nacht der Start-Ups‘ in das LIT Open Innovation Center der JKU eingeladen. Ein Netzwerktreffen mit spannenden Talks und erstklassige Key-Note-Speakern zum Wissensaustausch.  Anmeldungen auf der WKO-Website.

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