QAnon, Wunderheiler
Sekten und Verschwörungstheorien in Österreich häufiger
Verschwörungstheorien sind in Österreich auf dem Vormarsch. Das ergibt die Erhebung der Bundesstelle für Sektenfragen. Im Vorjahr hat die Sektenstelle insgesamt 5.968 Informations- und Beratungsgespräche mit 1.883 Personen abgewickelt - bei 583 Fällen war eine umfassendere Beratung bzw. Begleitung notwendig. Die Regierung stockt aufgrund vermehrter Bedürfnissen nach Beratung das Budget für den Bereich künftig um 200.000 Euro auf.
ÖSTERREICH. Insgesamt 275 unterschiedliche Gemeinschaften, Organisationen, Bewegungen (wie Sekten, QAnon etc.) und Einzelanbieter/innen, zB. Wunderheiler, wurden im Jahr 2021 thematisiert. Anzahl der informations- und beratungssuchenden Personen sowie die Anzahl der angefragten Gruppen, Organisationen, Strömungen stiegen um rund 15 Prozent, die Anzahl der Beratungsfälle um mehr als 25 Prozent gegenüber 2020.
Kultusministerin Susanne Raab bestätigte bei der Präsentation des Berichts, dass Verschwörungstheorien und Fake News seit Beginn der COVID-19-Pandemie im Vormarsch seien und vor allem auch über soziale Kanäle und Plattformen verbreitet werden. "Umso wichtiger ist es, dass es seriöse Stellen gibt, wie die Bundesstelle für Sektenfragen, die laufend wichtige Erkenntnisse über die wachsende Szene der Verschwörungstheoretiker und Fake News sammelt, dokumentiert und bewertet", so Raab.
Häufigste Themen in den Informations- und Beratungsgesprächen: Verschwörungstheorien, esoterische Angebote, die zum Teil kostenintensiv, gesundheitlich problematisch sind und zu Trennungen innerhalb der Familie und dem sozialen Umfeld führen können, sowie Fragen zu religiös-konservativen oder fernöstlichen Gemeinschaften. "Umso wichtiger ist es, dass es seriöse Stellen gibt, wie die Bundesstelle für Sektenfragen, die laufend wichtige Erkenntnisse über die wachsende Szene der Verschwörungstheoretiker und Fake News sammelt, dokumentiert und bewertet." Im kommenden Jahr werde man sich gezielt dem Abschottungsbericht widmen, um diesen "besorgniserregenden Entwicklungen" entgegenzutreten.
Die wichtigen Kernergebnisse des Sekten-Berichts
- Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, sind nicht mit Fakten oder Tatsachen zu erreichen.
- Die „kritische“ Haltung, die in vielen alternativmedizinischen und esoterischen Milieus herrscht, hat sich auch auf die Einstellung zur Corona-Impfung ausgewirkt - die Verweigerung war eine logische Weiterführung dieser wissenschaftsfeindlichen Haltung
- Bei aggressivem Verhalten gibt es drei Lösungsansätze: Grenzen setzen, im Gespräch bleiben und die Motive und Bedürfnisse hinter dem Glaubenskonstrukt wahrnehmen.
- Die Bewegung QAnon transportiert eine Vielzahl von offenen oder codierten antisemitischen Verschwörungstheorien, insbesondere über Soziale Netzwerkplattformen (zB Telegram, Twitter, Facebook).
- Soziale Medien fungieren nicht nur als Plattformen zur Verbreitung, sondern sind Brandbeschleuniger. Das heißt: Selbst sehr unglaubliche und abstruse Verschwörungstheorien finden Interessierte, welche die Inhalte in ihrem Umfeld weiterverbreiten. Neben „klassischen“, etablierten sozialen Plattformen wie Facebook, Twitter, Instagram, YouTube usw. werden dafür auch eher unbekannte Angebote wie 4chan, 8chan oder Reddit ebenso wie Messengerdienste (zb. Telegram) genutzt.
Im nächsten Jahr Sonderbericht zum Thema "Abschottung"
Die Bundesstelle für Sektenfragen wird 2023 gemeinsam mit Bildungsministerium und Innenministerium einen Sonderbericht zum Thema Abschottung veröffentlichen. Konkret beschäftigt sich der Bericht mit möglichen auftretenden Problematiken bzw. Gefährdungen in Zusammenhang mit dem häuslichen Unterricht bzw. Schulabmeldungen, vorwiegend zu Skepsis gegenüber COVID-19-Maßnahmen, Glauben an Verschwörungstheorien und esoterischen Angeboten Gemeinschaften und Sekten mit spezifischem religiösen oder weltanschaulichen Hintergrund, häuslichem Unterricht, Wissenschaftsskepsis und Demokratiefeindlichkeit
Mehr Budget vorgesehen
Seit Beginn ihrer Tätigkeit dokumentierte die Bundesstelle somit Anfragen zu insgesamt mehr als 2.900 unterschiedlichen Gemeinschaften, Personen oder Angeboten. Aufgrund des erhöhten Beratungsaufwands wird das Budget der Bundesstelle für Sektenfragen von 400.000 Euro auf 597.500 Euro, also um knapp 200.000 Euro, angehoben. Konkret soll dieses Geld in folgende Initiativen fließen:
- Mehr Beratungskapazitäten für mehr Beratungsfälle
- Mehr Öffentlichkeitsarbeit, um auf die Problemfelder aufmerksam zu machen
- Regelmäßige Berichte, ua der jährliche Tätigkeitsbericht und der 2023 erscheinende „Abschottungsbericht“
- Darüber hinaus fördert das Bundeskanzleramt das Projekt „Extremismusprävention im Zusammenhang mit Verschwörungstheorien“ mit 170.000 Euro
Innenminister Gerhard Karner:
„Die Corona Pandemie, aber auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine haben zu einer Radikalisierung an den Rändern unserer Gesellschaft geführt. Politische Extremisten versuchen Verschwörungstheorien und antidemokratische Haltungen in die Mitte unserer Gesellschaft zu bringen. Die österreichischen Staatsschutzbehörden beobachten diese Entwicklungen genau und kooperieren eng mit der Bundesstelle für Sektenfragen.“
Die Expertinnen und Experten der Stelle halten fest, dass das Bedürfnis nach persönlichen Gesprächen und individueller Hilfestellung vor allem bei Menschen in Konflikt- und Krisensituationen besonders groß war. Erst durch die Auswahl, Einschätzung und Reflexion relevanter Sachinformation, durch die Einbeziehung der speziellen Situation und des Kontextes der anfragenden Person sowie durch die Berücksichtigung weiterer relevanter Faktoren konnten im Rahmen kompetenter und professioneller Beratung individuell zugeschnittene Lösungsstrategien gemeinsam erarbeitet werden.
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