Freispruch: betrügerische Krida
Senat zweifelt an belastenden Aussagen
Nach neun Verhandlungstagen endete nun am Landesgericht St. Pölten ein Prozess, bei dem sich vier Brüder, sowie ein 53-jähriger Unternehmer unter anderem wegen betrügerischer Krida und Steuerhinterziehung zu verantworten hatten, eher überraschend mit noch nicht rechtskräftigen Freisprüchen. Es gilt die Uschuldsvermutung.
KREMS/HERZOGENBURG. Ausgangspunkt für den Prozess war die Überprüfung der Vermögenssituation einer insolventen Transportfirma, des ebenfalls in Konkurs gegangenen Folgeunternehmens, sowie einer weiteren Firma, die im Frühjahr 2020 Insolvenz anmeldete. Ungereimtheiten in der Finanzgebarung erregten den Verdacht, dass große Vermögenswerte beiseite geschafft und die Gläubiger dadurch um ihr Geld gebracht wurden.
Gesamtschadenssumme von über 1,2 Millionen Euro
Das zunächst im Bezirk Krems Land ansässige Güter-Transport-Unternehmen wechselte 2017 in den Bezirk St. Pölten Land. Im Juni 2019 waren noch mehr als 20 Mitarbeiter für die Firma tätig. Der doch beträchtliche Jahresumsatz, der längere Zeit durch Paketzustellungen immerhin mehr als sechs Millionen Euro ausmachte, soll nach zahlreichen Exekutionsverfahren bereits vor Ende 2018 zahlungsunfähig gewesen sein.
Scheindarlehen, Scheinrechnungen, Scheingeschäfte, Scheingegenverrechnungen und Scheinzahlungen standen im Mittelpunkt des Verfahrens, wobei eine Gesamtschadenssumme von mehr als 1,2 Millionen Euro im Raum stand. Während der 53-Jährige als Beitragstäter eine untergeordnete Rolle gespielt habe, lastete die WKStA den Brüdern (47, 45, 41, 38 Jahre), allesamt türkische Staatsbürger, das Verbrechen der betrügerischen Krida, den drei älteren Brüdern auch das Vergehen des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung, sowie dem Erst- und dem Zweitangeklagten auch das Vergehen der Veruntreuung an.
Freispruch
„Ein überraschender Freispruch!“, so die erste Reaktion von Verteidiger Jürgen Mertens, dessen Mandant als Beitragstäter bereits zu Beginn des Prozesses ein Teilgeständnis abgelegt hatte, an dessen Wahrheitsgehalt der Senat zuletzt zweifelte. Auch die belastenden Aussagen einer Reihe von Zeugen konnten den Senat nicht ganz von der Schuld der Angeklagten überzeugen.
„Wir hatten einen Schöffensenat, der den Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ noch ernst nimmt“, kommentierte Michael Nierla als Verteidiger der vier Brüder die Urteile, zu denen die Staatsanwaltschaft noch keine Erklärung abgegeben hat.
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