Hinter die Fassade spähen
Canisius-, Lustkandlgasse und Markthalle: Wie gut kennen Sie Ihr Grätzel? Die BZ lädt zu einem historischen Spaziergang durch den Alsergrund, der interessante Hintergründe und Begebenheiten aufdeckt.
(uss). Die Runde durch den Alsergrund startet bei der Canisiusgasse, geht weiter zur Lustkandlgasse und endet bei der Markthalle: Zum 300. Todestag des heiligen Petrus Canisius, Hofprediger und Bischofsvikar von Wien (1553 und 1854), wurde ihm in der Canisiusgasse ein Denkmal gesetzt. Sein bekanntestes Werk ist der Deutsche Katechismus, der zu seiner Zeit in zehn Jahren 55 Auflagen in neun Sprachen erlebte. Petrus Canisius gilt als der zweite Apostel Deutschlands, trat als erster Deutscher in den Jesuitenorden ein, wurde 1864 selig gesprochen, 1925 erfolgte seine Heiligsprechung. Die Pfarre mit ihrer beeindruckenden, erst jüngst renovierten Kirche ist im Bezirk besonders sozial engagiert.
Umstritten: Wagner-Jauregg
In der Lustkandlgasse steht der 1927/1928 nach Plänen von Bernhard Pichler errichtete, frisch renovierte Gemeindebau mit seinen Spitzerkern, Vorbauten, Balkonen und Loggien. Er ist nach dem lange Zeit umstrittenen Psychiater und Nobelpreisträger Julius Wagner-Jauregg benannt. Den Nobelpreis erhielt er für die Entdeckung der Bedeutung der Malaria-Impfung 1927. Vorwürfe wie NS-Zugehörigkeit, unethisches Verhalten, ja sogar die Förderung von Rassenhygiene und Euthanasie wurden von einer unabhängigen Expertenkommission 2004/2005 zerstreut. Wagner-Jauregg sei demnach als eine nicht historisch belastete Person anzusehen. Auch er wurde posthum auf einer 500-SchillingBanknote geehrt.
Die Markthalle
Die Errichtung der Markthalle (Nußdorfer Straße 21) und des Franz-Josefs-Bahnhofs in deren ursprünglichen Formen geht auf den Kupferschmied Franz Löblich, K&K Hoflieferrant und Innungsmeister, zurück. Löblich war Gemeinderat, Reichstagsabgeordneter und schließlich Bezirksvorsteher am Alsergrund. Seine Werkstätte und sein Wohnhaus waren in der Nußdorfer Straße 21, am Fuße einer Anhöhe zum Sechsschimmelberg. Die zentral gelegene Detailmarkthalle in der Nußdorfer Straße bildete über Generationen einen wichtigen Mittelpunkt der Nahversorgung. In der 1880 eröffneten Markthalle fanden 117 StandlerInnen auf 1.186 m² ein festes Dach überm Kopf. Gleich gegenüber, in der Nußdorfer Straße 23, wurde für die Wiener Weltausstellung 1873 das Hotel Union (unter dem Besitzer Johann Kempny) als eines der elegantesten Hotels Europas eröffnet. Inzwischen ist an dieser Stelle das Integrationshaus des Österreichischen Integrationsfonds untergebracht, das 120 Aslyberechtigten Unterkunft und umfassende Betreuung bietet.
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