Günther Goach
„Ich erwarte mir von Sebastian Kurz gar nichts“

Arbeiterkammer-Präsident Günther Goach: „Die wahrscheinlichste Variante ist eine Koalition von ÖVP und FPÖ, wie in der Vergangenheit.“ | Foto: Bauer/AK
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Günther Goach, Präsident der Arbeiterkammer Kärnten, zieht im WOCHE-Interview nach den Kollektivvertragsverhandlungen Bilanz, eine Vier-Tage-Woche in Betracht und ÖVP-Wahlgewinner Sebastian Kurz für verfehlte Sozialpolitik an den Ohren.

WOCHE: Arbeitgeber und Gewerkschaft haben sich auf einen neuen Kollektivvertrag für Handelsangestellte mit einem Plus von 2,35 Prozent geeinigt. Sind Sie zufrieden mit diesem Ergebnis?
GÜNTHER GOACH:
Bei den Handelsangestellten befinden wir uns in einem niedrigen Gehaltssegment. Der Handel ist fast ausschließlich weiblich, überwiegend in Teilzeit und mit heterogenen Arbeitszeiten. Hier braucht es kollektivvertragliche Rahmenbedingungen, um das Ganze erträglicher zu machen. Bei den Handelsangestellten wissen wir, dass sehr viele Pendler sind. Sie haben zwar kurze Arbeitszeiten durch Teilzeit, aber insgesamt einen langen Arbeitstag und zusätzliche Kosten durch mehrmaliges Fahren zum Arbeitsplatz am Tag. Das ist bei einer Teilzeit-Arbeit oft ein Null-Summen-Spiel.

War die ursprüngliche Forderung einer Gehaltserhöhung von durchschnittlich 4,4 Prozent überzogen?
Tatsache ist, dass der Handel in den vergangenen Jahren massive Zuwächse hatte. Arbeitnehmer haben einen gerechten Anteil von jenen Werten, die sie schaffen, zu bekommen. Viele Handelsketten haben riesige Gewinne gemacht. Dann wollen die Arbeitnehmer, die dafür gearbeitet haben und für diesen Erfolg mitverantwortlich sind, auch einen gerechten Anteil haben.

Wie stehen Sie zum Modell einer Vier-Tage-Woche?
Das ist ein zeitgemäßer Weg. Wir haben Studien und als Beweis einen Kollektivvertrag in der Elektro- und Elektronikindustrie, den ich mitverhandelt habe. Wir waren die Ersten, die gesagt haben, es gibt auch die Möglichkeit, statt einer Gehaltserhöhung Freizeit anzubieten. Wir waren der Meinung, das ist für ein Arbeitnehmersegment ab dem 50. Lebensjahr interessant, um langsam in die Pension hineinzugleiten. Der gegenteilige Effekt ist eingetreten: Vor allem bei jungen Arbeitnehmern hat Freizeit einen höheren Stellenwert bekommen. Sie haben vermehrt die Freizeit-Option in Anspruch genommen.

ÖVP und Grüne führen auf Bundesebene Koalitionsverhandlungen. Befürchten Sie, dass soziale Themen zu wenig Beachtung finden?
Es gibt ein demokratisch legitimiertes Wahlergebnis. Das ist zu akzeptieren, ob's einem passt, oder nicht. Ich habe meine Zweifel, ob aus diesen Verhandlungen tatsächlich eine Regierung hervorgehen wird. Wir werden jede Regierung daran messen, was sie bereit ist für die arbeitenden Menschen zu tun. Von der ÖVP haben wir uns nie etwas erwarten können und werden es auch in Zukunft nicht tun: Sie hat immer unsoziale Politik gemacht. Der Familienbonus zum Beispiel ist höchst ungerecht. Wir sind grundsätzlich für den Familienbonus, aber er muss gerecht sein. Wir sind dagegen, dass jene, die mehr haben, mehr kriegen, und jene, die es brauchen würden, weniger oder gar nichts, weil es nach dem Einkommen geht. Und die Grünen müssen erst beweisen, was sie bereit sind für die Arbeitnehmer zu tun.

Was erwarten Sie sich von der neuen Bundesregierung?
Ich erwarte mir von Sebastian Kurz gar nichts. Die Einführung des Zwölf-Stunden-Tags hat gezeigt, dass ihm Arbeitnehmerpolitik kein Anliegen ist.

Wie soll sich die Bundes-SPÖ verhalten?
Die SPÖ ist aus meiner Sicht aus dem Spiel. Sie ist bereit, sollten diese Verhandlungen scheitern, in Regierungsverhandlungen einzutreten. Aber nicht um jeden Preis, sondern mit ihren Schwerpunkten Arbeit, Einkommen, soziale Sicherheit, Umwelt und Bildung. Dass die SPÖ in der Bundesregierung sein wird, ist die unwahrscheinlichste Variante. Für mich ist die eheste Variante eine Koalition von ÖVP und FPÖ, wie in der Vergangenheit.

Durch die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen gehen Kärntner Betrieben künftig bis zu 20 Millionen Euro verloren. Worauf stützt sich Ihre Aussage?
Diese Aussage stützt sich auf die Kärntner Gebietskrankenkasse. Wir haben in Kärnten durchschnittliche Investitionen im Jahr in Höhe von 18,6 Millionen allein für Heilbehelfe und Hilfsmittel, Hörgeräte, Bandagen und Rollstühle, die bisher die Kärntner Gebietskrankenkasse vergeben konnte. In Zukunft gibt es die Gesundheitskasse in Wien. Dann vergibt Wien, teilweise europaweit ausgeschrieben. Das ist ein eklatanter Nachteil für Kärnten und für Arbeitsplätze in Kärnten. Das kritisieren wir massiv, wir haben auch eine Klage beim Verfassungsgerichtshof laufen.

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