Flexibler arbeiten bei Vossen in Jennersdorf? "Keine Bedenken"
Beim Frotteewarenhersteller befürworten Unternehmensleitung und Betriebsrat die neue gesetzliche Regelung.
"Mehr Sachlichkeit" in der aufgeheizten öffentlichen Diskussion über die Flexibilisierung der Arbeitszeit wünschen sich Geschäftsführung und Betriebsrat des Jennersdorfer Frotteewarenherstellers Vossen. Beide Seiten können sich mit der neuen gesetzlichen Regelung, die die maximale Arbeitszeit pro Tag auf zwölf Stunden und pro Woche auf 60 Stunden erweitert, durchaus anfreunden.
Betriebsvereinbarungen als Basis
"Es wird bei uns nie einen generellen Zwölf-Stunden-Tag geben. Aber wir bekommen nun die Möglichkeit, da und dort gemeinsam mit dem Betriebsrat befristet beispielsweise eine elfte Stunde zu vereinbaren", erklärt Geschäftsführer Werner Blohmann. Schon jetzt sind alle Arbeitszeitfragen in einer Betriebsvereinbarung festgehalten, die gemeinsam mit dem Betriebsrat erstellt wird.
Bei Arbeitern keine Änderungen ...
In der Frottee-Produktion werde es auch mit dem neuen Gesetz keine Änderung geben, versichern Blohmann und Arbeiterbetriebsrat Kurt Pock. "Wir fahren drei Schichten zu je acht Stunden, daran wird nicht gerüttelt", so Pock.
... eher bei den Angestellten
Sehr wohl kann die Flexibilisierung aber für Angestellte angewendet werden. "Es sind in erster Linie Kreative, Programmierer oder Projektmitarbeiter, die kein starres Zeitkonzept wollen. Sie möchten oft am Abend länger arbeiten und dafür diese Stunden in Freizeit abgegolten haben", berichtet Angestellten-Betriebsrätin Anita Windt. Oft entspringen individuelle Arbeitszeit-Wünsche auch privaten oder familiären Gründen.
"Wenn ein Mitarbeiter einen Termin in Wien hat und inklusive zwei Stunden Anfahrt und zwei Stunden Heimfahrt auf über zehn Stunden pro Tag kommt, muss er in Wien übernachten. Das sorgt nur für Kopfschütteln", bringt Blohmann ein Beispiel. "Aber es wäre kontraproduktiv, auf Dauer zwölf Stunden pro Tag zu arbeiten."
Stetige Anpassungen
Wie die Arbeitszeitflexibilisierung bei Vossen in der Praxis aussieht, zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 2017. Angesichts des Weihnachtsgeschäfts wurde für den Versand im November und Dezember mit dem Betriebsrat eine 50-Stunden-Woche vereinbart. Ab Feber wurden die Zusatzstunden abgebaut. "Aber wir haben gesehen, dass die Regelung nicht viel bringt. Für die Weihnachtsproduktion 2018 suchen wir daher eine neue Variante", sind sich Blohmann und Pock einig.
Eine Zehn-Stunden-Woche sei schon bisher nicht angeordnet worden, auch eine Zwölf-Stunden-Woche werde nie angeordnet werden, betont der Geschäftsführer. "Entscheidend ist, dass alle Vereinbarungen auf Freiwilligkeit beruhen", hält Windt fest.
Hätte ihr Betriebsratskollege Pock dem neuen Gesetz im Parlament zugestimmt? "Ich hätte keine Bedenken gehabt", sagt er.
165 Arbeitnehmer
Bei Vossen in Jennersdorf sind 165 Personen beschäftigt, je zur Hälfte Arbeiter und Angestellte. Übr 80 % der freiwillig geleisteteten Überstunden werden in Freizeit abgegolten. Im ersten Halbjahr 2018 wurden neben den Werktags-Schichten auch 15 Samstagsvormittag-Schichten gefahren.
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