Interview mit WK-Obmann Josef Huber zur Lage am Lehrlingsmarkt
"Großes Angebot vorhanden"

Die BEZIRKSBLÄTTER IMST haben mit WK-Obmann Josef Huber zum Thema Lehrlinge gesprochen.
Wieviele Lehrlinge finden im Bezirk eine Stelle?
"Die gewerbliche Wirtschaft im Bezirk Imst ist ein starker Lehrlingsausbilder. Unsere aktuell verfügbaren Zahlen zum Stichtag 30.09.2018 zeigen einen Stand von 877 Lehrlingen verteilt auf 328 Ausbilderbetriebe, was ein Plus an 32 Lehrlingen gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Das zeigt, dass unsere Bemühungen beim Berufsfestival in der Wirtschaftskammer Imst wo Schülern Lehrberufe aktiv vorgestellt werden - aber auch die Plattform „berufsreise.at“ positiv angenommen wird. So bleibt zu hoffen, dass sich in Zukunft noch mehr junge Menschen für einen Lehrberuf entscheiden! Viele Unternehmen insbesondere aus der Sparte Gewerbe und Handwerk sowie der Hotellerie und Gastronomie würden gerne Lehrlinge aufnehmen und offene Stellen besetzen. Eine verstärkte Zusammenarbeit mit Schulen aus der Region und Eltern hilft die über Vielfalt von Lehrberufen und die Möglichkeiten einer Lehre zu informieren."
Wie viele freie Lehrstellen gibt es, in welchen Sparten herrscht Bedarf?
"Derzeit sind beim AMS 75 offene Lehrstellen gemeldet (51 ohne Tourismus). Bedarf gibt es nicht nur im Tourismus sondern auch im produzierendem Gewerbe sowie in der Industrie."
Der viel beklagte Facharbeitermangel resultiert offensichtlich aus zuwenig ausgebildeten Facharbeitern. Wie kann man hier bei der Lehre den Hebel ansetzen?
"Man wird verstärkt auf die tollen Möglichkeiten mit einem Fachkräfteabschluss hinweisen müssen. Hier ist definitiv ein Umdenken gefordert! Die Lehre ist in den letzten Jahren viel attraktiver, flexibler, moderner geworden. Das muss bei den Eltern und den Schülern ankommen. Auch in diesem Bereich gilt es die Berufsorientierung an den Schulen weiter zu verbessern."
Nicht zuletzt im Baugewerbe werden ständig gute Facharbeiter gesucht - bietet AT Thurnerbau auch interne Lehrstellen an?
"Die Firma AT-Thurner Bau GmbH ist ein langjähriger Ausbilderbetrieb und konnten wir im Standort Imst seit 1997 insgesamt 206 Lehrlinge zum Facharbeiter ausbilden. Alleine 136 davon im Lehrberuf Maurer, viele dieser Arbeitnehmer sind nach wie vor bei uns beschäftigt. In unserem Unternehmen ist eine Ausbildung zum Maurer und Zimmerer - gerne auch in Form einer Doppellehre möglich. Damit kann man in einer Lehrzeit von nur 4 Jahren in gleich zwei Berufen eine Top-Facharbeiterqualifikation erlangen. Aktuell stehen in unserem Unternehmen 25 Lehrlinge in Ausbildung. Bewerbungen sind uns jederzeit gerne willkommen - unser hauseigener Lehrlingsbeauftragter freut sich über jede Anfrage!"
Wo ortet die Kammer (bzw. der Obmann) Defizite im Lehrlingsbereich?
"Die Anforderungen in den einzelnen Lehrberufen werden immer höher. Das erfordert natürlich auch ein gewisses Basispotential bei den Lehrstellenwerbern. Dafür Sorge zu tragen fällt zT. in den Aufgabenbereich der Grundschulen und natürlich auch des Elternhauses. Ausreichende Kenntnisse in Deutsch und Mathematik sind unerlässlich, grundlegende Werte wie Pünktlichkeit, Höflichkeit und positive Leistungsbereitschaft setzt die Wirtschaft bei den Lehrstellensuchenden voraus."
Sollte man für Ausbildungen zum Facharbeiter auch andere Kanäle öffnen - wie stehts hier mit dem 2. Bildungsweg, bzw. AMS-Kursen?
"Der 2. Bildungsweg gewinnt auch in Tirol immer mehr an Bedeutung. Motivierte Umsteiger hier durch gezielte Maßnahmen noch besser zu unterstützen, ist ein zentrales Anliegen. Auch AMS-Kurse, die jungen Leuten das notwendige Rüstzeug für eine betriebliche Ausbildung mitgeben sind ein wichtiger Mosaikstein zum Gelingen der Berufsausbildung. Hier sind wir in Tirol in der glücklichen Lage, dass die Integration aus den Kursen in die Betriebe sehr gut funktioniert."
Was kann die Kammer für Lehrlinge, bzw. Lehrherren für Service anbieten?
"Es besteht von Seiten der WK ein breites Angebot: Talentcard für Schülerinnen und Schüler, berufsreise.at, Ausbildungsberatungen, Lehrlingscoaching, finanzielle Unterstützungen für Lehrbetriebe und Lehrlinge usw. Auch viele Kooperationen mit Land Tirol und Arbeiterkammer wie „Ausgezeichneter Tiroler Lehrbetrieb“, Ausbilderforum, Diplopmierter LehrlingsausbilderIn um nur einige zu nennen.
Wir in Imst bieten jährlich für interessierte Schüler/-Innen der 4. Klassen NMS ein Berufsfestival (Lehrberufe zum Anfassen) mit Elternabend an. Lehrbetriebe des Bezirkes stellen verschiedenste Lehrberufe vor und stehen während dieser Tage für Fragen zur Verfügung."
Der Lohn ist ein wichtiges Kriterium in der Berufsentscheidung. Sollten die Lehrlinge und künftigen Facharbeiter nicht mit mehr Geld „gelockt werden“?
"Die Entlohnung der Lehrlinge, die ja in einem Ausbildungsverhältnis stehen ist jetzt schon in den meisten Brachen sehr attraktiv, vor allem wenn man bedenkt, dass die Lehrlinge ja auch bezahlt für die Berufsschule und andere Zusatzausbildungen freigestellt werden. Ein Verdienstvorsprung von ca. 10 Jahren gegenüber Studienabsolventen ist auch nicht ohne Belang."
Die Prognosen zeigen Wirtschaftswachstum, aber immer größeren Facharbeiterbedarf - wie reagiert man darauf?
"Einerseits mit einer Erweiterung der Zielgruppen – vor allem Maturanten sind für viele Lehrberufe eine sehr interessante Zielgruppe – hier gibt es auch schon Pilotprojekte mit eigenen Berufsschulklassen, Lehrzeitanrechnungen, Zusatzausbildungen, Auslandspraktika etc. Andererseits weiterhin durch gezielte Informationen und Aktionen – auch gemeinsam mit den Schulen. Langfristig muss es gelingen den Menschen wieder den Wert einer guten Fachausbildung in allen Sparten unserer Wirtschaft für Ihre Kinder zu vermitteln – dann wird auch der Ausspruch „Handwerk hat goldenen Boden“ gerade durch eine Verknappung der verfügbaren Facharbeiter auch für die künftigen Fachkräfte jedenfalls Gültigkeit haben."

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