Alarm: Impfstoff im Pielachtal knapp
Apotheker verzweifelt: Konzerne beliefern Region schlecht
PIELACHTAL (mh). In Niederösterreich herrscht Medikamenten-Mangel. So ist etwa der Impfstoff gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten und Polio frühestens im Herbst wieder verfügbar. Auch bei anderen Arzneien müssen unsere Apotheker ihre Kunden immer öfter auf unbestimmte Zeit vertrösten. Experten vermuten: Die Pharmaindustrie beliefert Österreich schlecht, weil die Sozialversicherung weniger zahlt als in anderen Ländern. Die Apotheken im Pielachtal bestätigen, dass auch bei ihnen die Vierfachimpfung zurzeit nicht erhältlich ist.
"Es gibt Alternativen"
Josef Schinoda, Apotheker in Hofstetten-Grünau, beruhigt: "Wir versuchen, dem entgegenzuwirken, indem wir mehr einlagern." Für die wenigen nicht erhältlichen Präparate versuche man gemeinsam mit dem Arzt eine Lösung zu finden.
Auch Abdul Nasser Mahmoodzadeh von der Herz-Jesu-Apotheke in Kirchberg an der Pielach versichert, dass ein Großteil durch andere Medikamente ersetzt oder aus Deutschland importiert werden kann.
"Ärzte können nur zuschauen"
Für Maria Dubsky, Allgemeinmedizinerin und Gemeindeärztin in Hafnerbach, sei das Versorgungsproblem mit Medikamenten hausgemacht und es werde noch zunehmen: "Natürlich kann man auf andere Substanzen ausweichen, aber von optimal ist das weit entfernt." So gebe es durchaus Medikamente, wovon man keinen passenden Ersatz finde. Das orale Antidiabetikum "Glucophage" könne beispielsweise ersetzt werden, aber es gebe viele Patienten, die nur Glucophage vertragen. "Also ganz so einfach, wie es ausschaut, geht es nicht", ärgert sich Dubsky, die eine Initiative des Gesundheitsministeriums vermisst. "Als Ärzte sind uns leider die Hände gebunden. Wir können da nur zuschauen!"
KOMMENTAR
Die Pharmafirmen und der liebe Gott
Ob es am Polio-Ausbruch in Syrien oder an der Globalisierung der Pharmaindustrie liegt, sei dahingestellt. Fakt ist, dass unsere einstige "Insel der Seligen" mit ihrer gefühlten "vorbildlichen medizinischen Versorgung" immer mehr Risse bekommt. Im Österreich des 21. Jahrhunderts gibt es tatsächlich bestimmte lebensnotwendige Medikamente nicht, weil unser Land kein interessanter Markt für die weltweit agierenden industriellen Pillendreher sein soll. Eine Befragung von Ärzten und Apothekern im Pielachtal zeigt, dass nur wenige davon den Mut aufbringen, dieses menschenverachtende System zu kritisieren. "Reine Panikmache" und "es gibt für alle fehlenden Medikamente einen Ersatz" sind nur einige der Sätze, die die Bezirksblätter zu hören bekommen haben. Doch die Wahrheit ist eine sehr bittere Pille. Offenbar spielen Pharmakonzerne "lieber Gott" und entscheiden, wer wie lange auf Erden verweilen darf.
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