Albertina Klosterneuburg
Ralph Gleis: "Kunst soll Freude bereiten"

- Foto: Sabine Hauswirth
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KLOSTERNEUBURG/WIEN. Mit 1. Jänner trat er als Nachfolger von Klaus Albrecht Schröder das Amt des Generaldirektors an. Wir erkundigten uns bei Ralph Gleis nach seinen ersten Eindrücken und Plänen für die Albertina.
Konnten Sie sich bereits gut einleben? Wie waren die ersten Monate in der Albertina für Sie?
RALPH GLEIS: Ja, vielen Dank, ich habe mich bestens eingelebt und wurde von einem großartigen Team sehr herzlich willkommen geheißen. Die ersten Monate waren natürlich intensiv, aber sehr spannend – eine Mischung aus Kennenlernen, Planen und natürlich der Freude, an einem so renommierten Haus wie der Albertina mitwirken zu können. Jetzt, nach rund 100 Tagen in der Albertina sind auch sämtliche Ausstellungsflächen an drei Standorten mit meinem Programm bespielt.
Was sind Ihre Pläne für die Albertina?
Ich sehe die Notwendigkeit, das Haus weiterzuentwickeln: Die Sammlungen möchte ich noch stärker in den Mittelpunkt rücken, neue Vermittlungsformate etablieren und die internationale Vernetzung ausbauen. Museen befinden sich in einem ständigen Wandel, und es ist unsere Aufgabe, zeitgemäße Antworten auf die Fragen der Gegenwart zu finden.
Ich stelle mir die Albertina als ein Museum für das Publikum von heute und für die Fragen von heute vor. Durch innovative Ansätze wollen wir die Albertina gemeinsam neu denken, soll Kunst neu erlebbar werden. Kunst steht zwar für sich und ist immer ein visuelles Erlebnis doch meist steckt eine Geschichte hinter dem Werk. Diese möchte ich erzählen, denn Kunst ist immer auch ein Spiegel der Gesellschaft. Ich möchte mit unseren Ausstellungen die Menschen neugierig machen und zu dieser Entdeckungsreise einladen. Vor allem aber soll die Auseinandersetzung mit Kunst Freude bereiten!
Was zeigen Sie in der Albertina Klosterneuburg 2025?
Die Albertina Klosterneuburg zeigt ab 17. April De Sculptura und steht dieses Jahr im Zeichen der Skulptur. Es geht um den heutigen sehr weit gefassten Begriff der Skulptur. Präsentiert werden Werke aus verschiedensten Materialien, allesamt aus dem Bestand der Albertina, die uns die Vielfalt dieser Gattung vor Augen führen. Die preisgekrönte Architektur der Albertina Klosterneuburg wirkt wie geschaffen für große, skulpturale Arbeiten.
Haben Sie eine Lieblings-Skulptur, auf deren Präsentation Sie sich besonders freuen?
Es gibt viele beeindruckende Skulpturen in unserer Sammlung, aber wenn ich eine hervorheben müsste, dann wäre es sicherlich Motor Auspuff Reifen von Claudia Märzendorfer. Die Künstlerin strickt und näht aus Wolle, Kokos und Latex lebensgroße LKW-Teile und damit typisch männlich assoziierte Gegenstände als weiche Skulpturen. Ihre Inszenierung wird eine große Bereicherung für das Haus sein.
Gesprochen wurde von "einem ansprechenden Vermittlungsprogramm". Wie sieht es konkret aus?
Im Sinne unseres Mottos der "Albertina für alle" möchten wir uns speziell an unsere jüngsten Besucherinnen und Besucher und Familien wenden und haben daher unsere Kindervernissagen ins Leben gerufen. Diese legen wir bewusst zeitlich vor der Publikumseröffnung an: Also Kinder als erste Besucher:innen. Damit möchten wir verdeutlichen, wie wichtig uns die Jüngsten und Familien sind, die wir mit diesem speziellen Event für das Museum und die Kunst begeistern möchten. In Klosterneuburg gibt es auch unser Ferienprogramm für Kinder, das offene Kunst-Atelier und Führungen für Erwachsene.
Ein wichtiger Punkt ist auch die Interaktivität – wir wollen Kunst nicht nur präsentieren, sondern sie erlebbar machen. Im Mai zeigen wir erstmals die Zeichnungen von Damien Hirst, wo es in der Ausstellung für die BesucherInnen auch die Zeichenmaschine des Künstlers zum Bedienen für das Publikum geben wird. Kunst soll im besten Fall auch die eigene Kreativität anstoßen. So kann sich jeder sein eigenes Kunstwerk mit nach Hause nehmen. Auch das Museum stärker im Internet zu präsentieren ist mir ein Anliegen, um den Zugang zu Kunst zu erleichtern.
Die Albertina Klosterneuburg ist seit heuer bei der NÖ-Card inkludiert. Welche Bedeutung hat das für Sie?
Das ist eine wunderbare Möglichkeit, noch mehr Besucherinnen und Besucher für die Albertina Klosterneuburg zu begeistern. Die NÖ-Card macht Kunst für ein breites Publikum zugänglich, und ich hoffe, dass viele die Gelegenheit nutzen, unser vielfältiges Programm zu entdecken.
Biografie
Dr. Ralph Gleis, geb. 1973 in Münster, studiert Kunstgeschichte, Geschichte und Soziologie an den Universitäten Münster, Bologna und Köln und promoviert 2008 mit einer Dissertation zu Anton Romako im Fach Kunstgeschichte an der Universität zu Köln.
Erste berufliche Stationen als Galerieassistent und als Redakteur einer Kunstzeitschrift gehen seinem Schritt in den musealen Bereich voraus. Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in Fortbildung arbeitet er im Deutschen Historischen Museum, Berlin und am Königlichen Museum der schönen Künste, Antwerpen bevor er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter ans Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nach Bonn wechselt.
2009 folgt der Umzug nach Wien, wo Gleis als Kurator für Malerei und Grafik bis 1900 im Wien Museum einsteigt und zwischen 2013 und 2017 als Kurator für Skulpturen und Plastiken die Projektleitung „Neue Dauerausstellung“ übernimmt. 2017 wird er als Leiter der Alten Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin berufen und ab 2022 wird er mit deren neugeschaffener Direktion betraut. Mit 1. Jänner 2025 tritt er das Amt des Generaldirektors der Albertina an.
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