Kärntner Militärkommandant
"Die nächsten 20 Jahre werden eher unfriedlicher"

Ende August wurde Philipp Eder als neuer Militärkommandant von Kärnten angelobt. | Foto: Bundesheer/Pusch
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  • Ende August wurde Philipp Eder als neuer Militärkommandant von Kärnten angelobt.
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Seit knapp einem Monat ist Philipp Eder Kärntens neuer Militärkommandant. Die Woche Kärnten sprach mit ihm über Kasernenneubau, Personalmangel und die (neue) Kernaufgabe des Bundesheers.

Woche: Die Kernaufgabe des Bundesheers, die Landesverteidigung, ist in den vergangenen Jahren in den Hintergrund gerückt und heimische Soldaten sind vorwiegend bei Hilfseinsätzen zu sehen. Wie sehen Sie die Entwicklung?
Philipp Eder:
Von außen betrachtet stimmt das. Es mag daran liegen, dass für die Bevölkerung keine militärische Bedrohung spürbar war. Allerdings ist die Innenansicht des Bundesheers immer eine andere gewesen. Unsere Kernaufgabe ist und bleibt die Landesverteidigung. Das bedingt auch, dass wir an Katastrophen und Krisen denken, an die andere nicht denken. Wir haben vor Cyberangriffen, Migration, Pandemien, vor der Instabilität um uns herum gewarnt. Wir sind in einem vereinten Europa, das ist gut. Wir leben in einer globalisierten Welt, was uns auf vielen Ebenen hilft, aber was auch gewisse Gefährdungen mit sich bringt – davor darf man die Augen nicht verschließen. Und spätestens seit dem Frühjahr 2022 wissen wir, dass es schnell gehen kann. Es gab vertrauensbildende Verträge, Rüstungsabkommen usw., die existieren nicht mehr. Daher gehen wir davon aus, dass es in den nächsten 20 Jahren eher unfriedlicher wird statt ruhiger.

Ihr Vorgänger sprach in einem Interview von notwendigen Investitionen, damit das Bundesheer auch in Zukunft "kampfbereit" bleiben kann. Welche sind das?

Das Bundesheer lebt stark aus der Substanz, die in den 1970/80ern geschaffen worden ist. Man sieht das an der Infrastruktur – wir haben Kasernen, in die in den vergangenen 30 Jahren wenig investiert wurde. Wir haben in Kärnten zwei Infanterieverbände, deren Geländefahrzeuge ungefähr so alt sind wie ich. Die müssen ausgetauscht werden. Wir haben einige Waffensysteme, die schon sehr in die Jahre gekommen sind, die wir dringend ersetzen müssen. Wir investieren in Drohnen, in neue Hubschrauber, in Transportflugzeuge. Militärgeräte kauft man bei internationalen, oder wo es sie noch gibt, bei österreichischen Rüstungsbetrieben, bei denen wir in den vergangenen 30 Jahren nur Kleinsstück-Mengen bestellt haben. Jetzt sind viele europäische Armeen aufgeweckt worden und wir stellen uns mit ihnen in die Warteschlange bei den Rüstungsbetrieben, die zum Teil selbst erst investieren müssen, um die Technik zu modernisieren.

Im Interview spricht Philipp Eder über notwendige Investitionen. | Foto: Arno Pusca/Bundesheer
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Zur Modernisierungsoffensive zählt wohl auch die neue Großkaserne in Villach, für die heute der Spatenstich fällt. Um die neue Kaserne in Klagenfurt ist es ruhig geworden.
Ich glaube, dass wir hier einen Neustart benötigen. Das berüchtigte Kasernenprojekt, bei dem ein ehemaliger Angehöriger des Bundesministeriums beteiligt war, ist ja nicht vom Kärntner Militär ausgegangen. Wir sehen es aber als Denkanstoß. Wir werden uns jetzt überlegen, was für uns sinnvoll ist. Dafür müssen wir mit den Verantwortlichen bei Flughafen, Land und Stadt in den Dialog treten. Wenn dabei herauskommt, es wäre sinnvoll, bei dem zu bleiben, was wir jetzt haben, wäre das auch ok. Was auf jeden Fall fix ist: Klagenfurt bekommt einen Hubschrauber, und zwar den HW169, der gerade beim Bundesheer eingeführt wird. Die Planungen dazu laufe bei unseren Luftstreitkräften.

Junge Männer haben mittlerweile die Wahlfreiheit, ob sie den Grundwehr- oder den Zivildienst leisten. Wie wirkt sich das auf den Personalstand aus?
Das Bundesheer ist ein Abbild der Gesellschaft, bei uns findet sich jeder Beruf wieder und so haben wir mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen wie andere Unternehmen und Organisationen. Im Bereich der Berufssoldaten sind wir noch gut aufgestellt, allerdings steht uns eine Pensionierungswelle bevor. Dass die Gesellschaft mittlerweile sehr pazifistisch orientiert ist, merkt man den hohen Zivildienerzahlen, die ja auch für unser Gesundheits- und Sozialsystem gut sind. Aber für uns wird es zu einem Problem. Worauf wir wirklich vermehrt den Fokus richten müssen, ist es, mehr Frauen für das Bundesheer zu begeistern. Beim Militärkommando ist der Frauenanteil zwar relativ hoch, allerdings unter den Zivilbediensteten.  Bei der Polizei ist die Frau in Uniform schon gewohnter, bei uns immer noch nicht. 

Wäre es ein gangbarere Weg, die Aufnahmekriterien aufzuweichen?
Das wird auch bei uns immer wieder diskutiert. Es ist ein Abwägen: Wenn wir in der Qualität nachlassen, bekommen wir Quantität. Aber hilft uns dann die Quantität, wenn wir eigentlich die Qualität brauchen?

Ende August wurde Philipp Eder als neuer Militärkommandant von Kärnten angelobt. | Foto: Bundesheer/Pusch
Im Interview spricht Philipp Eder über notwendige Investitionen. | Foto: Arno Pusca/Bundesheer

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