Wege zum Wohlstand - Tourismuspionier und Gletscherpfarrer Franz Senn starb vor 125 Jahren

Franz.Senn | Foto: Foto: Chronik Längenfeld
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Mag das offizielle Tirol im Jahr 2009 auch noch so Hofer-lastig ausgerichtet sein. Einen nicht weniger wichtigen Gestalter des Landes sollte man nicht vergessen: Franz Senn. Der Längenfelder Bauernbub wurde als Gletscherpfarrer bekannt und war einer der Tourismuspioniere Tirols.

Am 31. Jänner 1884 starb Franz Senn im 53. Lebensjahr. 125 Jahre sind seitdem vergangen. Was würde der Gletscherpfarrer bei einem Streifzug durch sein Heimattal, das Ötztal, wohl heute über den Wandel sagen, der sich vollzogen hat? Aus bitterarmen Bauern wurden wohlhabende Touristiker. Während das Ötztal im 19. Jahrhundert ein Drittel seiner Bewohner verlor, die unter anderem aufgrund fehlender Arbeitsplätze abwanderten, gibt es heute alljährlich Rufe nach Saisonarbeitern aus ganz Europa. Einen Grundstein für die heutige Situation legte Franz Senn, der sich sowohl um die Infrastruktur als auch um die Bekanntheit des Tales verdient gemacht hat.

Ausbrechender Gletscher als
Initialzündung?

Senn wurde am 19. März 1831 als Bauernbub in Längenfeld geboren. Sein Geburtshaus steht heute noch in Unterlängenfeld. Die Bedingungen waren unterschiedlich zu dieser Zeit gegenüber heute, denn Umhausen besaß vor Längenfeld die größte Einwohnerzahl und prosperierte wirtschaftlich am besten im Tal. Dem Boden im hinteren Talende konnte nur wenig abgetrotzt werden. Im Jahr 1848 gab es einen Ausbruch des Vernagtgletschers. Heute unvorstellbar, überspülten damals Millionen Kubikmeter in einer Stunde das ganze Tal. Nach dem Studium in Innsbruck, München und Brixen wurde Senn am 27. Juli 1856 zum Priester geweiht. Im Anschluss arbeitete er als Kaplan in Zams (1857), Serfaus (1858) und Landeck (1859).

Tourismus als Wohlstandsmotor
Mit der Tätigkeit als Kurat in Vent begann das Wirken von Senn für den Alpinismus sowie sein Kampf, die Lebenssituation der Bergbauern zu verbessern. Helfen sollte ihm dabei der Ausbau des Tourismus und die steigende Faszination der Städter für die Berge. Doch ohne entsprechende Infrastruktur waren diese nicht nach Vent zu locken. So ließ er auf eigene Kosten das Pfarrhaus mit Gästezimmern ausbauen. Bereits in der ersten Sommersaison übernachteten dort schon 200 Touristen.

Wird heute in Sölden nachgedacht, den Verkehr aus dem Ort zu bringen, trachtete Senn danach, die Orte für die Touristen erreichbar zu machen.

Der Pfarrer als Ausbildner der Bergführer
Mit Bauern und Arbeitern ließ er Wege nach Vent und auf die umliegenden Berge ausbauen. Er setzte sich ebenso dafür ein, dass die Fahrstraße bis Zwieselstein adaptiert wurde. Senn war selbst leidenschaftlicher Bergsteiger und machte viele Erstbesteigungen auf Gipfel um Vent. Zudem begann er, Bergführer auszubilden, die die immer zahlreicher werdenden Gäste auf die Gipfel brachten.

Gründung des Deutschen Alpenvereins
Franz Senn war Zeit seines Lebens von Geldsorgen geplagt. Seine visionären Ziele stießen auf wenig finanzielle Zustimmung, weder bei Kirche, Behörden noch beim 1862 gegründeten österreichischen Alpenverein. Mit Freunden gründete er am 9. Mai 1869 schließlich den Deutschen Alpenverein. Eine Erfolgsgeschichte: Mit mehr als einer Million Mitgliedern gehören der Deutsche und der Österreichische Alpenverein zu den größten Bergsportverbänden der Welt. Die Sektionen unterhalten rund 40.000 Kilometer Wanderwege und 573 Hütten.

Abschied aus Vent
Nach persönlichen Schicksalsschlägen (Tod seines Freundes Cyprian Granbichler auf einer gemeinsamen Tour) und den anhaltenden Geldsorgen war Senn gezwungen, Vent gegen eine finanziell besser gestellte Pfarre zu tauschen. Weniger Alpinismus und mehr Seelsorge sowie die Bewältigung einiger Katastrophen (Typhusepidemie, Bergsturz...) bestimmten seine Zeit in Nauders.

Franz-Senn-Hütte im Stubaital
Der schwer kranke Priester bat abermals um Versetzung, diesmal nach Neustift ins Stubaital. Dort blühte er noch einmal auf und kümmerte sich um Bergführer und Schutzhütten. Bleibender Zeuge ist die dortige Hütte, die seinen Namen trägt. Am 31. Jänner 1884 starb der Gletscherpfarrer Franz Senn, doch die Grundlagen seines Wirkens und seine Visionen sind noch bis heute spürbar.

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