Mit Asylwerbern unter einem Dach
Seit Jänner 2016 haben sechs Familien aus Afghanistan und dem Iran in Mitterweng bei Familie Baumschlager eine vorübergehende Herberge gefunden. Neunzehn Menschen aus verschiedenen Kulturen leben mit den Unterkunftgebern unter einem Dach.
SPITAL/PYHRN. Die neuen Bewohner sind froh, sich nach einer lebensbedrohlichen Flucht mit ihren Kindern in Sicherheit zu befinden. Die Gefährlichkeit der Reise und die Ungewissheit der Zukunft in der neuen Heimat verdeutlichen, dass diese Menschen ihre Familien und ihre Heimat nicht freiwillig verlassen haben.
Vor dem Hintergrund dieser Ausnahmesituation ist es bemerkenswert, welche Offenheit und Dankbarkeit diese Menschen an den Tag legen. Wenn man mit ihnen zusammen lebt, erfährt man sehr schnell, dass die zum Teil bestehenden Vorurteile in keinster Weise berechtigt sind. Es sind Menschen wie du und ich, jedoch mit großen Sorgen und Ängsten um ihre Zukunft. Reichen wir Ihnen die Hand.
Bereits wenige Tag nach ihrer Ankunft besuchten die Kinder den Kindergarten und die Volksschule in Mitterweng sowie die Neue Mittelschule in Windischgarsten, wo sie von den Schulleitern Dir. Gisela Pernkopf und Dir. Andreas Stallinger sowie der Kindergartenleiterin Linda Hüthmair unkompliziert und äußerst freundlich aufgenommen wurden.
Um diesen Menschen eine Integration in ihrem neuen Land zu ermöglichen, hat das Erlernen unserer Sprache oberste Priorität. Interessierte Personen für den Deutschunterricht mögen sich bitte telefonisch bei Frau Ursula Hintermayr (0699/14609590) melden.
Ein großes Danke gehört den Unterstützern: den Deutschlehrerinnen Ursula Hintermayr, Andrea Popp, Anneliese Paulowitsch, Hedwig Schober, Ulrike Schober, der Übersetzerin Lisa Rumplmayr, den Bäckereien Grillneder und Schwarz, dem Soroptimist Club Windischgarsten - Kremstal sowie den zahlreichen Spendern.
Sachspenden (Bekleidung, Schuhe, Spiele, etc.) werden benötigt und dankbar angenommen. Bitte um vorherige Kontaktaufnahme mit Familie Baumschlager (0664/1257770, 0664/2206054 oder per e-Mail baumschlager@aon.at).
Hilfe im Trauma
Ein schrecklicher Bürgerkrieg im Nahen Osten hat unzählige Menschen dazu veranlasst, ihre Heimat zu verlassen und sich in Richtung Europa aufzumachen, um den Gräueln des Krieges zu entfliehen. Österreich ist durch seine Rolle als Transitland aber auch als Ziel vieler Hilfesuchender mit dem aktuellen Weltgeschehen unmittelbar konfrontiert. Sowohl im medialen Diskurs als auch in politischen Debatten wird das Hauptaugenmerk auf damit in Zusammenhang stehende ökonomische und soziale Konsequenzen gelegt. Der Bedeutung der humanitären Katastrophe für den einzelnen Menschen wird dabei häufig wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei gelingt es der Forschung immer besser, die Auswirkungen von Gewalt und Krieg auf die Psyche des einzelnen zu verstehen.
Jenes Krankheitsbild, das wohl am deutlichsten den Zusammenhang zwischen traumatisierenden Erlebnissen und psychischen Folgeerscheinungen veranschaulicht, ist die Posttraumatische Belastungsstörung. Gekennzeichnet ist sie unter anderem durch sich immer wieder aufdrängende Erinnerungen, sogenannte Flashbacks, Albträume, emotionale Stumpfheit, Freudlosigkeit und dramatische Ausbrüche von Angst und Panik. Der Krankheit vorangegangen muss ein Ereignis katastrophenartigen Ausmaßes sein, wozu beispielsweise Kampfhandlungen, schwere Unfälle, Folter oder Terrorismus zählen. Entgegen der immer häufigeren Charakterisierung von belastenden Lebensumständen als „traumatisierend“ handelt es sich hierbei um existenzielle Gefährdungen für die körperliche oder psychische Gesundheit bzw. die unmittelbare Konfrontation mit einem gewaltsamen Tod. Betroffene leiden in der Folge häufig an Depressionen, suchen Linderung durch Suchtmittelkonsum oder begehen in ihrer Verzweiflung Suizid.
In der Traumabewältigung geht es vor der Anwendung spezifischerer traumatherapeutischer Verfahren zunächst um die Herstellung einer sicheren Umgebung, den Schutz vor neuen Traumatisierungen und allgemein stabilisierende Maßnahmen. Hierbei spielt für Kriegsflüchtlinge die Gewährung von Asyl und die damit einhergehende Sicherung der basalen Überlebensvoraussetzungen eine wesentliche Rolle. Noch fundamentaler erscheint neben therapeutischen Notwendigkeiten die humanitäre Verpflichtung zur Hilfe für Notleidende. Wer am Abgrund des Lebens stehende Menschen auffangen konnte und ihre Dankbarkeit erfährt, dem wird ein Zitat aus dem Talmud vertraut erscheinen: „Wer nur ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt“.
Mag.phil. Dr.med.univ. Daniel Baumschlager
Arzt an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie 1
LKH Graz Süd-West, Standort Süd
Fotos: privat
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