Peter Ambrozy
"Wollte mit dem Ehrenamt der Bevölkerung etwas zurückgeben"

Verkosten von Gulasch aus der Feldküche beim Feldküchenwettbewerb 2018: Peter Ambrozy mit Roland Peters, Dietmar Neubacher und Sigi Truppe
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Mit 9. Juni endet eine Epoche beim Kärntner Roten Kreuz. Peter Ambrozy kandidiert nicht mehr für das Präsidenten-Amt, wird sich zurückziehen. Wir sprachen mit ihm über seine Anfänge und die großen Projekte, aber auch über Enttäuschungen und die Zukunft seiner Person und über jene "seines "Roten Kreuzes.

KLAGENFURT. Wir treffen Peter Ambrozy frühmorgens beim Kaffee bei sich zuhause in Viktring. Er wirkt entspannt. Der Stress, dem er sich eigentlich seit Beginn seiner politischen Karriere immerzu ausgesetzt sah, dürfte nun mit seinem Ausscheiden aus dem Präsidenten-Amt am 9. Juni endgültig abflauen.

Wie kam es, dass du 1997 zum Präsidenten des Roten Kreuzes gewählt wurdest?
Ich hatte damals keine unmittelbare Beziehung zum Roten Kreuz. Natürlich weiß man, was das Rote Kreuz ist: Man kennt die Geschichte, man ist konfrontiert mit Spendensammlungen und es war und ist ein wesentlicher Bestandteil im Sicherheits- und Versorgungsleben der Bevölkerung. Ich habe das Rote Kreuz noch aus der Zeit gekannt, als ich in der Regierung für den Rettungsdienst zuständig war. Damals ist das österreichweit viel beachtete Rettungsdienst-Förderungsgesetz aus meiner Feder entstanden, wo erstmals die Rettungsorganisationen durch Umlagenbeiträge des Landes und der Gemeinden pro Kopf der Bevölkerung entsprechend ihrer Leistungen zumindest einmal basisfinanziert wurden - zur Gänze konnte man es damals noch nicht tun. 1997 kam plötzlich eine Delegation zu mir und wollte, dass ich Präsident werde. Die Erwartungshaltung an mich war, dass ich versuche, ein ziemlich darniederliegendes Rotes Kreuz wieder auf sichere Beine zu stellen. Für mich war das Neuland und ich wusste nicht, was auf mich zukommt. Gereizt hat es mich aber natürlich schon - aufgrund der großartigen Leistung, die das Rote Kreuz weltweit erbrachte und immer noch erbringt. Ich habe mir dann Bedenkzeit erbeten und mich schließlich bereit erklärt. Im Juni 1997 wurde ich mit einer schönen Dreiviertelmehrheit zum Präsidenten gewählt.

Was waren die Punkte, die du zuerst angegangen bist?
Einer der wichtigsten Punkte war damals die Befriedung des Personals, denn es gab damals bereits Streiks und schlimme Situationen mit Entlassungen. Die Sicherstellung der finanziellen Grundlagen für das Rote Kreuz war ein weiterer Punkt - hier ging es besonders um die Neuverhandlung der Transporttarife mit den Sozialversicherungsträgern. Das Dritte war dann die deutliche Erhöhung des Rettungsschillings, um die Basisfinanzierung des Roten Kreuzes einigermaßen vernünftig zu gestalten. Wir sind zwar eine Freiwilligenorganisation und wir erbringen viele Leistungen freiwillig und das soll auch künftig so sein. Aber die Leistungen, die wir im Auftrag der öffentlichen Hand machen, wollten wir kostendeckend abgegolten haben. Hinzu kam natürlich die Erneuerung der baulichen Infrastruktur des Roten Kreuzes - die war ziemlich darnieder und es war Substandard, wie unsere Leute arbeiten mussten. Das betraf damals insbesondere die Bezirke Feldkirchen, St. Veit und Hermagor.

Bald folgten weitere Projekte...
Ja. Am Anfang gelang es relativ bald, das Notarztwesen in Kärnten flächendeckend auszurollen. Es gab damals in Spittal, Villach, Klagenfurt und Wolfsberg Stützpunkte für das Notarztwesen und es gelang dann, St. Veit, Völkermarkt, Hermagor miteinzubeziehen. Im Zuge dessen geschah auch die Umstellung auf das reine Notarzteinsatzfahrzeug. Dann gab es noch das Ziel der Schaffung einer zentralen Rettungsleitstelle für Kärnten. Vorher gab es in jeder Bezirksstelle einen Telefondienst und jeder Anruf bei 144 lief bei den jeweiligen Bezirken ein. Mittlerweile wurde die Leitstelle sogar bereits ein zweites Mal gebaut, denn wir rechneten damals mit 150.000 Dispositionen pro Jahr und heute stehen wir bei 560.000 und die Mitarbeiter dort müssen eine Struktur vorfinden, die ihnen einigermaßen den Stress nimmt.

Das sind ja enorme Weiterentwicklung...
Ja, aber man könnte die Liste noch weiterführen. Auch der Gesundheits- und soziale Dienst wurden enorm ausgebaut, heute sind wir im Bereich der Mobilen Pflege flächendeckender Anbieter in Kärnten. Wir haben die gesamte Krisen-Intervention aufgebaut - auf freiwilliger Basis. Aber wir haben etwa auch das betreute Reisen in Kärnten installiert und zwar für jene Personen, die auf „normale“ Reisen nicht mehr mitfahren können. Aber es gibt auch die Teddybären-Ambulanz, die Streichel-Hundestaffel oder den Rotkreuz-Hubschrauber im Bereich der Luftrettung. Und das sind nur wenige der Dienste, die wir in den vergangenen Jahren entwickelt haben und nun angeboten werden.

1997 war die finanzielle Situation kritisch, aber wo steht das Rote Kreuz nach diesen 25 Jahren nun finanziell?
Das Rote Kreuz hat sich in diesem Vierteljahrhundert vom Krisenkind zum Musterknaben entwickelt. Wir sind finanziell gut aufgestellt und so ausgerüstet, dass wir sogar in der Lage wären, den Betrieb für kurze Zeit ohne Drittmittel aufrecht zu erhalten. Wir haben nicht nur von der Hand in den Mund gelebt, sondern wir haben alles langfristiger gesehen. Ich war extrem lästig und habe mich mit meinen Freunden in der Regierung teils konfliktartig auseinandersetzen müssen, um das durchzusetzen, was das Rote Kreuz gebraucht hat. Auch etwa bei der Finanzierung der Mobilen Pflege mussten wir kämpfen, obwohl dies, aufgrund der Entwicklung der Bevölkerung, eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte sein wird. Am Ende hat es aber immer geklappt. Alle, die nach mir kommen, werden kein sorgenfreies, aber ein sorgenbefreites Leben haben. Das Haus ist gut bestellt, das Rote Kreuz kann phantasievoll an Zukunftsaufgaben denken.

Wenn man dich festnagelt: Gibt es etwas, das du als Herzensprojekt bezeichnen würdest?
Man muss das Rote Kreuz immer als Ganzes sehen. Mir war wichtig, dass der Sinn des Roten Kreuzes nie verloren geht und, dass die Arbeit dort wertebasiert und nicht nur ein Job ist. Das Denken des Roten Kreuzes muss täglich gelebt und von unseren Mitarbeitern nach außen getragen werden. Für uns gibt´s keine Personengruppen, die aufgrund irgendwelcher Kriterien ausgegrenzt werden - auch, wenn jemand schuld am eigenen Schicksal ist. Das wird mit einer dicken roten Linie verfolgt. Auch der Betrunkene, der zum zehnten Mal hintereinander Hilfe benötigt, wird diese immer von uns bekommen – eine andere Einstellung hat bei uns nichts verloren, es zählt nur das Menschenleben. Das war mir eine große Herzensangelegenheit, dass dieser Weg niemals verlassen wird. Alles andere kann man mit Geld und Baumeistern machen, das muss man nur anschieben.

Gab es in diesen 25 Jahren auch Enttäuschungen in Bezug auf das Rote Kreuz?
Nein. Natürlich gab es die eine oder andere erwartete Reaktion oder sinnlose Unterstellungen, aber wirkliche Enttäuschungen hat es keine gegeben. Grosso modo war das eine wunderschöne Zeit in meinem Lebenslauf und ich bereue keine Sekunde, dass ich die Funktion übernommen habe – ganz im Gegenteil: Das Rote Kreuz hat mich mitgeprägt und es war eine erfüllende Arbeit. Auch, weil ich das als Ehrenamt bis zur letzten Konsequenz ausgeführt habe.

Einige glauben nicht, dass diese Aufgabe jemand ausführt, der dafür nichts bekommt.
Das schmerzt natürlich. Dieses Ehrenamt ist und war mit keiner finanziellen Entschädigung verbunden – das geht aber in manche Köpfe einfach nicht hinein. Es ist vielleicht die einzige Enttäuschung, dass das politisch massiv geschürt und als Narrativ unter das Volk gebracht wurde. Gegen solche Unterstellungen kann man aber nichts machen. Es wurde innerhalb unserer Reihen immer wieder diskutiert, ob man dem Präsidenten nicht eine Entschädigung zukommen lässt – ich wollte das aber nie, denn ich bin der oberste Ehrenamtliche und das wollte ich auch bleiben.

Warum verfolgst du persönlich diesen strikt ehrenamtlichen Zugang?

Ich war vom Lebensschicksal her ziemlich begünstigt: Ich habe nur schönste Friedenszustände in Österreich erlebt. Aber auch von den Anlagen her hat alles gepasst: Von der Erziehung bis zu den Möglichkeiten, die mir die Republik geboten hat, etwa Studieren zu können, bis hin zu den Chancen, die ich beruflich bekommen habe - etwa, als Landeshauptmann oder Stellvertreter die Geschicke des Bundeslandes mitgestalten zu können. In dem Sinne war die ehrenamtliche Arbeit im Roten Kreuz etwas, wo ich der Gesellschaft etwas zurück geben wollte.

Nun geht eine 25-jährige Ära zu Ende. Warum eigentlich?
Alles im Leben hat ein Ende. Ein Vierteljahrhundert ist ein schöner Zeitabschnitt. Es ist nicht so, dass ich es nicht gerne weitermachen würde. Ich werde aber heuer 76 Jahre alt. Würde ich noch einmal kandidieren, scheide ich erst mit dem 80. Lebensjahr aus und das ist für mich zu viel - das geht höchstens für den amerikanischen Präsidenten. Aber ganz im Ernst, es gibt auch eine ganz banal-menschliche Begründung: Wenn ich jetzt gehe, finden es die Menschen schade und wollen vielleicht, dass ich noch bleibe. Ich bin überzeugt davon, dass sie in vier Jahren sagen, dass der Ambrozy endlich gehen soll – das will ich vermeiden. Jetzt sollen die neuen Kräfte kommen, denn Erneuerung und Jugendarbeit sind wesentliche Bestandteile unserer Bewegung.

Wenn du an den 9. Juni denkst: Welche Gefühle werden am Tag des Abschieds aufkommen?
Bei einem solch erfolgreichen Leistungsbericht ist das immer mit einer gewissen Genugtuung verbunden. Wehmut wird auch da sein, weil ich mich wirklich gerne im Roten Kreuz bewegt habe. Wahrscheinlich wird mir dann bewusst, dass mir das eine oder andere sogar abgehen wird, das ich manchmal sogar als Belastung empfunden habe. Im Grunde genommen werde ich am 9. Juni sagen, dass ich meinen Obolus geleistet habe und ich mit viel Freude die weitere sicher positive Entwicklung beobachten werde. Es ist ein wohlüberlegtes Ende einer Funktion, ohne ein Ende der mentalen Unterstützung fürs Rote Kreuz.

Was wird das Rote Kreuz abseits des Erbes nach dem 9. Juni noch von dir sehen?
Wenn man von so einer entscheidenden Funktion zurücktritt, hat es keinen Sinn, als Muppet noch irgendwo tätig zu sein. Neue Leute haben einen neuen Stil und die haben es sich verdient, nicht von außen kommentiert zu werden. Wenn ich eingeladen werde, gehe ich sicher sehr gerne zu Veranstaltungen und helfe, wo ich kann. Ansonsten werde ich dem Roten Kreuz weiter das beisteuern, was ich an jährlichen Spenden geleistet habe – das war auch nicht wenig und das wird sicher nicht aufhören.

Dr. Martin Pirz ist bisher der einzige Kandidat für die Nachfolge. Ist er eine gute Wahl?
Wir haben das im Verbandsausschuss besprochen und dieser hat auf meinen Vorschlag hin Dr. Pirz die Unterstützung für die Wahl einstimmig ausgesprochen. So gesehen hat er auf Funktionärsebene die Unterstützung aus allen Bezirken, aber was die Delegierten dann wählen, kann man nicht sagen - es ist eine extrem geheime Wahl. Ich denke, es wird ein gutes Ergebnis geben und auch das Team wird passen.

Zum Abschluss: Wie wird dein Alltag in Zukunft aussehen?
Ich habe mein Leben lang eine Tätigkeit nicht ausüben können, und zwar das süße Nichtstun. Nein, Scherz. Ich werde mehr Zeit mit dem Lesen und meiner Familie verbringen.

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