15. Ökumenische Sommerakademie startete zum Thema: Wer ist mein Nächster? Das Soziale in der Ego-Gesellschaft

2Bilder

KREMSMÜNSTER. Zehn Jahre nach dem Erscheinen des Ökumenischen Sozialwortes aller christlichen Kirchen in Österreich widmet sich die Ökumenische Sommerakademie in Kremsmünster heuer dem Thema „Wer ist mein Nächster? Das Soziale in der Ego-Gesellschaft“. Am Mittwochnachmittag, 10. Juli 2013 startete die Ökumenische Sommerakademie und eröffnete sogleich die Diskussion unter VertreterInnen von Wissenschaft, Politik, Gesellschaft und Kirche und mehreren hundert Teilnehmenden zwischen individualistischem Egoismus und gesellschaftlicher Solidarität.

Zu Beginn der Ferienzeit treffen in Kremsmünster zur Ökumenischen Sommerakademie SpitzenvertreterInnen der christlichen Kirchen in Österreich und der Politik und Gesellschaft zusammen und stellen sich aktuellen Themen der Zeit.

Abt Mag. Ambros Ebhart begrüßte als Hausherr die anwesenden Gäste und zitierte zu Beginn die Bibel, wo im Lukasevangelium gefragt wird: „Wer ist mein Nächster?“ Jesus erzählt daraufhin das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Abt Ebhart sprach danach davon, dass das Stift Kremsmünster sehr bemüht sei, dass alle an sie herangebrachten Vorwürfe zu Gewalt und Missbrauch geprüft, durch ein externes wissenschaftliches Institut aufgearbeitet sowie auch interne Maßnahmen gesetzt werden. „Jene Schüler, die hier Gewalt und Missbrauch erlebt haben. Wir dürfen sie nicht vergessen“, so der Kremsmünsterer Abt.

Univ.-Prof. Dr. Ewald Volgger, Rektor der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz, erinnerte an das liturgische Zeichen des Friedensgrußes in den christlichen Liturgien: „Die Liturgie lehrt uns hier im Auge zu haben: Wer ist mein Nächster / meine Nächste?“

Der Oberösterreichische Superintendent Dr. Gerold Lehner sprach in seinem Eröffnungsbeitrag davon, dass es auch von der Bibel her begründet sei: „Es gibt keinen Menschen ohne den Anderen / die Andere. Es gibt kein Entweder-Oder sondern nur ein UND.“

Der Linzer Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz strich bei der Begrüßung die Bedeutung des Ökumenischen Sozialwortes der christlichen Kirchen hervor. Der Linzer Bischof em. Maximilian Aichern war maßgeblich an der Entstehung des Sozialwortes beteiligt. „Das Sozialwort wurde in Österreich zum Kompass der Gesellschaft in sozialen Fragen und es war und ist ein konstruktiver Dialog zwischen Kirche und Gesellschaft entstanden“, so der Linzer Bischof. Das Sozialwort und die darauf folgenden Maßnahmen und Diskussionen hätten als Grundlage die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils von einer „dienenden Kirche“.

Als Vorsitzender des Ökumenischen Rates in Österreich begrüßte der evangelische Bischof Dr. Michael Bünker die Akademieteilnehmenden. Er zeigte die aktuellen brennenden Fragen der Gesellschaft auf. Wachsende Ungleichheit, Fragen nach Gerechtigkeit und der Zusammenhalt der Generationen sowie die Grenzen des Marktes seien Themen, die Menschen heute auf der ganzen Welt bewegen. Die christlichen Kirchen werden daher immer ihre Stimme zu sozialer Gerechtigkeit erheben, so Bünker, denn „die Verteilung der Gewichte hat unmittelbare Auswirkung auf das Gefüge der Gesellschaft“.

Auch der oberösterreichische Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer stellte das Ökumenische Sozialwort als Handlungsprinzip für politische Entscheidungen vor: „Die Verbindung des Sozialwortes mit der sozialen Praxis ist entscheidend.“ Soziale Sicherungssysteme seien immer ein Bündnis zwischen Schwachen und Starken. Pühringer erinnerte an die Solidarität beim Hochwasser im Juni des Jahres, wo in Oberösterreich 40.000 Feuerwehrleute, 5000 Rot-Kreuz- sowie SamariterbundmitarbeiterInnen und unzählige Freiwillige geholfen hätten.

Ohne ich, kein wir
Eine lebendige Diskussion entstand am Eröffnungstag der 15. Ökumenischen Sommerakademie 2013 durch die Vorträge des Philosophen Univ.-Prof. Dr. Michael Pauen, Universität Berlin, zum Thema „Ohne ich, kein wir. Warum wir Egoisten brauchen“ und des Landesbischofs und Theologen Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, zum Thema „Wer ist mein Nächster? Gemeinschaft in der modernen Gesellschaft“.

Pauen sprach davon, dass ein „empatischer Egoismus“ soziales Verhalten wie zum Beispiel Fairness begünstige und in der modernen Gesellschaft eine große Rolle spiele. „Weil ich eigene Interessen habe, bin ich auf die Gemeinschaft angewiesen“, formuliert es Pauen in der Diskussion.

Bedford-Strohm beschreibt die Gemeinschaft heute als ein „Netzwerk von starken und schwachen Beziehungen“. Pluralisierung, Individualisierung und Gegenseitigkeitsorientierung würden die Gesellschaft heute prägen und seien auch aus biblischer Sicht nicht moralisch zu verwerfen, sondern positiv zu bewerten. Moderne Netzwerke seien hilfreich für ein Beziehungsnetzwerk heute. Individualisierung bedeute ein Handeln in Freiheit. Die Grundlage der Bibel, dass jeder Mensch als Bild Gottes geschaffen wurde, sei Grundthese der Vielfalt heute. „Das Doppelgebot der Liebe in der Bibel bedeutet keine Selbstaufgabe. Das Eingehen auf die Schwächsten in unserer Gesellschaft ist Kern einer aufgeklärten modernen Gesellschaft“, sagte der Landesbischof.

Die Ökumenische Sommerakademie widmet sich am Donnerstag ausführlich dem Thema der Gemeinschaft, Solidarität und Subsidiarität durch Vorträge von Dr. Michael Stefan Aßländer, Dr. Ansgar Kreutzer, Dr.in Michaela Pfadenhauer sowie Dr. Martin Abraham.
Am Freitag wird das Ökumenische Sozialwort der christlichen Kirchen im Mittelpunkt der Tagung stehen. Dr.in Ingeborg Gabriel, Bischof Dr. Michael Bünker, Bischof Dr. Manfred Scheuer sowie Bischof Dr. Arsenios Kardamakis werden die Wirkung und Rezeption des Ökumenischen Sozialwortes bis heute beleuchten.

Die Ökumenische Sommerakademie wird veranstaltet von der Katholisch-Theologischen Privatuniversität (KTU) Linz, dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich, dem Evangelischen Bildungswerk Oberösterreich, der KirchenZeitung Diözese Linz, dem Stift Kremsmünster, den Religionsabteilungen des ORF in Fernsehen und Hörfunk und dem Land Oberösterreich.

Fotos: Diözese Linz

Anzeige
1:46
1:46

WKOÖ Maklertipp
Rechtsschutzversicherung: Sichern Sie Ihr Recht!

Eine Rechtsschutzversicherung schützt Sie vor den Folgen von vielen möglichen Konfliktfällen – vor allem finanziell.  Es gibt viele Gründe für einen Streit vor Gericht: Angenommen, Ihr Vermieter erhöht den Mietzins in ungerechtfertigter Weise, Ihr Hund läuft einem Biker vor das Rad, Ihnen wird nach einem Verkehrsunfall das Schmerzensgeld verwehrt oder Ihr Arbeitgeber zahlt die Überstunden nicht. Von all diesen Fällen haben Sie schon gehört oder Sie haben sogar schon selbst eine solche oder eine...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Kirchdorf auf MeinBezirk.at/Kirchdorf

Neuigkeiten aus Kirchdorf als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Kirchdorf auf Facebook: MeinBezirk.at/Kirchdorf - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Kirchdorf und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.