Diözese Innsbruck dankte für 50 Jahre – Abschluss des Gedenk- und Jubiläumsjahres

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Die Diözese Innsbruck blickt zu ihrem Diözesanjubiläum auf eine 50-jährige "Liebesgeschichte mit Gott" zurück. Das sagte der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer am Hochfest Mariä Empfängnis in einem Dankgottesdienst, mit dem ein einjähriges Jubiläums- und Gedenkjahr zu Ende ging. In seiner Predigt ging er aber auch auf Schattenseiten dieses Teils der Tiroler Kirchengeschichte ein: Angesichts der "Auswanderung" vieler Katholiken nach Konflikten, Ausgrenzung, Behäbigkeit und Missbrauch sei ein neuerliches "Aufbrechen" notwendig, bezog sich der Bischof auf das Motto des Diözesanjubiläums. Dieser Aufbruch solle kirchlicherseits "mit leichtem Gepäck" erfolgen, appellierte Scheuer - "ohne Bürokratie, Rechthaberei, Sicherheitsdenken".

Trotz des hohen kirchlichen Feiertages Maria Empfängnis, der in Österreich eine große Bedeutung hat, nahmen aus vielen heimischen und auch benachbarten Diözesen hochrangige Würdenträger an der Festmesse teil. Neben Hauptzelebrant Scheuer waren Erzbischof Luigi Bressan (Trient), der emeritierte Erzbischof Kothgasser (Salzburg) und die beiden Bischöfe Benno Elbs (Feldkirch) und Ivo Muser (Bozen-Brixen) als Altarkonzelebranten dabei. Weitere Mitfeiernde waren die Bischöfe Egon Kapellari (Graz-Seckau), Klaus Küng (St. Pölten), Ägidius Zsifkovics (Eisenstadt) und Alois Schwarz (Diözese Gurk-Klagenfurt), Eugen Schönberger (Partnerdiözese Satu Mare) sowie Altbischof Maximilian Aichern (Linz) und Weihbischof Wolfgang Bischof (München).
Zu Gast waren auch die Provinziale Bernhard Bürgler (Jesuiten) und Siebert Lech (Kapuziner) sowie die Äbte Raimund Schreier (Wilten) German Erd (Stift Stams) und die beiden Altäbte Anselm Zeller (Fiecht) und Kassian Lauterer (Wettingen-Mehrerau).
An der Spitze der politischen Vertreter standen Landeshauptmann Günther Platter, Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler, Landtagspräsident Herwig van Staa und die Innsbrucker Bürgermeisterin Christine Oppitz Plörer.

Live im ORF 2

Musikalisch gestaltet war die Dankmesse mit Teilen (Kyrie, Gloria) aus der "Little Jazz-Mass" von Bob Chilcott, dargeboten von diözesanen Kinder- und Jugendchören mit Jazz Combo, sowie Teile (Credo, Sanctus, Agnus Dei) aus der Messe "Aufbrechen" von Kurt Estermann. Dazu kam ein "Ave Maria" von Philip Stopford, ein neukomponiertes Lied zum Thema "Aufbrechen" und ein ebenfalls neukomponiertes "Ubi caritas" zur Uraufführung. Ausführende waren die Cantilena Axams, der Mädchenchor am Innsbrucker Dom, der Jugendchor Allerheiligen, der Chor des Bischöflichen Gymnasiums Paulinum Schwaz, der Innsbrucker Domchor sowie die Dombläser. An der Orgel spielte Domorganist Reinhard Jaud, die Gesamtleitung hat Domkapellmeister Christoph Klemm. Der ORF Tirol übertrug in Zusammenarbeit mit ORF Religion den Festgottesdienst im Radio und Fernsehen österreichweit live.

Hier die Predigt im Wortlaut:

Mensch, wo bist du? – Kirche, wo bist du?
Kinder spielen gern Verstecken. Sie verstecken sich vor den Eltern und wollen gesucht werden. Wo bist du? Das ist dann die Frage. - Adam, wo bist du? (Gen 3,9) Das ist die Frage Gottes an den Menschen, der sich versteckt. Es ist kein Unterhaltungsspiel, sondern eine Sache, die den Lebensnerv trifft. Wo bist du als Mensch geblieben? Hast du vergessen, wer du bist? Warum versteckst du deine Würde? Gott sucht den Menschen, der sich verlaufen hat, sich in den eigenen Interessen verschließt, sich abschottet und so keinen Raum mehr hat für andere, für nichts mehr zu begeistern ist.
Mensch, wo bist du? Kirche von Innsbruck, wo bist du? „Der Weg der Kirche ist der Mensch.“ (Johannes Paul II.) So ist der Ort der Kirche auf den Straßen und Wegkreuzungen, zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen Dienstleistungen und Tourismus, in den Kirchen, auf den Wallfahrten und Besinnungswegen, bei Krippen und in Anhaltezentren für Flüchtlinge, zwischen Hochamt und Drogenberatung, im Hospiz, in der Arche, in Gefängnissen und in der Schönheit der Liturgie und der Kunst, auf den Bergen und in den menschlichen Abgründen, zwischen Brauchtum und Moderne, zwischen Heimat und Weltkirche, in der Besinnung auf die jüdischen Wurzeln, im Dialog mit den Religionen… Der Ort der Kirche ist im Herzen Jesu und bei Maria, im alltäglichen Gebet, in der Liturgie am Sonntag und in der Feiertagskultur.
Gott sucht uns Menschen nicht als Single, sondern in Gemeinschaft, denn: „Ein Christ ist kein Christ.“ (Tertullian) Die Pfarren haben vielerorts eine einigende Kraft. Gott hat sich finden lassen in der Caritas, in den Vinzenzgemeinschaften, in den Orden, in ihrem Gebet und durch ihren Dienst an Alten, Kranken und Behinderten, durch ihre Nähe zur Jugend. Kindergärten und Schulen sind Orte kirchlichen Lebens. - 50 Jahre Diözese Innsbruck sind eine Liebesgeschichte Gottes mit uns Menschen.

Adam: Wo bist du nicht (mehr)?

50 Jahre sind auch eine Zeit von Verletzungen, von Missbrauch, Gewalt und Druck im kirchlichen Bereich, von Auswanderung aus der Kirche, von Verachtung, Machtkämpfen, Konflikten und Spannungen. Wer fühlt sich - meist nicht durch bewusste Ausgrenzung oder Entscheidung - fehl am Platz, nicht erwünscht? Kirche von Innsbruck: Wo hast du dich resigniert zurückgezogen, hast ein Alibi gesucht in deiner Verantwortung? Welche Milieus erreichst du schon lange nicht mehr? Wer hat dich überfordert? Wer geht uns ab? Wer ist zu kurz gekommen, nicht wahr genommen? Wo bist du alt und müde geworden? - Der Blick in die Vergangenheit ist mit Scham und mit der Bitte um Heilung und Versöhnung verbunden.

Aufbrechen

Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria – Immaculata Conceptio. Das lateinische Wort „conceptio“ verweist auf das Konzept, auf den Plan: In Maria wurde das ursprüngliche Konzept Gottes vom Menschen verwirklicht. Gott selbst unterbricht bei ihr von innen her die Verstrickung in die Sünde, er unterbricht die Teufelskreise der Lüge, der Gewalt und der Bosheit und setzt einen neuen Anfang. Diese Erwählung Marias ist nicht im Sinne eines Privilegs zu deuten. Fatal wäre es, wenn wir am heutigen Fest die Brille der Konkurrenz oder der Macht aufsetzen würden. Es braucht die Brille der Wahrhaftigkeit und des Miteinanders. - Es ist eine Frage der Zukunftsfähigkeit der Kirche, ob es uns gelingt, eine Sozialform des Glaubens zu finden, mit einem entkrampften Verhältnis zwischen Priestern und Laien, mit gelösten Beziehungen zwischen Frauen und Männern, innerlich freier in der Offenheit für suchende Menschen, nicht zu sehr mit uns selbst beschäftigt.

Aufbruch der Generationen

Jugendliche finden in den üblichen Strukturen oft keine Antworten auf ihre Sorgen, Nöte, Probleme und Verletzungen. Während die Jugendlichen keine sicheren Perspektiven für ihr Leben sehen, werden die alten Menschen nicht selten als eine Last betrachtet. Aber gerade die alten und die jungen Menschen sind die Hoffnungszeichen der Menschheit. Denn die alten Menschen bringen ihre Weisheit und Erfahrung ein, sie halten das Gedächtnis unserer Geschichte lebendig. Junge Menschen öffnen uns auf die Zukunft hin, indem sie begeistern und uns hindern, uns in uns selbst zu verschließen.

Pilger und Kundschafter

Die Kirchengestalt vergangener Jahrhunderte ist fragwürdig geworden. Unser Diözesanpatron Petrus Canisius hat im 16. Jahrhundert die Frische des Evangeliums gelebt, als nicht wenige die konkrete Kirche als Ruine sahen. - Das Pilgern ist nicht zufällig ein Phänomen unserer Tage. Petrus Canisius war ein Pilger und Kundschafter. Seelsorger, Haupt- und auch Ehrenamtliche in der Kirche sind Pilger und Kundschafter zwischen den Lebenswelten, zwischen Jungen und Alten, zwischen Kulturen und Milieus, die sich in unserem Land oft auf kleinsten Raum befinden. - Es geht nicht darum Gott wie unser Eigentum polemisch zu verteidigen, sondern als „Leben allen Lebens“ zu verkünden. Gott ist nicht zuerst Moral oder bloße Grundierung unseres Daseins, sondern ungeheures, umwerfendes Glück. Auf unserem Pilgerweg sollte das Gepäck nicht zu schwer sein. Ist der Rucksack voll mit Bürokratie, mit Rechthaberei, mit Sicherheitsdenken oder auch mit materiellen Ansprüchen, würde sich sehr bald Müdigkeit einschleichen. Die Kraft der Kirche verbirgt sich im Geheimnis, in der Schönheit Gottes. Und die Kraft der Kirche liegt in Option für die Armen: „Mir ist eine ,verbeulte‘ Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit krank ist.“ (Papst Franziskus, EG 49)
Manfred Scheuer, Bischof von Innsbruck

Den Link zum ORF-Livegottesdienst in der ORF-tvthek finden Sie hier:

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