Stegersbach
Preisabsprachen und Scheinangebote im Baukartell-Sumpf
Der Baukartell-Sumpf um Preisabsprachen und Scheinangebote hat das Burgenland erreicht. So bekannte sich nun der Niederlassungsleiter einer Firma in Stegersbach im Landesgericht Eisenstadt schuldig. Der Ingenieur ist einer von österreichweit rund 860 Angeklagten. Einem der wohl größten Strafprozesse der Nachkriegszeit. Rund 20 burgenländische Baufirmen erwartet in den nächsten Monaten ein Sammel-Verfahren.
BURGENLAND/STEGERSBACH. Mehr als 45 Jahre arbeitete der Beschuldigte, 62, in der TEERAG-ASDAG Hochbau Burgenland GmbH. Diente sich vom Maurer über die Position des Poliers zum Bauleiter und schließlich zum Hochbau- und Niederlassungsleiter hoch. Mit einem monatlichen Netto-Lohn von 6.300 Euro. War in seiner Position für Anbotslegung und rund 300 Angestellte verantwortlich.
Bei 142 Anboten nicht alles sauber
Im Zeitraum 2010 bis 2017 gingen rund 4.200 Wohnbau-Aufträge vom Nord- bis ins Südburgenland durch seine Hände. Sowohl für Genossenschaften, die „öffentliche Hand“ und Privatkunden. Dabei lief aber nicht immer alles sauber und korrekt ab. Denn der Oberstaatsanwalt listete in seiner Anklageschrift 142 Fakten auf, in denen der Firmenverantwortliche, teils als Beitrags- und teils als Bestimmungstäter, rechtswidrige Absprachen geführt hatte. Im Verfahren reduzierte der Ankläger dann, wegen juristischer Neuerungen, auf 116 Delikte.
Scheinangebote bei interessanten Aufträgen
So deponierte der Ingenieur bei „Konkurrenz-Firmen“ sein Interesse an speziellen Aufträgen und „bat“ um erhöhte Scheinangebote. Verkündete telefonisch und per Mail seinen kalkulierten Preis, damit die Mitbewerber höhere Summen veranschlagten. „Speziell dann, wenn wir den Job unbedingt haben und auf keinen Fall verlieren wollten. Zum Beispiel, wenn der Auftrag für uns strategisch und geographisch interessant war!“
Mir war die Tragweite nicht bewusst
Auf diese Weise wurde die Hochbaufirma mit Sitz in Stegersbach häufig zum „Bestanbieter“. Oftmals kamen aber auch andere Betriebe mit „Wünschen“ auf den Niederlassungsleiter der TEERAG-ASDAG zu. „Sie haben aber schon gewusst, dass nicht in Ordnung ist, was sie da machen, oder?“, fragte die Richterin. „Ja! Mir war damals jedoch die Tragweite nicht bewusst!“
Erschreckend, was sich im Bauwesen abspielte
„Ihre Auftraggeber haben sich ehrliche Angebote erwartet. Im Rahmen eines richtigen Bewerbes mit daraus resultierenden niedrigen Preisen!“, warf die Vorsitzende ein. „Unsere Preise waren trotzdem marktorientiert, auch bei Absprachen!“ „Erschreckend, was sich da im Bauwesen abgespielt hat. Da wurde das Vertrauen in einen fairen Wettbewerb erschüttert!“
Vorbestraft wegen Untreue und Geldwäsche
Die Richterin Dr. Karin Lückl hielt weiters fest, dass der Angeklagte bereits im Jahre 2020 vom Landesgericht Eisenstadt verurteilt worden ist. Und zwar wegen Untreue und Geldwäsche. Betreffend Fakten aus den Jahren 2007 bis 2010. Damals hatte er für einen Vorstand Bauleistungen erbracht und über Scheinrechnungen getilgt. Der Senats-Spruch lautete 18 Monate bedingte Haft und eine Geldstrafe in der Höhe von 19.200 Euro.
Angeklagter machte reinen Tisch
Aufgrund der geständigen Verantwortung des Beschuldigten wies der Oberstaatsanwalt darauf hin, dass durch die Mithilfe des Mannes es zu einer raschen Wahrheitsfindung in dieser Causa kommen konnte. Der Niederlassungsleiter somit Licht in diese dunklen Angelegenheiten gebracht und reinen Tisch gemacht hat. Dies sei gerade in der Bau-Branche eher unüblich. Deshalb plädierte er zwar für einen Schuldspruch, aber keine weitere Strafe. Für ihn reiche das Urteil aus dem Jahre 2020.
Schuldspruch aber keine Schadenssummen
Dem schloss sich die Richterin an. Zum bereits rechtskräftigen Spruch „Schuldig“ folgte lediglich die Kostenübernahme des Verfahrens von 500 Euro. Über die enormen Schadenssummen wurde in diesem Verfahren nichts bekannt, da die Privatbeteiligten-Vertreter der geschädigten Genossenschaften keine Beträge nannten und von der Vorsitzenden auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden sind.
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