Diagnose Krebs
„Es zieht einem den Boden weg“

- Diagnose Krebs: Die Zahl der Neuerkrankungen steigt weltweit. In Kärnten erkranken jährlich zwischen 3.200 und 3.300 Menschen
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Der Vorstand der Onkologie in Klagenfurt, Prof. Dr. Wolfgang Eisterer, spricht mit der WOCHE über steigende Krebserkrankungen.
KLAGENFURT (vep). Weltweit nimmt die Zahl der Krebserkrankungen zu, das belegt die Internationale Agentur für Krebsforschung. Im Jahr 2000 lebten in Österreich rund 190.000 Menschen mit Krebs, 2010 waren es ca. 305.000, 2020 werden es voraussichtlich 390.000 sein, so die Prognosen der IARC.
3.200 Neuerkrankungen pro Jahr in Kärnten
In Kärnten gibt es jährlich rund 3.200 bis 3.300 Neuerkrankungen, informiert Prof. Dr. Wolfgang Eisterer. Er ist der Abteilungsvorstand der - in Kärnten einzigen - eigenen Abteilung für Onkologie und Hämatologie am Klinikum Klagenfurt.
"Die Anstiegsrate der Krebserkrankungen ist vor allem auf Lungenkarzinome zurückzuführen, deshalb ist auch der Trend bei Frauen ansteigend, da immer mehr rauchen", so Eisterer.
Für die Zunahme der Erkrankungen spiele aber auch die Überalterung der Bevölkerung eine Rolle. "Ältere Menschen erkranken eher an Krebs, vor allem im Bereich Prostata und Dickdarm."
Gleichzeitig würden laut Eisterer ca. 1.500 Personen pro Jahr versterben. "Die Mortalitätsrate liegt bei 40 bis 45 %", sagt Eisterer.
Bestimmte Formen rückläufig
Es gebe aber auch Positives, so Eisterer. "Bestimmte Formen sind rückläufig, wie der Gebärmutterhalskrebs, aber auch Magenkrebs, da dieser durch Infektionen hervorgerufen wird, die heute weniger häufig auftreten.
Die häufigsten Krebserkrankungen, die am Klinikum Klagenfurt in der Abteilung Onkologie und Hämathologie behandelt werden, sind laut Abteilungsvorstand Prof. Dr. Wolfgang Eisterer Brustkrebs, gefolgt von Dickdarm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. "Wir diagnostizieren hier in Klagenfurt rund 200 Neuerkrankungen pro Jahr", so Eisterer.
"Es zieht einem den Boden weg"
Auf die Frage, was eine Krebsdiagnose für die Patienten bedeute, wird Eisterer ernst: "Es zieht einem den Boden unter den Füßen weg. Plötzlich tauchen viele Fragen auf. Eine der ersten ist ,wie lange habe ich noch?' Die Verunsicherung ist groß und natürlich reagieren viele ängstlich." Die Ärzte am Klinikum sind deshalb umso bemühter, alle Optionen aufzugeigen und die Patienten zu begleiten. Mit den Patienten werde gemeinsam ein Plan erstellt, um die Unsicherheiten und Ängste abzubauen und ihnen ihre Möglichkeiten aufzuzeigen. "Realistische Ziele zu setzen ist dabei wichtig. Wenn eine Heilung nicht möglich ist, sind Behandlungsziele zum Beispiel ein möglichst langes Leben. Wir gehen den Weg mit jedem unserer Patienten gemeinsam", sagt Eisterer.
Zusätzliche Unterstützung auf dem gemeinsamen Weg
Zusätzlich biete das Klinikum Klagenfurt auch Unterstützung mit psychischer und Ernährungsberatung oder auch Ergotherapie.
"Wer mitten im Leben steht, vielleicht gerade einen Familie gegründet und ein Haus gebaut hat, für den ist eine Krebsdiagnose mitunter schwerer zu verarbeiten und auch die Behandlung stellt eine höhere Belastung dar. Aber generell ist eine solche Diagnose für jeden Menschen eine Ausnahmesituation", erläutert Eisterer.
Junge Menschen bleiben besonders in Erinnerung
Auf die Frage, ob heutzutage mehr junge Menschen an Krebs erkranken sagt er: "Auch ich habe dieses Gefühl, allerdings ist es subjektiv und nicht mit Zahlen belegt." Eisterer könne nur mutmaßen, woran das liege: "Ich denke, dass dies mit den Umweltfaktoren und Lebensgewohnheiten der westlichen Welt zusammenhängt. Vielleicht bleiben einem aber Schicksale junger Menschen auch einfach stärker in Erinnerung, auch das könnte mein Bild verzerren", sagt der Onkologe nachdenklich.
Behandlungsschwerpunkte und Vernetzung einzigartig in Kärnten
Ein Schwerpunkt sei in Klagenfurt auch die Behandlung von Blutkrebs, Lymphomen und Myelomen. "Eine Form der Behandlung ist die autologe Transplantation. Wir sind die Einzigen, die das in Kärnten durchführen", so Eisterer.
Das Klinikum Klagenfurt verfügt auch über das einzige Institut für Strahlentherapie in Kärnten. Eisterer ergänzt: "Wir können hier in Klagenfurt alles anbieten. Zudem sind wir mit allen Fachdisziplinen hier am Klinikum vernetzt, wie mit der Lungen-, der HNO-Abteilung oder der Dermatologie. Auch die Nuklearmedizin ist nicht nur für die Diagnostik zuständig, sondern ist auch für Therapien einsetzbar." Zudem werde auch klinische Forschung betrieben.
Derzeit sind in der Abteilung 15 Ärzte tätig. "Es könnten durchaus mehr sein, der Bedarf ist gegeben", sagt Eisterer. Zumal Krebserkrankungen weiter steigen werden, im Hinblick auf die Alterspyramide.
Medizinischer Fortschritt
Im Lauf der Jahre habe in der Krebsforschung und -behandlung eine Entwicklung auf allen Ebenen stattgefunden, sagt Eisterer. "Sowohl die chirurgischen Möglichkeiten als auch die radiologischen Untersuchungen haben sich verbessert. Krebs konnte früher nur mittels Chemotherapie behandelt werden, heute stehen den Medizinern mehr Optionen offen, wie die Antikörper-, Immun- oder auch Tabletten-Therapie. "Hier besteht zudem ein starker Konnex zur Forschung. MIt Tabletten können Faktoren ausgebremst werden, die das Tumorwachstum beschleunigen und wir können zielgerichteter therapieren", sagt Eisterer.
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