„Ich war damals sehr frech“

Ella Peintner bei ihrem Vortrag im Absamer Pfarrwidum.

„Niemals vergessen“ ist das Motto von Ella Peintner, wenn sie von der Zeit zwischen 1938 und 1945 spricht. Zu ihrer Freude war auch der Saal im Widum bis auf den letzten Platz gefüllt.

ABSAM (sf). Ella Peintner wuchs in den 30er-Jahren in einer christlich-sozialen Familie in Tirol auf. Nur einige Stunden nachdem Nazideutschland am 12. März 1938 in Österreich einmarschiert war, wurde ihr Vater, ein bekennender Gegner des Nationalsozialismus, in Landeck verhaftet und ein paar Wochen später in das KZ Dachau deportiert. „Es war damals für unsere Familie sehr schwer, zur Sorge um unseren Vater kamen auch noch der Verlust des Familieneinkommens und ich, meine ältere Schwester und meine Mutter bekamen keine Arbeit. Niemand wollte damals die Angehörigen von ‚Geächteten‘ einstellen“, erinnerte sich Peintner. „Wir waren damals auf die Unterstützung von guten und gläubigen Menschen angewiesen.“

Die Peintners fanden in Absam über Pfarrjugend viele Freunde
Durch Freunde bekamen sie auch eine Wohnung in Absam vermittelt. Über die Pfarrjugend Absam fanden Ella und ihre Schwester rasch Anschluss in der Gemeinde. Eigentlich waren im Dritten Reich alle kirchlichen Jugendorganisationen aufgelöst worden, in Absam machte man aber einfach weiter. „Wir waren damals eine ganz wunderbare Gemeinschaft, ich habe dort viele Freunde fürs Leben gewonnen.“

Schließlich wurde ihr Vater nach einem Jahr Haft entlassen und die Familienmitglieder fanden sogar Arbeit bei enttäuschten Nationalsozialisten. „Es gab auch bei den Nazis solche und solche, nicht alle waren bis zum Kriegsende fanatisch, manche sahen schon früher ein, dass das Ganze zu nichts Gutem führte.“ Schließlich konnte Frau Peintner doch noch ihre Ausbildung abschließen und Lehrerin werden. „Ich war für die damalige Zeit ziemlich frech und habe nicht verheimlicht, dass ich nichts von den Nazis halte, aber ich hatte auch Glück.“ Mehrere Anzeigen von Denunzianten, die Peintner des damals schweren Deliktes der Wehrkraftzersetzung beschuldigten, wurden nicht ernst genommen oder blieben absichtlich unerledigt liegen.

Nach dem Krieg begegnete ihr Vater zufällig dem Mann, der damals für seine Verhaftung gesorgt hatte. „Mein Vater konnte sich ganz normal mit diesem Mann unterhalten. Er hat immer zu mir gesagt: ‚Hass macht alles nur noch schlimmer und vergiftet die Seele. Nicht um Rache geht es, sondern dass die Gräuel von damals nie vergessen werden.‘ Nach diesem Prinzip hab ich auch gehandelt“, erklärt Peintner. „Nach dem Krieg wollten viele so tun, als ob nie etwas gewesen wäre. Dagegen habe ich immer angekämpft.“

Im Publikum waren noch viele ältere Absamer, die sich persönlich an diese Zeit erinnern konnten und auch über ihre Erfahrungen berichteten. Der neue Leiter des Absamer Museums, Matthias Breit, moderierte den Abend und zeigte bei einer Powerpointpräsentation zahlreiche alte Fotos und historische Dokumente.

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