Angelobung
Forderung nach Pflege-Sonderbudget und politischer Stabilität
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am Montag Karl Nehammer (ÖVP) als neuen Bundeskanzler sowie das neue ÖVP-Regierungsteam angelobt. Erste Reaktionen aus Politik und Wirtschaft folgten prompt. Die SPÖ fordert ein Ende der "ÖVP-Selbstbeschäftigung", die Gewerkschaft GPA pocht auf ein Sonderbudget für die Pflege.
ÖSTERREICH. Die Regierung stehe vor dem "Scherbenhaufen der türkisen Politik", so SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried per Aussendung. " Mit dem heutigen Tag müsse "Schluss sein mit der ÖVP-Selbstbeschäftigung, den Machtspielen und der Showpolitik, die die Republik und die Pandemie-Bekämpfung lähmen". Er erwarte sich von der Regierung einen Kraftakt gegen die vierte Welle und für eine höhere Impfrate in Österreich, betonte Leichtfried. In der gesamten ÖVP brauche es insgesamt eine Aufarbeitung dieses türkisen Systems, fügte er hinzu.
Gewerkschaft fordert "Sonderbudget für die Pflege"
Die Gewerkschaft GPA pochte "schleunigst" auf ein Sonderbudget für den Pflegebereich, die Armutskonferenz will einen Neustart bei der Sozialhilfe. "Die Beschäftigten sind am Ende, es ist fünf nach zwölf", erinnerte Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA. Magnus Brunner (ÖVP) müsse als neuer Finanzminister "endlich den Stillstand beenden und ein Sonderbudget für die Pflege realisieren". Zu einem "Neustart bei Sozialhilfe und Armutsbekämpfung" forderte wiederum die Armutskonferenz die neu zusammengestellte Regierung auf.
IV-Knill: politische Stabilität entscheidend
Glückwünsche kamen unter anderem von der Industriellenvereinigung und dem Handelsverband. Entscheidend sei jetzt, dass rasch wieder weitgehende politische Stabilität einkehre und wichtige Projekte - darunter Steuerreform, Energiewende und Bildung - zügig umgesetzt beziehungsweise angegangen würden, forderte IV-Präsident Georg Knill.
Österreich braue mehr denn je transparente Politik, effektives Krisenmanagement mit Planungssicherheit für die Wirtschaft, parteiunabhängigen Einbezug von Experten sowie die Umsetzung überfälliger Strukturreformen, hieß es vom Handelsverband am Montag per Aussendung. "Es braucht ein offenes Ohr für den Handel und seine 600.000 Beschäftigten, den jeder zweite Euro wird von der österreichischen Binnenwirtschaft erwirtschaftet", so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.
Erzbischof Franz Lackner, der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, betonte laut Kathpress in einer Stellungnahme, dass Österreich gerade jetzt zur Bewältigung der Pandemie mit ihren weitreichenden Folgen eine stabile Regierung und gute Entscheidungen brauche. Daher sei es zu begrüßen, dass sehr rasch und verantwortungsvoll die nötigen personellen Entscheidungen getroffen worden seien, um die Regierungsarbeit in der Koalition fortzusetzen. Lackner dankte den bisherigen Regierungsmitgliedern und wünschte dem neuen Team "für den so wichtigen Dienst alles Gute, Weisheit und Segen".
Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), hofft auf einen nationalen Schulterschluss in Krisenzeiten: "Gerade in dieser Phase der Pandemie, die extremistische Kräfte zu missbrauchen versuchen, ist nun eine Gelegenheit gekommen, alle konstruktiven Kräfte in unserem Land an Bord zu holen, um gemeinsame Lösungen für die Gesundheit der Menschen und unsere Demokratie zu erarbeiten." Mit Nehammer habe Bundespräsident Van der Bellen einen "erfahrenen und verbindlichen Politiker zum Bundeskanzler angelobt", so Deutsch.
ÖH: Forderungskatalog an Bildungsminister
Zur Angelobung des neuen Wissenschaftsministers Martin Polaschek (ÖVP) präsentiert die Österreichische Hochschüler_innenschaft (ÖH) einen Forderungskatalog zur Verbesserung der Hochschulen, darunter Erhöhte Beihilfen, faire Enlohnung für Praktika und die Abschaffung von Studiengebühren. Die ÖH wies darauf hin, dass Studierende seit Ausbruch der Pandemie Studiengebühren trotz mangelndem Studienbetrieb zahlen. Obendrauf verschärfe die UG-Novelle die Ungleichheiten weiter. "Wir sehen den Ministerwechsel als Chance, dass die Forderungen der Studierenden endlich ernst genommen und umgesetzt werden!", hieß es von der ÖH.
Glückwünsche aus Brüssel für Nehammer
Glückwünsche für den Neo-Kanzler gab es am Montag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident Michel und der EVP. "Auf eine gute Zusammenarbeit!", schrieb von der Leyen am Montag auf Twitter. EU-Ratspräsident Charles Michel freute sich ebenfalls auf Twitter, Nehammer "bei unserem nächsten Europäischen Rat begrüßen zu dürfen". Michel bedankte sich bei Nehammers Vorgänger Alexander Schallenberg (ÖVP) für die "gute Zusammenarbeit".
Ich gratuliere @karlnehammer zur heutigen Angelobung als Bundeskanzler der Republik Österreich.
— Ursula von der Leyen (@vonderleyen) December 6, 2021
🇪🇺 🇦🇹 Auf eine gute Zusammenarbeit! #StrongerTogether#NextGenerationEU#EUGreenDeal
"Herzlichen Glückwunsch an Karl Nehammer zum neuen österreichischen Bundeskanzler und ÖVP-Vorsitzenden. Wir wünschen ihm und seinem neuen Team alles Gute und einen guten Start", hieß es auf dem Twitter-Kanal der Europäischen Volkspartei (EVP/EPP). Dankende Worte richtete sie an Altkanzler und früheren ÖVP-Chef Sebastian Kurz "für seine Arbeit, seine Führung und sein Engagement für Österreich und Europa in den letzten Jahren".
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