Güssinger Freiflächen-Photovoltaik
Sharma: "Bei Volksbefragung würde sich für uns nichts ändern"
Stephen Sharma, Vorstand der Energie Burgenland, erklärt, warum die geplante, 120 Hektar große Freiflächen-Photovoltaikanlage in der Nähe des Urbersdorfer Stausees aus seiner Sicht notwendig ist.
Warum setzt die Energie Burgenland auf derartig große Freiflächen-Photovoltaikanlagen, wie eine in Güssing geplant ist?
Das Burgenland soll bis zum Jahr 2030 energieunabhängig sein. Der Ukraine-Krieg zeigt, dass das ein Gebot der Stunde ist. Derzeit müssen wir 50 Prozent unseres Energiebedarfs importieren, vor allem Öl, Gas und Treibstoff. 50 Prozent unserer Energie stammt derzeit aus fossilen Quellen. Wir müssen also mehr Strom und Wärme selber erzeugen, um uns unabhängig von russischem Gas und Öl und osteuropäischem Atomstrom zu machen.
Sollte Photovoltaik nicht vorrangig auf Dächern und vorbelasteten Flächen installiert werden?
Um die verbleibenden 50 Prozent unseres Energiebedarfs zu decken, brauchen wir sieben Terawattstunden Strom bzw. 5.000 Megawatt. Dafür brauchen wir Kapazitäten von 1.700 MW für Windenergie und 3.200 MW für Photovoltaik. Wenn wir alle Dächer, Lärmschutzwände und versiegelten Flächen nutzen, kämen wir nur auf 500 MW.
Wieviele Freiflächen bräuchten wir also im Burgenland?
Die restlichen 2.700 MW bedeuten ungefähr 30 Quadratkilometer. Zum Vergleich: Allein 80 Quadratkilometer liegen im Burgenland brach.
Was entgegnen Sie den Menschen in Güssing, die gegenüber dem 120 Hektar großen Projekt skeptisch sind?
Wer hier politischen Aktionismus betreibt, spielt mit der Versorgungssicherheit und lässt uns in der Energieabhängigkeit von Russland und anderen Ländern. Die Preise für Erdöl und Erdgas steigen massiv, wir müssen mehr Strom selber produzieren. Der billig hier erzeugte Strom kommt auch den Menschen in der Gemeinde zugute.
Sie brauchen für dieses Projekt sehr viel Landschaft.
Die Flächen liegen zwischen Waldabschnitten, man sieht sie von der Straße nicht. Der Boden wird nicht versiegelt, sondern es werden lediglich die Steher für die Module in die Erde gesteckt. Von den 120 Hektar werden nur rund 25 % mit Photovolraikmodulen bedeckt sein. Der Rest sind Wiese und Blühstreifen. Auch Landwirtschaft, Bienenzucht und Schafhaltung sind möglich und geplant.
Ist das Stromnetz überhaupt auf dieses Großprojekt ausgelegt?
Derzeit weder für die vielen privaten noch für die großen PV-Anlagen. Darum werden wir eine neue, 70 Kilometer lange Leitung von Oberpullendorf über Rotenturm nach Güssing bauen. Auch das Umspannwerk in Güssing wird ausgebaut.
Wann soll die neue Leitung fertig sein?
Wir haben die Umweltverträglichkeitserklärung eingereicht, dann folgt die Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Idealfall wäre eine Genehmigung um 2023/2024 und eine Inbetriebnahme 2025. Das ist ein optimistischer Zeitplan, Einsprüche und sonstige Verzögerungen nicht mitgerechnet.
Das heißt, die Photovoltaik kann erst erzeugt werden, wenn die Leitung fertig ist?
Mit der derzeitigen Leitung könnten wir nur einen Teil der Kapazitäten nutzen.
Laut den Grünen gehören 86 Prozent der geplanten Photovoltaikflächen im Burgenland nur vier Großgrundbesitzern. Warum arbeiten sie vorrangig mit diesen zusammen?
Die 86 Prozent stimmen nicht. Es ist nicht einmal die Hälfte. Wir arbeiten zum Großteil mit privaten Grundstücksbesitzern zusammen. Viele bieten auch von selber ihre Flächen an.
Gesetzt den Fall, es kommt in Güssing zu einer Volksbefragung, und die Mehrheit spricht sich gegen die Anlage aus.
Für uns würde sich nichts ändern. Wir haben ein rechtlich genehmigtes Projekt. NGOs waren eingebunden, Sachverständige ebenfalls. Wir haben den Gemeinderat informiert, und während der Bauverhandlung hat es keinen einzigen Einspruch gegeben. Ganz Europa spricht von einer Beschleunigung der Genehmigungen von PV- und Windanlagen.
Wann könnte die Anlage in Güssing fertig sein?
Im Idealfall können wir Ende 2022 mit dem Bau beginnen und im ersten Quartal 2023 den ersten Abschnitt fertig haben.
Warum haben Sie die Bevölkerung in Güssing bis jetzt nicht informiert?
Wir haben immer in Abstimmung mit der Gemeinde agiert. Es ist richtig, dass wir bisher keine Kampagne gemacht haben. Über die Abhaltung einer Informationsveranstaltung entscheidet aber die Gemeinde, wie es auch in Donnerskirchen oder Nickelsdorf der Fall war. Unser Angebot steht jedenfalls.
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