Touristenansturm Innere Stadt
"Das Grätzelleben muss bewahrt werden"
Überlaufen Touristen bald die Anrainer? Bezirksvize Mireille Ngosso (SPÖ) möchte gegensteuern und die Grätzel retten.
INNERE STADT. Mit den steigenden Temperaturen steigt auch die Anzahl der Touristen, die täglich in die Innere Stadt kommen. Mittlerweile wird das auch im Bezirk als Problem gesehen. Zwar profitieren viele Geschäfte von den Touristen, für die Bewohner ist der Sommer aber meistens mit einem Spießrutenlauf durch ihren Heimatbezirk verbunden.
Die stellvertretende Bezirksvorsteherin Mireille Ngosso (SPÖ) will das Grätzelleben in der Inneren Stadt retten. Grätzeltreffs wie etwa das Eltern-Kind-Café sollen die Nachbarschaft zusammenschweißen. "Tourismus ist per se nichts Schlechtes. Ich finde es großartig, dass so viele Menschen in unsere Stadt kommen, um unsere Sehenswürdigkeiten zu bewundern. Eine funktionierende Stadt braucht aber eine gute Mischung aus Wohnen, Arbeiten und Freizeit", sagt Ngosso.
Abseits der Touristenpfade gebe es hier durchaus noch Grätzel, wie man sie im Rest Wiens kennt, wo sich vielleicht sogar noch die Nachbarn untereinander kennen. "Gute Beispiele dafür sind das Rudolfsviertel, das Seilerstättenviertel oder das Alte Universitätsviertel", sagt Ngosso. Trotzdem schildern dort viele Bewohner ihre Sorge darüber, dass auch diese Grätzel irgendwann verloren gehen könnten.
City-Bewohner bleiben aus
Rund um den Rudolfsplatz bekommt man nicht viel von den Touristenströmen mit. Auf dem großen Spielplatz – einem der wenigen in der Inneren Stadt – spielen Kinder, während sich ihre Eltern miteinander unterhalten, im Kaffeehaus nebenan sitzen die Gäste im Schanigarten. So in etwa sollte ein Grätzel aussehen, das es zu bewahren gilt. Für Herbert Stopfer, der die gleichnamige Gastwirtschaft leitet, ist die Situation aber ernst.
"Wir sind ja schon seit 1951 hier. Früher war die Situation noch eine ganz andere", erzählt Stopfer. "Damals hatten wir wesentlich mehr Laufkundschaft." Heute bleiben die City-Bewohner aber eher aus. "Natürlich haben wir unsere Stammkunden, aber wir würden uns wünschen, dass wir mehr Bewohner aus dem Grätzel bei uns begrüßen dürfen", so Stopfer. Das Ausbleiben der Anrainer erklärt er sich ganz einfach: Die Wohnungen im Umkreis seien extrem teuer. Und wer nicht im Bezirk wohne, komme auch nicht nach der Arbeit in den Ersten. "Mittlerweile ist es für viele zu anstrengend", so Stopfer.
Ein Stück weiter findet man die Spielwarenhandlung Bannert. "Uns geht es hier gut. Wir haben viele Stammkunden und ich glaube nicht, dass unser Grätzel oder die City jemals aussterben werden", erzählt eine Verkäuferin, während sie Spielzeug verpackt. Auch wenn der Tourismus nicht bis zu ihnen komme, gebe es noch genug Anrainer im Viertel.
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