Kultur in der Josefstadt
Das Pygmalion Theater ist eine kafkaeske Insel
Seit 28 Jahren gibt es das Pygmalion Theater im 8. Bezirk schon. Viel nieschiger kann eine Institution kaum sein.
WIEN/JOSEFSTADT. Wenn man nicht wüsste, dass es existiert – man würde das Pygmalion Theater nicht finden. Doch direkt in einem Biedermeierhaus in der Alser Straße 43 befindet sich in einem Hinterhof ein Raum mit einer kleinen Bühne und 40 Plätzen.
All das sieht dabei etwas mitgenommen aus, ein Prachtbau ist das Ganze nicht. Doch das macht laut Regisseur Geirun Tino, der das Theater 1995 gegründet hat, nichts. "Mir hat einmal wer gesagt, wenn man ein Theater das erste Mal besucht, muss man auf die Türschwelle schauen", erzählt er schelmisch: "Wenn die neu und nicht benutzt ausschaut, ist es ein schlechtes Theater."
Der 72-Jährige kam 1985 nach Österreich. "Damals gab es keine Bühne für Jungschauspieler in Österreich", so Tino. Für sie – aber nicht nur für sie – gründete er das Pygmalion Theater.
Allen eine Bühne bieten
"Es gibt ja zum Beispiel auch Frauen, die eine Schauspielschule besucht haben, dann Kinder bekommen und den Weg des Theaters nicht weiterverfolgen", so Tino: "Aber später wollen sie zu ihrer ersten, wahrhaftigen Liebe zurück." Auch für sie ist das Pygmalion da: "Ob jung oder alt, wenn du den Beruf gelernt hast und ihn erleben willst, komm zu uns", sagt Tino: "Wir können eine Bühne bieten. Sie ist nicht sehr groß – aber eine Bühne."
Und natürlich bietet er auch seine Erfahrung an - den Regisseur kann man in seinem Fach getrost als alten Haudegen bezeichnen, der schon den einen oder anderen Preis einheimsen konnte.
Seit 28 Jahren dasselbe Stück
Gespielt werden im Pygmalion gern Prosa-Stücke, die adaptiert werden. Mittendrin statt nur dabei ist Alsergrunder Philipp Kaplan, Dramaturg des Theaters. Er spielt aktuell etwa auch die Haupt- und einzige Rolle in "Die Verwandlung" von Franz Kafka. "Wir wollen mithilfe des Theaters auch Literatur einfacher zugänglich machen", sagt Kaplan. Mit 16, 17 Jahren hätte er "Die Verwandlung" selbst gelesen, die Erzählung hätte ihn damals aber nicht gepackt. "Mit einer besonderen Inszenierung kann man vielleicht auch bei Jugendlichen die Lust auf Literatur und Theater wecken", hofft er.
Daher können sich auch Schulen jederzeit im Pygmalion melden – das Ensemble hat einige Stücke im Repertoire, die es jederzeit für sie aufführen kann. "Die Verwandlung" sticht dabei heraus, weil das Stück seit 1998 durchgehend am Spielplan des Pygmalion zu finden ist – auch wenn vor Kaplan andere das Stück spielten.
Kafka aus Leidenschaft
Doch Kaplan, Jahrgang 1978, hat mittlerweile eine große Leidenschaft für Kafka entwickelt. "Mit wenigen Worten bringt er sehr viele Bilder zum Ausdruck", sagt er. Deshalb hätte man in den vergangenen Jahren etwa "Das Schloss", "Der Prozess" oder "Die Strafkolonie" auf die Bühne gebracht. "Alles Stoffe aus der Prosa, die dramatisch lange niemand angewandt hat", so Kaplan. Auch wenn das Pygmalion räumlich klein ist: die Mission, die Kaplan und Tino verfolgen, ist es nicht.
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