Siegfried Hubinger
"Der Tod ist immer zu früh"

Siegfried Hubinger ist seit über 55 Jahren Bestatter  | Foto: Siegfried Hubinger
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Der Bestatter Siegfried Hubinger (83) aus Wartberg an der Krems erzählt über sein Leben mit dem Tod.

WARTBERG. Als Siegfried Hubinger 14 Jahre alt war, fragte ihn sein Vater, der ebenfalls Bestatter war und eine Tischlerei betrieb: "Was willst du werden, Pfarrer oder Tischler?" Siegfried Hubinger, der damals das Gymnasium Schlierbach besuchte und die meiste Zeit im Internat verbrachte, entschied sich für den Tischlerberuf. Die Bestattung gehörte dazu. Das war einfach so.


Schuljahre und Internat

An die Gymnasiumzeit erinnert er sich mit gemischten Gefühlen: "Da ging man hin, um Pfarrer zu werden," berichtet er. 600 Schilling mussten seine Eltern monatlich für diese Pfarrervorausbildung aufbringen. Das entsprach einem halben Durchschnittslohn. Geschlafen wurde auf Strohmatten und nach Hause durfte man nur zu Weihnachten, zu Ostern und in den Sommerferien. Das Heimweh war mindestens so groß wie der Drill, der täglich um 5:00 Uhr am Morgen begann: Frühsport, Messe, Unterricht und beichten. "Gebeichtet wurde so oft, dass wir gar nicht mehr wussten, was wir beichten sollen, weil wir ja keine Zeit hatten, was anzustellen," erinnert sich Siegfried Hubinger, den diese Zeit geprägt hat. Auf die Frage, wie wichtig es als Bestatter ist, ein gläubiger Mensch zu sein, sagt er: "Ja, ich bin ein gläubiger Mensch, aufgrund meiner Erziehung. Aber nach der strengen Gymnasiumzeit hab ich für mich einen religiösen Mittelweg gefunden. Es ist schon wichtig, an etwas zu glauben. Der Tod ist immer zu früh – ganz egal, wie alt jemand ist. Der Glaube schenkt Hoffnung. Mit Hoffnung ist es am Ende eher ein "Heimgehen". 

Seit über 55 Jahren Bestatter

Seit seinem 15. Lebensjahr arbeitete Siegfried Hubinger in der Bestattung mit und übernahm sie im Jahr 1966. Die Bestattung in Nußbach ist 1984 dazu gekommen. Mittlerweile arbeitet er in diesem Beruf seit  über 55 Jahren. In dieser Zeit hat sich viel geändert. Nun gibt es zum Beispiel auch Kriseninterventionsteams, in deren Richtung Siegfried Hubinger etwas anmerken möchte: "Es wird immer berichtet, wie Personengruppen durch das Kriseninterventionsteam betreut werden. Von der Feuerwehr bis zur Rettung. Kein einziges Mal habe ich bisher gehört, dass Bestatter betreut werden. Aber auch uns Bestattern gehen solche Momente sehr nah! Am Schlimmsten ist es natürlich, wenn es um kleine Kinder geht," sagt er. "Da trauert man mit und ist manchmal auch sprachlos. Ich stehe da nicht drüber."

Ablenkung findet er in der Natur und in der Umgebung. Er ist gerne zu Hause, braucht keine Urlaube in der Ferne - da fährt er schon lieber eine kleine Tour mit dem Motorrad. 

Sein Hobby: Motorradfahren | Foto: Siegfried Hubinger

Eine Herausforderung stellen auch die unterschiedlichen Bestattungsmöglichkeiten und die vermehrten individuellen Wünsche dar. Gerne bemüht er sich, darauf einzugehen, um Verabschiedungen so gestalten zu können, dass die Hinterbliebenen Trost finden.  

Zuhören ist wichtig

"So richtig aufgegangen bin ich in der Bestattung ab 2002, als ich mit der Tischlerei in Pension gegangen bin," berichtet Siegerl Hubinger, wie seine Freunde ihn nennen. Von da an konnte er sich für die Menschen noch besser jene Zeit nehmen, die es brauchte. Zeit haben und sich Zeit nehmen ist ihm generell wichtig. Das geht im Kleinen besser als im Großen. "In einer großen Stadt würde ich meinen Beruf nicht mehr ausüben," so Hubinger. "Die Trauernden sind dankbar für eine vertraute Person, die ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht. Sie wollen in der schwierigen Zeit jemanden um sich haben, den sie kennen und dem sie vertrauen. Die meisten Trauerfamilien kennt er persönlich und begleitet sie schon in der zweiten, dritten Generation.

"Ich helfe, in dem ich da bin und zur Seite stehe. Ich mache, was zu tun ist, dann setzen wir uns zusammen und reden."

Was er in den vielen Berufsjahren gelernt hat: "Zuhören. Nie im Vordergrund stehen. Einen Bestatter darf man kaum wahrnehmen. Aufdringlichkeit und Hektik passen nicht in unser Berufsbild." Beim Erzählen spürt man, es ist kein Beruf, von dem er spricht, sondern Berufung. Da stimmt er auch zu: "Alles, was man mit Liebe macht, gibt Auftrieb, schenkt Energie und Lebensfreude. Besonders schön ist es, die Dankbarkeit der Menschen zu spüren und zu wissen, dass man geholfen hat. Ich möchte meine Arbeit noch so lange machen, wie es mir gut geht – und mir die Menschen ihr Vertrauen schenken."

Siegfried Hubinger ist seit über 55 Jahren Bestatter  | Foto: Siegfried Hubinger
Sein Hobby: Motorradfahren | Foto: Siegfried Hubinger
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