„Damals“ auf der Spur!

Ortschronist Karl Schnegg im Archiv im Rietzer Gemeindehaus
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RIETZ. Historische Zeitreisen kommen gut an, das beweist der Andrang beim Vortrag im März im Rietzer Gemeindesaal. Die Vergangenheit bewegt, das damalige Dorf interessiert die Bürger – es ist eine Bestätigung für den Ortschronisten.

Zu einer „Zeitreise durch das alte Rietz“ lud das Rietzer Chronistenteam im März dieses Jahres die BürgerInnen in den Gemeindesaal – der war dann zum Bersten voll! Humorvoll präsentierte Ortschronist Karl Schnegg alte Bilder, Ansichten, erzählte die Geschichten dazu und zeigte sogar Filme von Damals.

Auf Spurensuche
Seit 12 Jahren schon bewegt sich Karl Schnegg – als Schüler schon sehr geschichtsinteressiert – auf den Spuren der Rietzer, machte die Entwicklung des Dorfes noch einmal auf Fotos und Dokumenten mit, katalogisiert Postkarten und Originalfotos, Fotokopien und listet alles auf, was im kleinen Chronistenbüro im Rietzer Gemeindebau vorhanden ist.

Dank der Vorarbeit vom ehemaligen Volksschuldirektor Karl Höpperger, der als Begründer der Ortschronik in Rietz bezeichnet werden darf, greift Schnegg auf einen reichen Fundus zurück. „Wir bekommen das alles von den Leuten, die stellen uns Fotos und Erinnerungen zur Verfügung“, ist der ehrenamtliche Chronist froh über das alte Material, aber: „Die Leute erkennen heute immer mehr den Wert von Fotos ihrer Ahnen, sie geben weniger oder nur ungern etwas her.“

Gesamtbild
Früher soll das anders gewesen sein, schildert der Rietzer Ortschronist: „Da wollten die Leute ihren Plunder möglichst schnell los werden.“ Was Plunder für die Bürger ist, ist das Material, aus dem die Ortschronisten ein Gesamtbild zusammenfügen, wie der Ort gewachsen ist, den Alltag der Bürger, wie die einzelnen Gebäude, Straßen und Plätze aus dem Nichts entstanden sind, und auch wieder dem Erdboden gleichgemacht werden.

Schnegg hält mit seiner Kamera abbruchreife Bauwerke, die über lange Zeit das Ortsbild geprägt haben, bildlich für die Ewigkeit fest: „Viele alte Häuser, müssen abgerissen werden, einmal um verkehrstechnisch Verbesserungen zu schaffen und dann wollen viele junge Bürger sich auf den Grundstücken ihrer Familien neue Eigenheime schaffen.“

Nach Themen
Das Chronisten-Archiv ist streng nach Themen geordnet, zum Beispiel Eisenbahnbau und Autobahnbau, von Kriegsjahren bis hin zu Leuten auf Bänken, Rietzer Originale, Bräuche und Berufe, Kirchen und Betriebe etc.. „Nur über die Kriegsjahre erzählen die Leute wenig, es ist immer noch ein Tabuthema“, erzählt Schnegg. Was den Rietzer aber freut, ist das Interesse der Jugend an der Geschichte der Heimat: „Immer mehr Gemeinden haben ihre Chronisten, es kommen viele junge nach, das Interesse ist groß.“

Stolze Sammlung
Die Computer-Generation rückt also nach. Auch wenn es ohne die elektronischen Hilfsmittel nicht geht, von Recherchen im Internet hält Schnegg wenig: Postkarten von Damals werden im World-Wide-Web haufenweise versteigert, aber Schnegg glaubt nicht, dass er hier etwas versäumt: „Wir haben sicherlich sämtliche Postkarten, die in Rietz je gemacht wurden.“ Stolz ist Schnegg auf eine Postkarte aus dem 19. Jahrhundert, es zeigt den Gasthof Post in seiner ursprünglichen Form.

„Die Leute interessiert weniger was noch vor 20 oder 40 Jahren passiert ist, das ist alles noch zu wenig lange her und in guter Erinnerung, viel mehr wollen die Leute Fotos sehen, die vor mehr als 50 Jahren entstanden sind.“ Das stellt Schnegg auch immer wieder bei Präsentationen fest. Der Autobahnbau in Rietz, für den eine ganze Siedlung abgerissen wurde, ist demnach noch „erst kürzlich passiert“.

Für die Chronik aber kein Grund, Neues nicht zu beachten: In die Vergangenheit eintauchen und auch Gegenwärtiges auf Fotos festhalten, so verbringt Ortschronist Karl Schnegg seinen Ruhestand.

Geschichte erleben
Gern erzählt er von seinen Privilegien, dank seiner offiziellen Tätigkeit: So durfte er auch bei der Reliquienbeisetzung des selig gesprochenen Kaiser Karl in Stams dabei sein, das war erst vor vier Jahren. Für einen Chronisten, der so auch den damals anwesenden und kürzlich verstorbenen Otto von Habsburg vor die Linse bekommen hat, ein unvergessliches Erlebnis, das auch einen fixen Platz in der Chronik findet wie ganz aktuelle Entwicklungen im Ortsgeschehen.

Faszinierendes
Genauso groß ist die Freude auch, Altes wieder zu entdecken, etwa Fotos von einem uralten, nicht mehr vorhandenem Haus. Das fasziniert Schnegg, der sich als Kind noch an den Bau erinnert: Das Reindl-Haus, das derselbige im Jahre 1512 gekauft hat. „Johann Reindl war ein sehr bekannter Rietzer, war einer der höheren Beamten unter Kaiser Maximilian.“ Reindl war damals Verantwortlich für das Jagdhundewesen im Reich des Kaisers, damals ein sehr wichtiges Amt.

Die vierte Kirche
Was auch wenige wissen: Rietz - der Ort mit den drei Kirchen - hätte fast eine vierte Kirche nicht nur im Wappen gehabt. 1911 wurde geplant, die alte Pfarrkiche abzureißen und im Dorf neu aufzubauen. Das Denkmalamt wehrte sich erfolgreich dagegen.

Trotzdem: Die Kirche im Dorf blieb Thema, Pfarrer Wendelin Ambrosi, die beiden berühmten Rietzer, der Künstler Heinrich Kluibenschedl (1849-1929) und der Baumeister Heinrich Hörmann (geb. 1867), waren jene Männer, die den Bau forciert haben: „Es waren Baupläne und sogar das Geld dafür vorhanden. 60.000,- Kronen wurden für den Bau gesammelt. Jedoch: Die Geldentwertung 1918 verhinderte schließlich den Bau.“

In der Rietzer Chonik hat die vierte Kirche aber ihren Fix-Platz, wie so manche Geschichte, von denen die Bürger viele noch nicht kennen und nur darauf warten, erzählt und veröffentlicht zu werden.

Zeigen Sie Ihre alten Aufnahmen!

Chronisten sind auch auf die Mithilfe aus der Bevölkerung angewiesen, freuen sich über alte Aufnahmen aus dem Familien- und Ahnen-Album und nehmen gerne nicht nur Originalbilder, auch Kopien oder Fotos in digitaler Form (eingescannt) an, um die Ortschronik damit zu ergänzen und der Nachwelt so zugänglich zu machen. Gerne können auch wir das für Sie erledigen, in der Redaktion des BEZIRKSBLATT Telfs: Wir scannen Ihre alte Aufnahme, und Sie können diese gleich wieder mitnehmen. Wir leiten die Kopie gerne an die jeweiligen Ortschronisten weiter und auf Wunsch veröffentlichen wir die Bilder in der neue Damals-Serie im BEZIRKSBLATT bzw. Blickpunkt.

Adresse: Telfs, Obermarkt 43/ 2. Stock (Musikschul-Gebäude); Tel. 05262/6999-551; Mail: telfs.red@bezirksblaetter.com; www.meinbezirk.at/telfs.

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