„Bundesland Kärnten hat beträchtliche Probleme!“
Bundespräsident Heinz Fischer im WOCHE-Gespräch über Kärnten, Griechenland, die Gleichberechtigung, die Zukunft der EU und die Unauflöslichkeit des NS-Verbotsgesetzes.
WOCHE: Ihre Mitbewerberin Barbara Rosenkranz gibt 35 Prozent als Ziel an – wie hoch ist Ihr Wahlziel?
Bundespräsident Heinz Fischer: Mein Wahlziel ist ein klarer und deutlicher Auftrag durch die Österreicherinnen und Österreicher in einer Volkswahl. Den genauen Prozentsatz wird die österreichische Bevölkerung festsetzen.
Was halten Sie von einer eventuellen Aufhebung des NS-Verbotsgesetzes?
Der Inhalt des Verbotsgesetzes ist in seinen Kernpunkten klar und eindeutig: Alle nationalsozialistischen Organisationen sind aufgelöst, ihre Wiedererrichtung ist verboten. Diese klare Abgrenzung und das Verbot von jeder Form nationalsozialistischer Wiederbetätigung scheinen mir zweckmäßig und es gibt einen ganz, ganz breiten Konsens, dass das auch in Zukunft so bleiben soll.
Johanna Dohnal war Säulenheilige der Frauenbewegung – was fehlt den Frauen heute?
Sie war eine herausragende Persönlichkeit und Pionierin im Kampf für die Gleichberechtigung der Frauen. Aber gegen den Begriff der „Säulenheiligen“ hätte sie sich wahrscheinlich heftig gewährt. Die faktische Gleichberechtigung für Frauen noch immer nicht erreicht. Am deutlichsten zeigt sich dies, wo Frauen für gleiche Arbeit eindeutig nicht gleichen Lohn bekommen.
Was können Sie für Gleichberechtigung tun?
Ich kann die öffentliche Meinung im Sinne der Gleichberechtigung und der Abschaffung aller Formen von Diskriminierung beeinflussen, ich kann Frauen in der Präsidentschaftskanzlei mit wichtigen Aufgaben betrauen, ich kann meine Frau bei ihrer Arbeit im österreichischen Frauenrat unterstützen und vieles mehr.
Wie steht es um das Image Kärntens?
Das Bundesland Kärnten hat durch einige Ereignisse in der jüngsten Zeit sicher beträchtliche Probleme. Ich wünsche mir, dass alle neun österreichischen Bundesländer sich gut entwickeln und das bestmögliche Image haben. Für die Lösung von Problemen, die in einem Bundesland entstanden sind, müssen auch in diesem Bundesland die Weichen in Richtung Problemlösung gestellt werden.
Bringt ein Transparenzkonto Gerechtigkeit oder sorgt es für Neid?
Ob eine solche Idee Nutzen oder Schaden bringt, hängt davon ab, wie sie ausgestaltet ist und welche Daten erhoben werden sollen. Grundsätzlich bin ich für ein Höchstmaß an sozialer Gerechtigkeit. Und um soziale Gerechtigkeit anstreben zu können, muss man exakte Daten über die Einkommens- und Vermögensverteilung haben. Alles, was diesem Ziel in sachlicher und gerechter Weise dient, soll ernsthaft diskutiert werden.
Griechenland ist fast bankrott, was soll die Staatengemeinschaft tun?
Griechenland ist in einer sehr ernsten und schwierigen Situation. Das kann den anderen Mitgliedsstaaten der EU gleichgültig sein. Griechenland hat jetzt selbst sehr drastische und mutige Maßnahmen – trotz beträchtlichem innerem Widerstand – gesetzt. Politische Unterstützung für Griechenland ist selbstverständlich.
Die Zukunft der EU – welche Staaten sollen die nächsten sein oder ist die EU bereits bei ihrer vollen Kapazität angelangt?
Österreich vertritt seit Jahren den Standpunkt, dass die westlichen Balkanstaaten – also das frühere Jugoslawien – eine Chance zu einem EU-Beitritt haben sollen. Slowenien ist bereits Mitglied, mit Kroatien könnten die Beitrittsverhandlungen so abgeschlossen werden, dass eine Mitgliedschaft ab 2012 realistisch sein könnte. Bei den anderen Westbalkanstaaten lassen sich noch keine präzisen Daten angeben.
Und das Thema Türkei wird noch jahrelang diskutiert werden. Das kleine Island hat einige rasche Schritte in Richtung EU gemacht, aber zuletzt wieder gebremst.
E. Krug
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