Das Glück ist oft ein Vogerl
Wenn das Glücksspiel zum Problem wird, helfen die Mitarbeiter der Spielsuchthilfe
An die 1.000 Personen jährlich suchen Hilfe bei der Spielsuchthilfe in der Siebenbrunnengasse. Sie wollen ihrem Leben wieder einen Sinn geben.
(siv). Anders als bei Drogen- oder Alkoholsucht sind bei pathologischen Spielern keine körperlichen Symptome zu erkennen. „Angehörige werden erst stutzig, wenn offensichtlich wird, dass der Betroffene Geldprobleme hat“, erzählt Izabela Horodecki, fachliche Leiterin der Spielsuchthilfe in Margareten. „Zum Beispiel öffnet die Ehefrau zufällig einen Brief von der Bank und fällt aus allen Wolken, wenn sie den Kontostand sieht. Ein Anzeichen ist auch, wenn ein Nichtraucher plötzlich nach Rauch riecht, weil er stundenlang in Lokalen am Automaten spielt.“
Gerade die Automaten bergen das größte Risiko, vom Glücksspiel abhängig zu werden. „Etwa 80 Prozent der Betroffenen, die bei uns Hilfe suchen, spielen am Automaten, während nur circa 30 Prozent ins Casino gehen, um zu spielen, wobei davon noch ein kleinerer Prozentsatz dem Roulette verfallen ist.“
Hilfe für Spieler und Angehörige
Nicht nur Spielsüchtige finden bei der Spielsuchthilfe Unterstützung, auch Angehörige können sich an die Experten wenden. „Gerade für Angehörige ist es sehr schwierig, mit der Situation umzugehen“, erzählt Psychologin und Psychotherapeutin Horodecki. „Immer wieder stehen Frauen ihren Ehemännern bei Krediten als Bürge zur Seite. Kommt es dann zur Scheidung, sind sie es, die jahrelang die Schulden abbezahlen müssen.“ Es kommt auch vor, dass die Familie nichts von der Spielsucht bemerkt, bis aufgrund der hohen Schulden eine Delogierung ansteht.
Die Spielsuchthilfe bietet für Spieler und deren Angehörige gleichfalls Hilfe an: persönliche, telefonische oder Online-Erstberatung, psychologische Betreuung sowie Sozial- und Schuldnerberatung. „Unsere Angebote sind alle kostenlos, immerhin sind die Menschen verschuldet und können nichts mehr bezahlen.“
Einstieg selten über Glückslose
Wer hin und wieder Lotto spielt oder sich ein Glückslos kauft, braucht sich in der Regel keine Sorgen zu machen, in die Spielsucht abzudriften. „Wobei es immer wieder Trafikanten gibt, für die die Versuchung in dieser Richtung groß ist. Ich kann mich auch an einen Fall erinnern, bei dem ein Betroffener immer wieder Glückslose gekauft hat. In seiner Pensionierung hat er dann die Zeit dafür verwendet, von einer Trafik zur anderen zu gehen, damit nicht auffällt, dass er Unmengen an Losen kauft“, erzählt die Expertin.
Von Spielsucht sind seit einiger Zeit immer mehr Jugendliche oder junge Menschen betroffen. „Für sie ist bereits ein kleiner Gewinn von Bedeutung, mit dem sie sich das Lehrlingsgehalt aufbessern. Die Gefahr ist groß, dass sie weiterspielen. Der Einstieg in die Sucht ist fast immer ein Gewinn. Später spielen sie, um die Schulden, die aufgrund der Sucht entstanden sind, wieder reinzuholen. Das funktioniert aber nicht.“ Wie bei einem Spieler, der an die – damals noch – 500.000 Schilling Schulden durchs Spielen hatte. „Er ging ins Casino und hat tatsächlich die Summe gewonnen, mit der er verschuldet war. Er hatte das Geld schon in der Tasche. Beim Hinausgehen hat er noch einen Jeton im Hosensack entdeckt und ist wieder an den Spieltisch zurückgekehrt. Und hat alles wieder verspielt.“
Sponsoren aus dem Glücksspiel
Finanziert wird der Verein durch Sponsoren, größtenteils aus dem Bereich des Glücksspiels. „Wilhelm Gizicki, der den Verein vorerst unter dem Namen ‚Anonyme Spieler‘ 1982 gegründet hat, war selbst Spieler. Anstatt Geld zurück zu verlangen, das er verspielt hatte, verhandelte er mit den Unternehmen eine finanzielle Unterstützung für den Verein aus. Nur die Stadt Wien unterstützt uns nicht. Das finde ich sehr schade, weil ich die Stadt Wien als größtes Glücksspielunternehmen sehe. Immerhin bekommt Wien pro Automat pro Monat eine Abgabe von 1.400 Euro, und über 5.000 Automaten gibt es in Wien.“
Infos: www.spielsuchthilfe.at
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