Leserpost: Zu den Agrargemeinschaften: Nicht Raub, nicht Diebstahl...

&sondern Untreue und Amtsmissbrauch kennzeichnen die Geschichte der Gemeindegutagrargemeinschaften. Brachialrhetorik war nie meine Sache und ich habe diese Begriffe nie verwendet. Lieber Herr Krug, Du sollst kein falsches Zeugnis legen gegen deinen Nächsten. Der VfGH hat festgestellt, dass die Verfügung der Agrargemeinschaften über den Substanzwert des Gemeindegutes gegen das Eigentumsrecht der Gemeinden verstößt. Es ist somit klar, dass die Grundverkäufe und Geschäfte der Agrargemeinschaften, die über die Wald- und Weidenutzung hinausgehen, insgesamt über das Land betrachtet das größte Vermögensdelikt in der jüngeren Geschichte Tirols darstellen.

In der Entstehungsphase war es Untreue, wenn Bürgermeister und Gemeinderäte das Gemeindegut aus dem Gemeindesäckel in den eigenen Hosensack als Agrargemeinschaftsmitglied hinein beschlossen. Sofern keine Gemeinderatsbeschlüsse gefasst wurden, war es ebenfalls Untreue, da die Gemeindevertreter zum Wohl der Gemeinde und zur Erhaltung ihres Vermögens hätten einschreiten müssen. In jedem Fall war es Amtsmissbrauch der Agrarbehörde, die damals wie heute nicht die Kompetenz zu derartigen Eigentumsübertragungen hat. Was im Übrigen der VfGH schon 1962 festgestellt hat. Auf politische Weisung ist der Amtsmissbrauch fortgesetzt worden. Das den Gemeinden und nicht den einzelnen Untertanen von Kaiser Ferdinand I. per Dekret (=Gesetz) übertragene Gemeindegut wurde ihnen nach über 100 Jahren per Bescheid von weisungsgebundenen Beamten einer unzuständigen Behörde wieder genommen.

Was die Meinung, die Gemeinden seien keineswegs die Rechtsnachfolger der Fraktionen, anbelangt, so kann man nur darauf verweisen, dass dies mehrfach höchstgerichtlich geklärt wurde. Auch der Oberste Agrarsenat der Republik hat dies am 3.5.1989 in einem Verfahren betreffend einer Oberländer Gemeinde festgestellt.

Die Fraktionen waren Verwaltungsuntereinheiten der Gemeinden, mit gesetzlich geregelten Rechten und Pflichten innerhalb der Gemeinden. Man kann es im Fraktionengesetz von 1893 nachlesen.

Die wohl abenteuerlichste Rechtfertigung der rechtswidrigen Eigentumsübertragungen an die Agrargemeinschaften ist die Erklärung, dies als Versuch zu sehen, die entschädigungslose Enteignung durch den Nationalsozialismus rückgängig zu machen. Die Nutzungsberechtigten als Naziopfer!

Ihre Nutzungsrechte, die auch älter datiert sind wie aus 1811, wurden in keiner Weise angetastet. Wie auch heute nicht. Es ist sensationell, eine neue Erklärung. Es zeigt auch ein sehr krauses Rechtsbewusstsein auf. Es wurden in Österreich zu Recht viele Entschädigungen geleistet, jedoch alle auf Basis von Gesetzen.

Und nicht auf der Basis von willkürlichen, rechtswidrigen Bescheiden: in Mieming wird entschädigt, in Nassereith nicht, in Jerzens wird entschädigt, in St. Leonhard nicht usw. usw., gerade wie es politisch opportun war.

Agrargemeinschaften sind nicht, wie behauptet, des Raubes und Diebstahls verdächtig, sondern der Untreue. So wie jene Agrargemeinschaft, Herr Krug kennt sie gut, die mit agrarbehördlicher Genehmigung vom 24.10.2008 einem Agrargemeinschaftsmitglied 1181 m² Grund um ¬ 2,90/m² verkauft hat.

Ulrich Stern, Mieming

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