Wirtschaftsanalyse
"Haben mehr als genug Verkaufsflächen in Klagenfurt"
Wirtschaftsstrukturanalyse 2023 zeigt auf, dass die Einzelhandelsdichte in Klagenfurt zu hoch ist. Der Innenstadthandel gerät immer stärker unter Druck. Empfohlen wird u. a. ein "Pakt" sowie mehr Zusammenhalt von Unternehmern, Hausbesitzern und Innenstadthändlern.
KLAGENFURT. Vor einem Jahr beauftragte die Stadt Klagenfurt und die Wirtschaftskammer die neue Wirtschaftsstrukturanalyse 2023, bei der mehr als 2.680 Haushalts- und Konsumenteninterviews durchgeführt wurden. Heute wurden die Ergebnisse im Klagenfurt Marketing vorgestellt. Dabei wurden Schwerpunkte wie u.a. Besuchermotivation, Mobiliätsdaten, Standort und Wertschöpfung untersucht. Rund 2.000 Onlinebefragungen wurden – auch im benachbarten Italien und Slowenien – durchgeführt.
Zu viele Handelsflächen
Wirtschaftsreferent Stadtrat Max Habenicht: "Mit der Analyse wurde ein wichtiger Schritt in Hinblick auf die Koralmbahn gesetzt." Dass in Klagenfurt ein Handelsflächenüberhang besteht, ist ihm bewusst. Er nennt Innsbruck als Vorbild, wo es zu einem Rückgang bei der Dichte der Verkaufsflächen gekommen ist.
"Widmungen rächen sich jetzt"
Raimund Haberl, Obmann der Sparte Handel der Wirtschaftskammer Kärnten: "Die letzten Zahlen reichen ins Jahr 2014 zurück. Der Handel steht vor Herausforderung, viele Händler stehen am Rande ihrer Existenz." Die Analyse soll wegweisend sein, neue Perspektiven aufzeigen. "Die Widmungen auf der grünen Wiese rächen sich jetzt", führt Haberl weiter aus.
Wertvolle Daten
Die Daten aus dem Zentralraum liegen mit dieser Analyse nun vor. Diese bilden für das Stadtmarketing eine Basis zum Setzen von Initiativen. Auch Inga Horny, Geschäftsführerin des Klagenfurt Marketing, sprach den Anstieg der neuen gewidmeten Flächen und die hohe Anzahl der Geschäftsflächen dezidiert an.
Periphärie hemmt Innenstadt
Franz Ahm, WK Bezirksstellenobmann Klagenfurt Stadt: "Aus unserer Sicht ist es ein Muss Multi-Use-Center im periphären Bereich zu vermeiden und zukünftige Bauprojekte besser zu steuern, nur punktuell, wo es die Struktur zulässt." Doch was ist mit B- und C-Lagen? Diese wurden in den letzten Jahren vernachlässigt. Viele Hauseigentümer benötigen Steuerung.
Elementare Rahmenbedingungen
Studienautor Roland Murauer, Geschäftsführer von CIMA Österreich: "Die Zielsetzung der Studie lag darin, konkrete Maßnahmen umzusetzen und einen Orientierungsrahmen für Unternehmer zu bilden." Wo kaufen die Italiener und in welcher Intensität kaufen sie nicht mehr ein? Diese und weitere Fragen wurden beantwortet. Auch die soziodemografische Entwicklung von Kärnten und des Alpen-Adria-Raums wurde u. a. untersucht.
Starke Kaufkraft
"Die lokalen Rahmenbedingungen in Klagenfurt mit 14 Prozent Bevölkerungszuwachs und dem damit zusammenhängenden Kaufkraftvolumen-Anstieg sind sehr gut", so Murauer. Das lokale Kaufkraftvolumen in Klagenfurt beträgt 686 Millionen Euro. "Der Kuchen in Klagenfurt wird um 68 Mio. Euro größer", führt Murauer weiter aus. Innerstädtische Warengruppen wie Bekleidung, Elektrowaren und Sportprodukte sind jedoch in den letzten Jahren gesunken – hier macht sich das Erstarken des Onlinehandels bemerkbar.
Rakete Onlinehandel
"Der Onlinesektor hat zwischen 2010 und 2020 um mehr als 500 Prozent zugelegt und ist wie eine Rakete raufgeschossen. Bei bestimmten Warengruppen haben wir mehr als 20 Prozent Kaufkraftverwerfung", erklärt Cima. Besonders stark hat sich der Onlineanteil auf Elektrowaren und Bücher ausgewirkt. Das Angebot der Läden in der Innenstadt ist um 28 Prozent gesunken, es kam zu einer regelrechten "Erosion der Angebotsstrukturen".
Milliarden-Stadt mit zu viel Verkaufsflächen
Klagenfurt befindet sich im "Club der Milliarden-Städte". Dort werden mehr als 1 Milliarde Euro Umsatz erwirtschaftet. "In Relation zu Größe und Kaufkraft wurden zu viele Verkaufsflächen geschaffen, die Innenstadt hat um 28 Prozent an Verkaufsfläche eingebüßt", sagt Cima. Das bedeutet: Im Vergleich zu Salzburg oder Linz hat Klagenfurt für seine Größe und die vorhandene Kaufkraft einfach zu viele Flächen.
Das "Gift" für die Innenstadt
Die Niedrige Kaufkraft und die starke Peripherie wirken sich laut Cima wie ein "Gift-Cocktail" auf den Klagenfurter Innenstadthandel aus. In den B- und C-Lagen sind viele Leerstände zu beklagen – in Zahlen: ein Minus von 28 Prozent. In der Innenstadt gibt es in Vergleich zu anderen Städten immerhin noch ein großes Sortimentsangebot.
Einfaches Erfolgsrezept: zusammenhalten
Wie geht es weiter? Die Studie legt nicht nur die Wirtschafts- und Demografiezahlen auf den Tisch, sondern spricht auch Empfehlungen aus. "Man braucht einen Pakt für die Innenstadt innerhalb der Politik, Unternehmer, Hausbesitzer und Sozialpartner", so Cima. Gerade die Unternehmer seien gefordert "zusammenzuhalten". Weitere Empfehlung: in der Innenstadt ein besserer Branchenmix. Junge Akteure aus Mode und Handwerk können sich angesprochen fühlen, um jüngere Zielgruppen anzuziehen.
Wie geht es mit Einkaufszentren weiter?
Briefe an Hausbesitzer sind nicht mehr zeitgemäß. "Es gibt Tools wie z.B. von der FH Kufstein, die zeigen, wie Leerstand gefüllt werde kann", so Cima. Der Begriff "Multi-Use-Center" wird immer mehr als Zauberwort ausgesprochen – durch Corona haben sich diese vermehrt. In Einkaufszentren ist das Füllen von Leerständen mit Kindergärten oder Gesundheitszentren nicht mehr wegzudenken, das haben wir schon in St. Pölten – das wird weiter wachsen", sagt Cima. Es fehlt an Betriebsstättengenehmigungen und Sanierungen bei Immobilien – der Großteil der Leerstände in Klagenfurt ist aufgrund von Mängeln nicht zuvermieten.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.