Zweiter Weltkrieg
Die letzten Tage des Kriegs im Bezirk Kirchdorf

Rudolf Stanzel | Foto: BBS/Haijes

Je größer der Abstand zu den Ereignissen des Jahres 1945 wird, umso bedeutsamer wird das, was sich beim Ende des 2. Weltkrieges im Garstnertal ereignet hat.

BEZIRK KIRCHDORF. "Die Region war nämlich feindfrei und zum letzten Zufluchtsziel vieler Soldaten und Flüchtlinge geworden", erzählt der pensionierte Hauptschuldirektor und Heimatforscher Rudolf Stanzel aus Windischgarsten. Es begann im Jänner 1945, als die ungarische Nationalbank auf der Flucht vor den Russen nach Spital/Pyhrn übersiedelte. Wochenlang transportierten die Bauern, meist Frauen, auf Schlitten die Goldbarren vom Bahnhof in die Stiftsgruft. Das Fremdvölkische Kinderheim, das im Herrenhaus des ehemaligen Sensenwerkes Weimeister untergebracht worden war, musste dem Kanzleibetrieb der ungarischen Nationalbank weichen.

Todesmarsch im April 1945

"Mitte April 1945 versetzte der sogenannte Todesmarsch die Bevölkerung in Aufregung", fährt Stanzel fort. "Tausende jüdische Zwangsarbeiter und einige KZ-Insassen wurden von Graz nach Mauthausen und Ebensee getrieben. Durch unseren Bezirk gab es einen einzigen Todesmarsch, der aus echten KZ-lern und ungarischen Schanzjuden bestand." Über den Pyhrnpass kommend, übernachtete der Zug am 16. April in Spital/Pyhrn auf freiem Feld und in den Gängen des Stiftes. Am nächsten Tag ging es weiter bis Klaus. Viele Juden waren so ausgemergelt, dass sie unterwegs zusammenbrachen. Sie wurden dann von den Wachen erschossen. Die Opfer - im Gemeindegebiet von St. Pankraz waren es drei - wurden gleich neben der Straße verscharrt. Nach Kriegsende mussten ortsbekannte Nazis die Leichen am Friedhof von St. Pankraz begraben. 1954 wurden sie nach Mauthausen übertragen. In den Protokollen war von namenlosen Personen die Rede, bis nach 70 Jahren in der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf persönliche Dokumente auftauchten, die von einem Violinvirtuosen Zoltan Schultz berichteten. "Bei der Enthüllung des Mary-Holzhausen-Gedenksteines wurde diese überraschende Entdeckung durch Pfarrer Heribert Binder auf beeindruckende Weise öffentlich gemacht", so Rudolf Stanzel. "Wohl stiftete die in USA lebende Verwandtschaft von Zoltan Schultz eine Gedenktafel. Leider befindet sie sich in Mauthausen. Nichts erinnert in St. Pankraz an ihn und die anderen Opfer dieser Nazi-Tyrannei. An der Friedhofmauer, wo früher das ungeweihte Eck für die Selbstmöder war, ließe sich eine kleine Tafel anbringen. Vielleicht ist jetzt die Zeit reif dafür."

In den letzten Kriegstagen gab es noch ein besonderes Ereignis, wie der Heimatforscher schildert: "Gauleiter August Eigruber – er war sozusagen der Landeshauptmann – wurde zum Reichsverteidigungskommissar ernannt. Er besaß damit Befehlsgewalt über die Wehrmacht. Am 5. Mai 1945 kam er mit seinem Tross nach Windischgarsten. Ein junger Leutnant wollte in Klaus die Autos kontrollieren, da ließ ihn Eigruber erschießen." Vom Rathaus in Windischgarsten aus wollte Eigruber mit den Amerikanern Waffenstillstandsverhandlungen führen. Tatsächlich erreichte er, dass die Amerikaner in Kirchdorf stoppten und drei Offiziere nach Windischgarsten entsandten.

Kapitulation angeboten

"Eigruber bot eine Kapitulation an, wenn die Wehrmacht weiter gegen die Russen kämpfen dürfte. Das lehnten die Amerikaner ab. Am letzten Kriegstag verschwand Eigruber frühmorgens. Zu Mittag fuhr der erste amerikanische Panzer auf den Hauptplatz. Eine Schlüsselfigur war Bürgermeister Franz Scheer. Er verfasste im Anhaltelager Glasenbach einen Bericht über die letzten Kriegstage. Der Zweite Weltkrieg ist also in Windischgarsten zu Ende gegangen."

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